High-Tech-Baustoff Was mit neuartigem Glas alles möglich ist

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Vorurteil 5 "Glasbauten verschwenden Energie"

Frauenhofer-Institut Quelle: Pressebild

Glas ist bei Architekten das Material der Wahl: Es ermöglicht lichtdurchflutete Räume und verkörpert Eleganz wie Transparenz. Nur gab es ein Problem: Große Scheiben ließen im Winter Wärme entweichen und hielten im Sommer Hitze in den Räumen. Doch das stimmt nicht mehr, wie Materialforscher Wondraczek betont: Modernes Dreifachglas dämme sogar ähnlich gut wie herkömmliches Mauerwerk.

Dafür haben Hersteller wie Saint-Gobain und das britische Traditionsunternehmen Pilkington Glas mit bis zu 20 verschiedenen, nanometerdicken Wärme- und Sonnenschutzschichten entwickelt. Sie halten die Wärme im Raum und die Hitze draußen, indem sie die Wärmestrahlung nach innen und außen reflektieren. 35 Prozent aller neuen Fenster seien in Deutschland zudem bereits dreifach verglast, heißt es bei Saint-Gobain.

Der Nachteil des intelligenten Glases

Einige Fenster heizen die Gebäude im Winter sogar aktiv. Dafür überziehen Hersteller die Scheiben mit einer hauchdünnen, unsichtbaren Silberschicht. Sobald ein schwacher Strom von Elektronen hindurchfließt, stoßen diese an die Metallatome und regen sie zum Schwingen an. Das erzeugt Wärme.

Die gläserne Heizung ist nach Angaben von Materialforscher Wondraczek sogar energieeffizienter als mancher Heizkörper unter einem Altbaufenster. Jedenfalls gut genug, dass moderne Wintergärten ohne zusätzliche Heizkörper auskommen.

Das intelligente Glas hat allerdings einen Nachteil: Es verbraucht Energie. Keine großen Mengen zwar, aber immerhin. Doch auch dieses Problem könnte sich in den nächsten Jahren erledigen. Denn Fenster sollen künftig auch Strom erzeugen.

Forscher an der Universität von Südflorida haben eine Beschichtung aus Kunststoffen entwickelt, die sich wie ein durchsichtiger Lack auf Glas sprühen oder drucken lässt. Der High-Tech-Anstrich verwandelt das Fenster damit in eine durchsichtige Solarzelle: Fällt Sonnenlicht darauf, gerät es unter elektrische Spannung.

Das US-Startup New Energy Technologies hat die Lizenzen der Technik erworben und bereits einen Prototypen mit gut 30 Zentimetern Kantenlänge gebaut. Ein ähnliches Produkt entwickelt seit wenigen Monaten der britische Hersteller Pilkington zusammen mit dem australischen Solar-Startup Dyesol.

Strom erzeugendes Glas käme einer Revolution gleich: Einzelne Fenster, Oberlichter, ja ganze Glasfassaden könnten mit der Technik Energie ins Netz speisen und Gebäude zu Kraftwerken machen. Weil die Solarzellen-Schicht nur den Bruchteil eines Millimeters misst, wären die Materialkosten gering und der erzeugte Strom möglicherweise sogar preiswerter als bei Solarzellen auf dem Dach. n

Erstmals werden ganze Brücken und Häuser aus Glas gebaut

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