




Es ist wie in der Hölle: Mehr als 100 Meter unter der Erde brennt es. Die Hitze von rund 1000 Grad lässt das Gestein glühen und Kohle verdampfen. Der Teufel könnte sich hier wohlfühlen.
Doch das Inferno ist menschengemacht. Ingenieure haben den Kohleflöz in Usbekistan nahe der Hauptstadt Taschkent bereits 1961 angezündet. Sie erzeugen ein brennbares Gasgemisch, mit dem ein Kraftwerk Strom produziert.
Aber nicht nur in der Ex-Sowjetunion, sondern auch in China und den USA laufen Projekte, schwer zugängliche Kohlevorkommen zu nutzen. Bald könnte es zudem in Großbritannien so weit sein. Dort hat die Regierung Unternehmen an mehr als 20 Orten an der Küste erlaubt, das Verfahren zu testen.
„Auch in Norddeutschland lagert in mehr als 1500 Meter Tiefe genug Kohle, um die heimische Stromproduktion aus Atom- oder Kohlekraftwerken über Jahrzehnte zu ersetzen“, sagt Rafig Azzam. Der Geologieprofessor von der RWTH Aachen beschäftigt sich seit Jahren mit der unterirdischen Kohlevergasung und deren Umweltauswirkungen.
Schluss mit dem Schmutz
Weltweit steckt tief in der Erde so viel Kohle, dass die Menschheit damit ihren Energiehunger die nächsten 1000 Jahre stillen könnte. Aber an 80 Prozent dieser Vorkommen – bis zu vier Billionen verwertbare Tonnen – kommen die Bergleute mit herkömmlichen Verfahren nicht heran. Genau diesen Schatz wollen die Kohlepioniere jetzt heben.
Chronik der Energiewende
Der von einem Erdbeben ausgelöste Tsunami überschwemmt und zerstört in Fukushima-Daini 250 Kilometer nordöstlich von Tokio Teile des Kernkraftwerks.
Die Bundesregierung ordnet an, sieben ältere Kernkraftwerke sofort vom Netz zu nehmen, die übrigen zehn Reaktoren kommen auf den Prüfstand.
Union und FDP einigen sich auf einen kompletten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022, die sieben älteren Meiler müssen endgültig stillgelegt werden.
Das Kabinett segnet das Atom- und Energiepaket ab und präsentiert die energie- und klimapolitischen Ziele bis 2050.
Die EU-Kommission reklamiert für sich Kompetenzen bei der Energiewende. Der Strommarkt müsse europäischer werden.
Angela Merkel fordert eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG): „Wenn die EEG-Umlage so weiter steigt, dann haben wir mit der Energiewende ein Problem.“
Und sie wollen noch mehr: nämlich Schluss machen mit dem schmutzigen Image der Kohle. Kein Tagebau soll mehr die Landschaft verschandeln, keine giftigen Feinstäube aus Kohlekraftwerken die Anwohner krank machen. Auch frei von klimaschädlichen Treibhausgasen soll das Verfahren sein.
Aber sind diese Versprechen realistisch? Lauern doch Gefahren für die Umwelt, ähnlich wie beim Fracking, bei dem Techniker bisher nicht förderbare Öl- und Gasvorkommen erschließen?
„Derzeit lässt sich noch nicht abschließend einschätzen, wie umweltfreundlich das Verfahren ist“, sagt der Aachener Geologe Azzam. Verheißungsvoll genug sei es. Deshalb solle auch Deutschland mehr in die Erprobung der Technik investieren, rät der Forscher. Denn sie könne eine klimafreundliche Brücke in eine Zukunft mit erneuerbaren Energien sein.
Und mit tendenziell steigenden Preisen für Kohle und Gas wird die Methode immer attraktiver. Noch aber herrscht kein Mangel an Kohle. Laut US-Energieministerium reichen die weltweit förderbaren Vorkommen an Stein- und Braunkohle 120 Jahre. Allerdings: Um den Rohstoff zu bergen, müssen Minenarbeiter immer tiefer graben oder ganze Bergspitzen abtragen. Das treibt die Kosten. In den USA haben sich die Kohlepreise seit 2004 verdoppelt.