Innovationspreis Digitale Patientenversorgung

Kategorie Mittelstand: Ein einzigartiges modulares System zur Patientenüberwachung erleichtert Rettern die Arbeit und steigert die Überlebenschancen von Unfallopfern.

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Sanitaeter transportieren einen Verletzten auf einer fahrbaren Trage Quelle: dapd

Nach einem Unfall entscheiden Sekunden, ob Feuerwehr und Notärzte ein im Auto eingeklemmtes, schwer verletztes Unfallopfer retten können. Die aber verrinnen allzu schnell, wenn der Notarzt Mühe hat, das schwere, unhandliche Gerät, dessen Sensoren Atmung, EKG, Blutdruck, Puls und Körpertemperatur aufzeichnen, in der Enge des Wracks unterzubringen. Das Kabelgewirr der Sensoren wiederum kommt oft den Feuerwehrleuten in die Quere, während sie ein eingeklemmtes Opfer mit Rettungsschere und Hydraulikpressen befreien. Ohne Überwachung aber geht es nicht, soll das Unfallopfer nicht im schlimmsten Fall sterben, ohne dass es jemand merkt. Selbst das Umlagern von Patienten, beispielsweise für den Transport zur Klinik im Hubschrauber wird zum Risiko. Denn auch dann müssen die Rettungskräfte alle Kabel entfernen.

Bestmögliche Patientenversorgung

Die Lösung bringt nun eine Entwicklung des bayrischen Unternehmens GS Elektromedizinische Geräte G. Stemple. Das Corpuls3 genannte System ist modular aufgebaut, die Patientendaten überträgt es drahtlos, und der Notarzt kann es steuern und überwachen, ohne selbst im Gefahrenbereich zu stehen.„Es ist überzeugend, wie Corpuls3 den Rettungskräften ihre schwierige Arbeit am Unfallort erleichtert“, würdigt Hans-Peter Villis, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg und Co-Juror beim Deutschen Innovationspreis die Arbeit der Bayern, die ihnen einen Platz im Finale des Wettbewerbs sicherte.

Die Lösung ist ein Beleg für die Kundennähe des Unternehmens: Der Ingenieur Günter Stemple fachsimpelte bei einem Kundentermin mit einem Einsatzleiter eines Luftrettungsdienstes. Der Einsatzleiter wünschte sich ein neues System, das nicht nur die bestmögliche Patientenversorgung im Blick hat, sondern auch die Ergonomie für das Einsatzteam: „Kannst du da was Besseres machen?“ Stemple konnte. Aber er setzte bei dem Rettungsgerät nicht wie die Konkurrenten einfach auf die übliche Verkleinerung der Technik. „Die Geräte müssen robust und einfach zu bedienen sein, wenn ich aber auf dem Monitor kaum mehr was sehe, ist das nicht gewährleistet“, sagt Stemple, Gründer des Unternehmens GS Elektromedizinische Geräte G. Stemple im bayrischen Kaufering.

Kabellose Überwachung

Sergio Pinto is carried off of the pitch on a stretcher during the Europa League round of 32 first leg soccer match between Hannover 96 and Club Brugge at the Hannover Aren Quelle: dpa

Stemple konzipierte stattdessen ein System, das erstmals modular aufgebaut ist und ohne Kabel funktioniert. Die Komponenten sollten dank drahtloser Funktechnik zusammen, paarweise oder autark funktionieren – je nachdem, wie der Notfall es erfordert. Was sich einfach anhört, stieß erst auf technische Schwierigkeiten, weil die drahtlose Funktechnik zunächst nicht so stabil funktionierte, dass sie auch für empfindliche medizinische Geräte taugte. „Dann aber war der Weg frei für unser System“, sagt Klaus Stemple, Sohn des Gründers und Geschäftsführer des Familienunternehmens. Es ist ein Defibrillator- und Patientenüberwachungssystem für Rettungskräfte. Anders als klassische Defibrillatoren, mit denen Notärzte Patienten bei drohendem Herzstillstand den rettenden Stromstoß verpassen, ist er modular aus drei Komponenten aufgebaut: Monitoreinheit, Patientenbox und Defibrillator. Über den Monitor steuern Rettungskräfte die Technik drahtlos – ähnlich einer Fernbedienung. Zudem können sie darüber beispielsweise EKG oder Blutdruck kontrollieren, Alarmwerte einrichten und den Einsatz dokumentieren.

Für Notärzte ist zudem der abkoppelbare Monitor ein Segen. Bisher waren die Kabel überall im Weg. Jetzt können Ärzte ein schwer verletztes Unfallopfer schon überwachen, wenn es noch im Unfallwagen eingeklemmt ist.

Dazu legt der Notarzt die nur ein Kilogramm schwere, autarke Patientenbox mit allen Sensoren in die Nähe des Patienten. Das lästige Ein- und Ausstecken der Verbindungskabel und Sensoren entfällt, selbst wenn Rettungskräfte den Patienten in den Hubschrauber oder in den Krankenwagen verlegen. Sie haben alle lebenswichtigen Funktionen auf dem Monitor im Blick. Das ganze System wiegt 2,7 Kilogramm und kostet in der Basisversion rund 13 000 Euro. Es ist bei etlichen Hundert Rettungsdiensten im In- und Ausland im Einsatz und damit so erfolgreich, dass Stemple mit seinen 130 Mitarbeitern bereits weitere Innovationen entwickelt hat.

Dazu zählen etwa ein kleineres Gerät mit weniger Funktionen namens Corpuls1 sowie eine Telemedizin-Plattform. Die soll dazu dienen, wichtige Daten des Patienten wie Puls oder Blutdruck schon vom Unfallort aus in die Klinik zu übertragen. Während corpuls.web bereits bei ersten Kunden im Einsatz ist, wird Corpuls1 im Laufe des Jahres verfügbar sein. Retter haben alle lebenswichtigen Funktionen des Patienten im Blick

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