Hirndoping Mit diesen Drogen pimpen Manager ihr Gehirn

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Das Gehirn auf Ninja-Niveau boosten

Seit einigen Jahren ist neben Ritalin ein anderes Medikament zur Leistungssteigerung in Gebrauch. Modafinil, bekannt auch als Vigil oder Provigil, wird zur Bekämpfung der Schlafkrankheit Narkolepsie eingesetzt. Bei Menschen, die nicht unter der Krankheit leiden, kann der Stoff stimulierend wirken, wach machen und die Konzentration fördern. Ein Mittel gegen Schlafkrankheit soll das Gehirn auf Ninja-Niveau boosten. Nächtelang durchzuarbeiten, das klappt für manch einen auch mit Modafinil hervorragend, wie sich in vielen Internetforen ausgiebig nachlesen lässt. Das Medikament wirkt anders als Ritalin. Es soll nicht zu vergleichbarer zu sozialer Abstumpfung führen und auch kreative Arbeiten am Fließband möglich machen. Wie es genau wirkt, ist allerdings nicht in allen Details geklärt. Deshalb ist mit Vorsicht zu genießen, wenn die Suchtgefahr bei Modafinil derzeit geringer eingeschätzt wird als bei Ritalin.

Im Silicon Valley hebt der Trend zur medikamentösen Stimulation und Leistungssteigerung des Gehirns seit einiger Zeit besonders ab, und insbesondere Modafinil gilt als nicht mehr ganz so geheimer Tipp für die richtige Denk- und Arbeitshaltung. Die amerikanische Website "TechCrunch" erklärte Modafinil schon 2008 zur „Pille der Wahl für Unternehmer“. Das klingt nach Einsatz, Entschiedenheit und Erfolg. Der letzte Schrei im Valley aber ist das „Microdosing“ von LSD. Eine Minidosis von etwa zehn Mikrogramm alle paar Tage soll helfen, sich besser zu konzentrieren und konsequent zu vernetzen. Das ist etwa ein Zehntel der Menge, die man für einen veritablen Trip braucht. Das ist die neue Normalität der Selbstoptimierer.

Die Gefahren des Hirn-Dopings

Curt Diehm kennt die Tricks der Leistungselite. Der Internist ist ärztlicher Direktor der Max-Grundig-Klinik in Bühl bei Baden-Baden, die sich auf die Behandlung von Führungskräften spezialisiert hat. Immer wieder hat er mit Patienten zu tun, die mit Managerdrogen ihre Leistungsfähigkeit steigern wollen. „Es ist allerdings schwierig, das in der Anamnese aus ihnen herauszukriegen. Die Patienten haben Angst sich zu outen“, sagt er. Schuld sei der enorme Druck in den Unternehmen. Der Internist warnt vor den Nebenwirkungen von Neuro-Enhancern wie Ritalin und Modafinil: „Durch Ritalin ändert sich die Persönlichkeit.“ Affekte würden häufig unterdrückt, die Kommunikationsfähigkeit werde eingeschränkt, die Kreativität verschlechtere sich markant. Zu den Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Schwindel, Sehstörungen oder gar depressive Episoden. Außerdem kann Ritalin abhängig machen.

Genau wie Modafinil, das Diehm als „ideales Aufputschmittel“ beschreibt, das „weniger in der Party-Welt als in der Arbeitswelt“ missbraucht wird. Der Mediziner warnt davor, dass Modafinil den Schlafrhythmus völlig durcheinander bringe. Patienten berichten von Panikattacken, Angstzuständen, manischen Störungen und Halluzinationen, bei einigen verbunden mit Suizidgedanken. Diehms Fazit: Finger weg. „Solche Präparate bilden in keinem Fall eine Alternative zu einem gesunden und ausgewogenen Lebensstil.“ Gegen Stress empfiehlt er Power-Naps am Mittag und autogenes Training. „Dazu sind aber wenige Manager bereit.“

Der Mailänder Banker hat übrigens mit den Pharmazeutika aufgehört. Und mit dem Bankertum gleich auch. Er hat irgendwo in Italien einen Landwirtschaftsbetrieb übernommen und arbeitet dort an seinem eigenen kleinen Werk. „Das ist auch bewusstseinserweiternd“, sagt er. „Nur ganz anders.“

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