




In der französischen Küstenmetropole Nizza können Bewohner und Touristen neuerdings noch entspannter an ihrem Café Crème oder Austern schlürfen. Denn vor den Bistros der Stadt kreisen die Autos nicht mehr endlos auf der Suche nach Parkplätzen um die Blocks, sondern werden neuerdings von einem digitalen Parkplatzfinder in ihren Navigationsgeräten und Smartphones geleitet.
Dieser computergesteuerte Assistent bekommt von Parkhäusern und öffentlichen Stellplätzen in der Nähe des Fahrers die freien Plätze angezeigt und navigiert den Autofahrer auf Wunsch dahin.
Der Spritverbrauch, den die Nutzer der Software des US-Netzwerkunternehmens Cisco für die Parkplatzsuche haben, ist damit um ein Drittel gesunken - die Nerven schont es zusätzlich und natürlich die Umwelt.
Die beschleunigte Parkplatzsuche in Frankreich ist nur ein Beispiel von vielen, das IT-Experten auf dem Innovationsforum im Vorfeld der Verleihung des Deutschen Innovationspreises im Bayerischen Hof in München präsentierten.
Vernetzung ändert Wirtschaft radikal
Die These der Vordenker von renommierten Technikunternehmen wie Google, Adobe und Cisco: Die Welt wird immer vernetzter. Das an sich ist keine neue Erkenntnis, aber das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Vernetzung können sich heute noch wenige vorstellen. Nicht mehr das oft zitierte "Internet of Things" (Internet der Dinge) sei die Zukunft, so der Tenor, sondern das "Internet of Everything" (Das Internet von allem).
Diese Entwicklung wird nicht nur den Alltag der Menschen radikal verändern, sondern auch die Wirtschaft. Frank Riemensperger, Chef der Unternehmensberatung Accenture, sieht für viele Unternehmen neue, lukrative Geschäftsfelder.
Anschaulich wird das am Beispiel Landwirtschaft: Dort verkaufen Händler mittlerweile mit dem Internet verbundene Traktoren, die über Sensoren alle Daten vom Acker aufnehmen und die sich auch ohne Fahrer steuern lassen.
Mit der Analyse der gewonnen Daten können die Traktorenbauer jedes Mal, wenn ihr Produkt im Einsatz ist, zusätzliche Einnahmen erzielen. "Künftig ist die Software mehr wert als die Hardware, in der sie arbeitet", prophezeit Riemensperger. Das Geschäft mit den smarten Dienstleistungen ist potenziell Milliarden Euro wert.
Eine weitere Entwicklung, die Bernd Heinrichs - Leiter der Abteilung Internet of Things bei Cisco - skizzierte: Bisher wandern die allermeisten Daten, die Sensoren in Autos oder in Städten aufzeichnen, direkt über das Internet in gigantische Datenbanken.
Autos haben mehr Rechenpower als Heimcomputer





Künftig, sagt Heinrichs, werden die Daten nicht mehr in einer riesigen Cloud gespeichert, sondern in einem "Fog", also Nebel, voranalysiert. Nur was wirklich wichtig ist, wird dann noch über das Internet gesendet und gesammelt. Nur so ließe sich der riesigen Datenmengen Herr werden, die in Zukunft überall anfallen, sagt Heinrichs.
Allein ein mittelgroßer Energieversorger produziere pro Tag 1,1 Milliarden Datensätze, die analysiert werden müssten. Die neuesten Automodelle besitzen das Vielfache an Rechenpower eines modernen Heimcomputers.
Aber nicht nur Autos, Hausgeräte und Stromnetze werden künftig zu gigantischen Datenproduzenten. Pharmaunternehmen wie Boehringer Ingelheim arbeiten an Software, die das Nutzerverhalten von psychisch Kranken in sozialen Netzwerken analysieren. Dadurch ließen sich Ausbrüche der jeweiligen Krankheit schon bis zu vierzig Tage im Voraus vorhersagen.
Was darüber hinaus mit vernetzter Technik möglich sein wird, präsentierte Greg Harper auf dem Innovationsforum. Der Amerikaner leitet den Technik-Think-Tank Harpervision, der digitale Trends aufspürt. Außerdem sammelt und testet er seit Jahren neue Gadgets, die er Interessierten weltweit vorführt.
Der Arzt in der Hemdtasche
Harpers These: "Künftig wird vom Wissen bis zum Fernsehen alles mobil." Die Menschen werden demnach mit ihren Brillen und Uhren TV-Serien überall schauen können und über Sensoren jede Sekunde hunderte Daten ihrer Körperfunktionen an Server schicken. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand schlägt eine Software Alarm.
Forschung
"Bisher gehen die Menschen einmal im Jahr zum Arzt und lassen sich durchchecken. Künftig wird das in jeder Sekunde passieren", sagt Harper. Dafür genüge ein Sensorpaket, das nicht größer als eine Ein-Euro-Münze ist und das die Gesundheitsbehörde in den USA gerade auf Zulassung testet. Zahnbürsten werden zudem aufzeichnen, wie lange die Menschen ihre Zähne putzen und Gabeln, wie schnell sie essen.
Einen Nachteil haben diese ganzen Gadgets aber noch, die Harper in München präsentiert. Regelmäßig muss er stundenlang am Flughafen mit den Sicherheitsbeamten diskutieren, um sie mitführen zu dürfen. Die halten sein Technikspielzeug nicht für zukunftsweisend, sondern für potenzielle Sprengsätze.