Innovationspreis Die spannendsten Innovationen des Jahres geehrt

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Finalist Startup: Mastap

Axel Meyer, Geschäftsführer von Mastap (rechts), und sein technischer Direktor Horst Spaltmann Quelle: Ingo Rappers für WirtschaftsWoche

Wackelts? Bisher war die Einschätzung der Sicherheit von Strommasten eher Glückssache. Mit den Sensoren und der Software des Startups Mastap werden genaueste Messungen möglich.

Beim Thema Masten endete das Mittelalter erst 2009. Bis dahin prüften Handwerker alle sechs bis acht Jahre die Standfestigkeit von Strommasten, Laternen und Windrädern mit der sogenannten Klopftechnik: Ohr ran an den Mast, „tock-tock“ und dann hören, ob es verdächtig klingt.

Holzstützen bohrten die Prüfer wie Spechte an und suchten nach Fäulnis. Die Prozedur dauerte 20 Minuten. Rund zehn Prozent der Masten wurden dann ausgetauscht. Einen Holzmast zu erneuern kostet zwischen 2000 und 3000 Euro. Meistens sind zudem mehrere Mitarbeiter nötig, um den Test am Pfahl durchzuführen.

Mit der Erfindung des 2009 gegründeten Startups Mastap aus Wesel im Nordwesten des Ruhrgebietes ist das jetzt vorbei. Das Unternehmen hat einen Sensor entwickelt, den ein Prüfer am Mast mit einem Band fixiert und der die Schwingungen des Mastes misst. „Dafür muss er nur mit zwei Fingern einmal stark angetippt werden“, sagt Axel Meyer, Geschäftsführer von Mastap.

Gewaltige Ersparnis

Anschließend berechnet eine Software aus den Schwingungsdaten, ob es Schäden am Mast gibt und wie es um seine Standfestigkeit bestellt ist. Grundlage dafür sind seine Größe, das Material, sein Alter und eventuelle Anbauteile oder auf den Trägern aufgelagerte Stromleitungen. Die Schwingungen an Masten sind deshalb so unterschiedlich wie die Fingerabdrücke bei Menschen.

Wo also früher nur eine subjektive Einschätzung der Geräusche und des Aussehens des Mastes darüber entschied, ob er ausgetauscht wird, sind es heute harte Fakten.

Das Ergebnis ist laut Axel Meyer erstaunlich: Statt früher zehn Prozent werden wegen der genaueren Messungen nur noch ein Prozent der Pfähle ausgetauscht. Ersetzt wird nur, was wirklich kaputt ist. Die Ersparnis für die Mastap-Kunden ist gewaltig: Bei 50.000 überprüften Masten, rechnet Meyer vor, spare die Technik mehr als zehn Millionen Euro.

Ein weiterer Vorteil: Das Verfahren dauert mit rund 80 Sekunden sehr viel kürzer als das alte.

Zu den Kunden von Mastap gehört inzwischen unter anderem der Stromversorger RWE. Hinzu kommen Städte wie Berlin, Hamburg, Hannover und eine Reihe von Kleinstädten. Unternehmen wie der Mastenbauer Kaal Masten aus den Niederlanden nutzen das System zudem, um die Sicherheit von neu installierten Pfeilern nachzuweisen.

Kein Wunder, dass die Innovationspreis-Jury von der Mastap-Technologie begeistert war.

Wie Jurymitglied und Chef des Chemieunternehmens Evonik, Klaus Engel, sagt: „Die Mastap-Technologie ist eine dieser seltenen Innovationen, die auf eine genial einfache Weise ein sehr gravierendes Problem löst – und damit schnell einen großen Markt erobern kann.“

Die Idee des Sensortests für Masten entwickelte ursprünglich der heutige Mastap-Technikchef Horst Spaltmann. Er hatte eine Art Gewicht gebaut, das, am Mast befestigt, die Schwingungen dämpft und so die Lebensdauer erhöht. So kam er auf die Idee, die Frequenzen genau zu messen.

Die nächste Anwendung für die Mastap-Technik steht auch schon fest: Bei großen Hochspannungsmasten mit Dutzenden Querverstrebungen sollen die Sensoren künftig fest installiert werden und Daten live übertragen. So wissen die Netzbetreiber immer genau, wie es um ihre Leitungen bestellt ist, und sie können sofort auf Schäden reagieren.

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