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Krankenhausreport Experten warnen vor zu vielen Herz-OPs

Verengte Blutgefäße am Herzen führen die Statistik der Todesursachen an - höchste Vorsicht ist bei der Volkskrankheit also geboten. Das zeigt der neue Krankenhausreport der Barmer GEK.

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Herzleiden gilt mittlerweile als Volkrankheit. Quelle: dpa

Die jährlich gut 335.000 Klinik-Behandlungen wegen verengter Herzkranzgefäße sind laut dem neuen Krankenhausreport (.pdf) der Barmer GEK teilweise überflüssig. Es gebe wahrscheinlich zu viele solche Eingriffe, sagte die Mitautorin Eva Maria Bitzer. Insgesamt gelte, dass die Zahl der Behandlungen auch deshalb zunehme, weil die Kliniken die entsprechenden Preise bezahlt bekommen wollten, sagte Kassen-Vizechef Rolf-Ulrich Schlenker. „Man muss gegensteuern“, forderte er von der Politik, die derzeit eine Klinikreform plant.

Gegen verengte Herzkranzgefäße stieg vor allem die Zahl der Eingriffe, bei denen mit Medikamenten beschichtete Stents in die Arterie eingeführt werden. Sie nahm von 2005 bis 2013 um 227 Prozent auf gut 204.000 zu. Aufwendige Bypass-Operationen am offenen Herzen nahmen um 24 Prozent auf 53.000 ab. Immer seltener eingesetzt werden unbeschichtete Stents - 48 000 Mal im vergangenen Jahr. Ballons, die in der Arterie aufgebläht werden, kamen 30.000 Mal zum Einsatz.

Die Implantation von Stents, kleinen Gittergerüsten, ist vergleichsweise schonend - daher würden auch immer mehr Risikopatienten und Ältere damit versorgt, die früher unbehandelt geblieben seien, sagte Schlenker. Doch erfüllt die Methode laut dem Report ihre Erwartungen nicht. Denn jeder fünfte Patient müsse sich innerhalb von zwölf Monaten erneut einer Behandlung unterziehen.

Die Experten wiesen darauf hin, dass es insgesamt weniger Durchblutungsstörungen am Herzen und entsprechende Behandlungen gebe. Die Gründe seien, dass weniger Menschen an Bluthochdruck oder zu hohen Blutfettwerten litten und Betroffene besser behandelt würden. Deshalb seien Zweifel daran angebracht, das die steigende Zahl der Behandlungen zur Erweiterung der Gefäße gerechtfertigt sei.

Der Verdacht der Kasse: Kliniken setzten Stents auch ein, um ihre Umsätze zu steigern.

Insgesamt stieg die Zahl der Klinikbehandlungen laut dem neuen Report weiter an - binnen eines Jahres um 1,3 Prozent auf 207 Behandlungen je 1000 Versicherten. Die Liegedauer in der Klinik sank weiter auf im Schnitt 7,6 Tage. Sinkende Klinikaufenthalte gibt es etwa bei Krebs oder Muskel-Skelett-Erkrankungen. Nur bei psychischen Störungen und Sucht ist die Dauer deutlich gestiegen - seit 2005 um 36 Prozent.

Seit zwei Monaten verhandeln Vertreter der Bundes- und der Landesregierungen geheim über eine Klinikreform. Kassenvize Schlenker forderte mehr ärztliche Zweitmeinungen. Auch Zuschläge bei guter Behandlungsqualität könnten helfen. Köster-Steinebach verlangte, die finanziellen Anreize für Kliniken weg von großen, planbaren Operationen hin zu Notfall- und Grundversorgung zu verschieben.

Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, entgegnete: „Die Krankenkassen sollten aufhören, steigenden medizinischen Behandlungsbedarf in den Verdacht nicht notwendiger Leistungen zu rücken.“ Die Linke kritisierte, Patienten sicherten Kliniken heute durch überflüssige Behandlungen das Überleben.

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