Im „Volocopter“ dem Stau entrinnen Kommt bald die Passagier-Drohne?

Gründerzeit am Himmel: Vor einem Jahrzehnt tauchten erste Drohnen unterm Weihnachtsbaum auf. Die unbemannten Fluggeräte erschlossen ganz neue Geschäftsfelder. Bald schon sollen sie Passagiere befördern können. Die explosionsartige Vermehrung erfordert aber neue Regeln.

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Volocopter Quelle: dpa

Die Drohnen sind los. Kleine ferngesteuerte Fluggeräte in allen Preis- und Leistungsklassen sowie Größen sind ein Dauerbrenner unterm Weihnachtsbaum. Was einst die Modelleisenbahn war, scheint heute der Hightech-Flieger am Himmel zu sein.

Weltweit wird ihre Zahl mittlerweile auf mehrere Millionen geschätzt. „Es gibt Schätzungen, wonach die weltweite Wertschöpfung durch Drohnen in den kommenden Jahren auf rund 130 Milliarden Dollar steigen könnte“, sagt der Experte Thomas Kriesmann vom Luftfahrtversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS).

Die AGCS hat gerade eine Studie vorgelegt, die für das Jahr 2020 global rund 4,7 Millionen der „Multicopter“ vorhersagt. Am Himmel hat eine regelrechte Gründerzeit eingesetzt, die ähnlich wie nach der Erfindung des Automobils bisherige Regelwerke auf den Kopf stellt. Schon bevölkern Prototypen den Himmel, bei denen Passagiere an Bord sitzen.

Das sind die Rennstrecken im deutschen Luftverkehr
Rückläufige PassagierzahlenInnerhalb Deutschlands nutzen immer weniger Passagiere das Flugzeug. Im Vergleich zu 2008 ging der innerdeutsche Flugverkehr stark zurück. 2014 sind nur noch 15,5 Millionen Passagiere innerhalb der Bundesrepublik geflogen zeigen Zahlen des Flughafenverbands ADV. Für den Airport Travel Survey 2015 wurden an den deutschen Flughäfen 180.000 Passagiere aus der ganzen Welt befragt, um Erkenntnisse über die Entwicklung des Luftverkehrsmarktes, die Passagierstruktur und das Reiseverhalten der Fluggäste zu gewinnen. Quelle: REUTERS
Platz 10: Köln/Bonn - Hamburg - Köln/BonnVon Köln nach Hamburg und wieder zurück: 340.000 Passagiere sind 2014 diese Strecke geflogen. Köln/Bonn (1,4 Millionen) und Hamburg (1,9 Millionen) gehören zudem zu den Flughäfen mit den meisten abfliegenden Fluggästen mit innerdeutschen Zielen. Quelle: REUTERS
Platz 9: Düsseldorf - Hamburg - DüsseldorfMaßgeblich für den Rückgang der innerdeutschen Flüge ist für den ADV vor allem die Einführung der Luftverkehrssteuer: Durch die Abgabe hätten Millionen Gäste den deutschen Flughäfen den Rücken zugewandt. Doch auch die Konkurrenz durch Fernbusse und die Deutsche Bahn trug sicherlich dazu bei. Immerhin: 440.000 Passagiere reisten mit dem Flieger zwischen Düsseldorf und Hamburg. Insgesamt zählte der Flughafen Düsseldorf 1,6 Millionen Fluggäste mit innerdeutschen Zielen. Quelle: dpa
Platz 8: Hamburg - Frankfurt - HamburgDer Frankfurter Flughafen, das größte deutsche Luftfahrtdrehkreuz, fertigte 2014 rund 60 Millionen Passagiere ab. 1,3 Millionen davon hatten ein innerdeutsches Ziel. 660.000 Gäste nahmen die Flugverbindung Hamburg-Frankfurt-Hamburg. Quelle: REUTERS
Platz 7: Stuttgart - Hamburg- Stuttgart710.000 Passagiere reisten von Stuttgart nach Hamburg und umgekehrt. Insgesamt hatte der Stuttgarter Flughafen im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Passagiere mit einem innerdeutschen Ziel. Quelle: dpa
Platz 6: Stuttgart - Berlin - StuttgartMit 3,1 Millionen Passagieren ist Berlin (im Bild der Flughafen Tegel) eine der Top-Destinationen für innerdeutsche Flüge. Die Strecke Stuttgart-Berlin-Stuttgart sind 960.000 Fluggäste geflogen. Quelle: dpa
Platz 5: Berlin - Frankfurt - BerlinNoch beliebter ist aber die Strecke Berlin-Frankfurt-Berlin: Insgesamt wurden 1,09 Millionen Passagiere gezählt. Die Bundeshauptstadt steht als touristisches Ziel und bei Geschäftsreisenden hoch im Kurs – wie auch die folgende Stadt... Quelle: dpa

