Professor Martin Krönke ist Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der Uniklinik Köln
WirtschaftsWoche: Herr Professor Krönke, in Dänemark ist eine neue Variante des Coronavirus aufgetaucht. Wie gefährlich ist die Mutation?
Martin Krönke: Dass Viren mutieren, ist zunächst einmal völlig normal. Das Grippevirus mutiert ständig, deswegen wird der Impfstoff ja auch jedes Jahr entsprechend angepasst. Auch beim Coronavirus Sars-Cov-2 haben wir schon einige Virus-Varianten gesehen.

Die neue Variante in Dänemark scheint aber besonders gefährlich zu sein. Tausende Nerze werden nun gekeult, damit sich das Virus nicht weiter verbreitet…
Bislang ist dieses Virus auf etwas mehr als 200 Menschen übergesprungen. Deren Krankheitsverläufe gaben allerdings keinen Anlass zu der Befürchtung, dass diese Nerz- Mutation gefährlicher als die bisherigen Formen des Virus ist.
Aber was heißt das für die Entwicklung von Impfstoffen? Welche Auswirkungen hat die Mutation auf die Bildung von Antikörpern?
Die schützende Wirkung der Antikörper ist es ja, die Vermehrung des Virus in der menschlichen Zelle zu unterbinden. Dazu müssen die Antikörper an ein bestimmtes Virus-Protein, das sogenannte Spike Protein, binden, um den Eintritt des Virus in die menschlichen Zellen zu blockieren. Die Nerz-Mutation betrifft nun offenbar die Bindungsstelle des Spike Proteins, wodurch einige Antikörper ihre neutralisierende Funktion verlieren könnten. Andererseits entstehen durch die Impfung dutzende verschiedene Antikörper, die an unterschiedliche Stellen des Spike Proteins binden. Viele von ihnen dürften auch bei der Nerz- Mutation nach wie vor eine neutralisierende Wirkung besitzen.
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Einige Impfstoffe stehen kurz vor dem Durchbruch. Müssen Hersteller wie Biontech, Curevac oder Moderna jetzt ihre Tests noch einmal überarbeiten?
Nein, das sehe ich nicht so dramatisch. Die Mutation führt nicht dazu, dass die Impfungen wirkungslos werden. Im Vergleich zu einer Infektion mit Sars-Cov-2 können bei Impfungen sehr viel höhere Antikörperspiegel erreicht werden, die zudem ein breiteres Wirkspektrum haben. Und bislang hat sich auch noch nicht gezeigt, dass sich die neue Nerz-Variante stark verbreitet.
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