Jagd auf Talente China steckt Milliarden in Quanten-Studiengänge

Teilnehmer einer Quantentechnologie-Konferenz in Hefei. Quelle: imago images

Europa ist führend in der Quantenforschung – doch der Vorsprung ist in Gefahr. China und die USA investieren viel in die Ausbildung neuer Quantenexperten, wie eine Studie zeigt.

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Private und öffentliche Geldgeber investieren immer mehr in die Quantenforschung, aber es mangelt an Experten, die der Zukunftstechnologie zum Durchbruch verhelfen könnten. China und die USA steuern nun mit neuen Studiengängen dagegen. Europa dagegen droht seinen Vorsprung in der Quantenforschung zu verlieren, geht aus dem aktuellen Quantum Technology Monitor hervor, den die Unternehmensberatung McKinsey vorgestellt hat. 

Die Berater analysierten unter anderem die Zahl der ausgeschriebenen Stellen und der Absolventen spezialisierter Hochschulstudiengänge. Das Team um den McKinsey-Experten Niko Mohr stellte fest: „Die Zahl der freien Stellen liegt noch immer knapp doppelt so hoch wie die der verfügbaren Talente.“

Konkret gab es 2022 in Start-ups, Konzernen und Forschungseinrichtungen weltweit rund 715 offene Jobs mit Bezug zu Quantentechnologien, aber nur etwa 450 Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit Master-Abschlüssen, die für diese Jobs unmittelbar infrage kamen.

Der Bedarf an Quantenforschern steigt – das illustrieren auch die weltweiten Ausgaben auf dem Gebiet: Die privaten und öffentlichen Investitionen in Quanten-Start-ups erreichten der Studie zufolge im vergangenen Jahr mit rund 2,35 Milliarden US-Dollar einen neuen Höchststand.

Noch hinkt China hinterher

An Europas Hochschulen schlossen im vergangenen Jahr vergleichsweise viele sogenannte Quantentalente ihr Studium ab – was die traditionell führende Rolle der EU als Forschungs- und Ausbildungsstandort für Quantentechnologien bestätigt: Mit 303 Absolventen in Studiengängen mit Quantenbezug pro eine Million Einwohner lag die EU weiterhin im weltweiten Vergleich der Länder und Wirtschaftsräume an der Spitze; klar vor Großbritannien (217), den USA (136) und China (41). Rund ein Drittel der EU-Quantentalente stammen von deutschen Hochschulen.

Leistungssprünge und Fördermilliarden wecken in der Industrie die Begeisterung für Quantencomputer. Doch die Projekte stocken: Es mangelt an Fachleuten, die Ideen für Software hätten und sie entwickeln könnten.
von Thomas Kuhn

Diese europäische Dominanz aber gerät nun in Gefahr. Denn um den Mangel an geeigneten Fachleuten zu bekämpfen, stocken Hochschulen weltweit die Zahl der Studiengänge und -plätze erheblich auf. Gab es 2021 noch weltweit nur 29 Hochschulen, die Master-Studiengänge für Quantentechnologien anboten, waren es im vergangenen Jahr bereits 50.

Und dabei verschieben sich die Gewichte deutlich: Mit derzeit 16 Hochschulen mit passenden Master-Studiengängen liegen die USA deutlich vor Deutschland mit derzeit sechs Universtäten, Spanien (fünf), Großbritannien (drei), sowie jeweils zwei in sechs weiteren europäischen Staaten, so die McKinsey-Erhebung. 

Ähnlich die Reihung bei der Zahl spezieller Forschungsprogramme mit Quantenbezug an Hochschulen. Auch da dominieren die USA mit 67 Projekten vor der EU mit 39 und Großbritannien mit 14. China, das im vergangenen Jahr laut der McKinsey-Analyse noch gar keine Master-Studiengänge in Quantentechnologien anbot, folgte 2022 mit elf Forschungsprojekten. 

Aufholjagd bei Studiengängen in Fernost

Schon jetzt ist denn auch absehbar, dass China sich mit der Rolle des Nachzüglers nicht länger zufriedengeben wird. Nicht bloß, dass die chinesischen staatlichen Investitionen und Forschungsausgaben für Quantentechnologien im vergangenen Jahr mit umgerechnet 15,3 Milliarden Dollar die Summen in den USA (1,8 Milliarden Dollar) oder der EU (1,2 Milliarden Dollar) bei weitem überstiegen.

Auch bei den Ausbildungsgängen investiert China massiv: „Aktuell befinden sich viele Masterprogramme in der Entwicklung und dürften bald eingeführt werden“, so McKinsey-Experte Mohr. Dafür spreche auch, dass 21 der derzeit im Land verfügbaren 50 Studiengänge erst 2022 eingerichtet wurden. „In diesem Jahr könnten weitere 20 hinzukommen, darunter auch chinesische Master-Studiengänge“, erwartet Mohr. 

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Um zu verhindern, dass EU und Deutschland im globalen Talentwettlauf abgehängt werden, komme es nun daher darauf an, zum einen auch hier das Angebot an Aus- und speziell Weiterbildungsangeboten auszubauen. Zum anderen müssten die EU und ihre Mitgliedsstaaten die Vergabe der öffentlichen Fördergelder so transparent und einfach wie möglich gestalten. Allein Deutschland etwa will bereits bis 2026 weitere drei Milliarden Euro in die Quantenforschung investieren. „Da braucht es eine gesunde Balance zwischen Innovationsförderung, Bürokratie und dem sorgsamen Umgang mit Steuergeldern“, mahnt Quantenexperte Mohr. Sonst würden die Fördergelder am Ende gar nicht abgerufen und blieben im Wettbewerb um die Zukunftstechnologien wirkungslos. 

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