Der Tüftler Alex Zosel aus Karlsruhe etwa hat eine „Volocopter“ genannte Passagierdrohne entworfen und sieht damit eine „Revolution in der Mobilität der Menschheit“ dämmern. „Wir haben mit einer vorläufigen Verkehrszulassung im März den Erstflug durchgeführt und wollen 2018 mit unserem Volocopter VC200 in die Serienfertigung gehen“, sagt die Sprecherin seiner Firma e-Volo, Kathrin Mohr. Rund 250 000 bis 300 000 Euro soll das zweisitzige Fluggerät mit den auf einem kreisförmigen Drehgestell montierten 18 Rotoren einmal kosten.

Einziges Problem: Der Elektroantrieb des Fluggeräts leidet noch unter dem gleichen Problem wie viele E-Autos - der mangelnden Reichweite. Bisher kommt der „Volocopter“ auf eine reine Flugzeit von 25 Minuten. Mohr: „Deshalb halten wir uns auch eine Hybrid-Option offen.“

Auch der europäische Flugzeugbauer Airbus denkt über solche Konzepte nach, die in China, Israel, den USA oder Kanada die Fantasie der Hersteller ebenfalls beflügeln. Bis zur Marktreife der auch als Lufttaxi zu nutzenden Geräte dürften aber noch Jahre verstreichen.

Hinzu kommen drohnengestützte Geschäftslösungen - etwa in Infrastruktur, Landwirtschaft und Verkehr. In Österreich vertreibt der autonom arbeitende Flugroboter „Winzerfalke“ in den Weingärten Stare, um Ernteeinbußen zu verringern. Ob Pizza-Lieferung, Luftbild-Aufnahmen, Inspektionen oder Kontrolle von Stränden, Wäldern und Grenzen: Die Einsatzmöglichkeiten scheinen unendlich zu sein.

Stau auf dem Weg zur Arbeit? Wie schön wäre es da, einfach einen Knopf zu drücken und losfliegen zu können. Start-ups wollen mit Roboter-Fliegern die Verkehrsprobleme unserer Städte lösen.
von Andreas Menn, Oliver Voß

Gleichzeitig boomt der Verkauf von Detektionsanlagen zur Früherkennung der kleinen Flugobjekte. Not macht dabei erfinderisch - und befeuert eine ganze Industrie. Die Bandbreite reicht von elektronischen Störsendern über regelrechte Bazookas mit Sperrnetzen bis hin zu abgerichteten Adlern, die in sozialen Medien Fantasie und Debatten beflügeln. Denn je mehr Drohnen im Luftraum unterwegs sind, desto stärker steigen die Sicherheitsrisiken - von Kollisionen und Abstürzen bis zu Cyberangriffen und Terrorismus. Erste Berichte über Drohnenbomben der IS-Terrormiliz tauchten bereits in Syrien auf.

Und auch die Liste spektakulärer Drohnenabstürze wird immer länger. Mitte November etwa krachte eine Drohne im Münchner Olympiapark aus 180 Metern Höhe nur knapp neben einer Familie mit zwei Kindern zu Boden. Im Februar traf eine Drohne das Empire State Building in New York - auch hier gab es wie durch ein Wunder keine Verletzten.

Auch die Versicherungen haben Drohnen daher als neues Geschäftsfeld entdeckt. Bisher liegen die Schäden durch auf Auto- oder Glasdächer abgestürzte Drohnen nach Branchenangaben meist im vier- bis fünfstelligen Bereich. Doch ein Horrorszenario, wie es die BBC in einem Video arrangierte, lässt auch die Versicherer erstarren: Die Spielzeugdrohne eine kleinen Jungen gerät dabei am Hospital in den Heckrotor eines startenden Helikopters - mit verheerenden Folgen.

An Vorschlägen für eine Begrenzung der Wildwest-Stimmung am Himmel mangelt es denn auch nicht. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) etwa will Mobilfunk-Chips obligatorisch machen, die die Positionsdaten der unbemannten kleinen Flieger umgehend in die Flugsicherungssysteme einspeisen. Sie geht allein in Deutschland von inzwischen mehr als 400 000 Drohnen aus, die meisten davon in der Hand von Privatnutzern.

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