Landung auf Komet Raumsonde Rosetta ist fast am Ziel

Zehn Jahre schwebte die Raumsonde Rosetta durch das All. Am Mittwoch soll sie auf einem Kometen landen - ein heikles Unterfangen.

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Die ESA-Kometensonde Rosetta saust bereits seit zehn Jahren durchs All, nun steht der heikelste Schritt der Mission bevor. Quelle: dpa

Rosetta wurde gewissermaßen als Weltenversteher konstruiert. Am 2. März 2004 wurde die Raumsonde mit einem klaren Ziel ins All geschickt: Auf dem Kometen „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“  (kurz „Tschuri“ genannt) landen und die Entstehung des Weltalls erklären - soweit das möglich ist.

Dafür wurde die Sonde mit allerhand Messinstrumenten ausgestattet: An Bord befinden sich neben Bohrer, Mikrofon oder Thermometer hochkomplizierte wissenschaftliche Geräte wie Elektroden, Magnetometer und Spektrometer. Sie sollen dem Kometen im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund gehen, unter anderem Gesteinsproben sammeln.

Die Landung auf einem Kometen ist eine absolute Premiere. Noch nie ist es gelungen, einen Flugkörper im Magnetfeld eines Kometen zu halten. Schon der Anflug war eine Herausforderung, allein aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Kometen: Der rauscht mit über 64.000 Stundenkilometer durchs All. Zum Vergleich: Der Eurofighter fliegt maximal knapp 2.500 Km/h.

Wann landet Rosetta?

Die Landung der Mission ist für Mittwoch, ungefähr 16.30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, geplant. Über 6,5 Milliarden Kilometer hat die Sonde dann zurückgelegt.  Aus 22,5 Kilometern Höhe schwebt sie in Schrittgeschwindigkeit auf die Oberfläche des Kometen herab – knapp sieben Stunden dauert der Anflug.

Raumfahrt-Bilder, die Geschichte schrieben
Das Weltraumteleskop „Hubble“ hat das bislang farbenprächtigste Porträt des Universums geliefert. Ein neues Panorama der US-Weltraumbehörde NASA schließt erstmals ultraviolettes Licht ein, das normalerweise für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Auf dem Panorama, das aus mehr als 800 Fotos von „Hubble“ erstellt wurde, ist es als helles blau mit drehenden Galaxien zu sehen, die fünf bis zehn Milliarden Jahre alt sind. Insgesamt zeigt das Panorama an die 10.000 mehrfarbige Galaxien. „Hubble“-Astronom Zolt Levay sagte, durch die Hinzufügung von Ultraviolett und Infrarot könne man jetzt das breite Farbenspektrum des Universums „und noch einiges mehr“ sehen. Quelle: Reuters
Im Oktober 2913 schaute die Welt gebannt auf den Österreicher Felix Baumgartner. Der Extremsportler sprang aus 39 Kilometern höhe aus der Stratosphäre zurück auf die Erde. Weitere Bilder und Informationen zum Rekord-Sprung. Quelle: dapd
Zweimal hatte das Raumschiff den Mond schon umkreist, da änderte Kommandant Frank Borman ein klein wenig dessen Ausrichtung - und traute seinen Augen nicht. „Oh Gott! Seht euch dieses Bild da an“, rief er den beiden anderen Astronauten der „Apollo 8“-Mission zu. „Hier geht die Erde auf. Mann, ist das schön!“ Kollege William Anders griff nach einer Kamera, schraubte das längste Objektiv drauf, was er finden konnte, legte einen Farbfilm ein und knipste los. „Ich habe einfach klick-klick-klick-klick-klick gemacht“, erinnerte sich Anders, der am 17. Oktober 80 Jahre alt wird, später. Heraus kam eines der wohl bekanntesten Fotos der Welt: „Earthrise“ (Erdaufgang). Quelle: dpa
Die Crew der Apollo 8 (l-r): James A. Lovell, William A. Anders und Frank Borman in Kap Kennedy (Florida) im November 1968. Es war die zweite bemannte Raumfahrt des amerikanischen Apolloprogramms und der erste bemannte Mond zum Mond. Quelle: dpa
Apollo 11 trat im Jahr 1969 die Reise zum Mond an. Es war die erste Mission die auf dem Erdtrabanten landete und von dort auch wieder zurück zur Erde flog. Neil Armstrong war der erste Mensch auf dem Mond. Quelle: AP
Die Mission hielt die Öffentlichkeit in Atem. Nach dem Abflug besuchte der damalige US-Präsident Richard Nixon die Astronauten Neil Armstrong, Michael Collins und Edwin Aldrin (von links). Die Astronauten befanden sich nach ihrer Rückkehr vom Mond für einige Tage in Quarantäne. Quelle: dpa
Bruce McCanndless war der erste Astronaut, der sich ohne Sicherheitsleine durch das Weltall bewegt hat. Dafür trug er bereits 1984 einen Raketentornister, mit dem er sich selbständig von der Raumstation wegbewegen konnte. Quelle: NASA

Allerdings wird nicht Rosetta selbst landen – die Sonde ist mit 2,9 Tonnen Gewicht und den Solarpanels mit einer Spannweite von 32 Metern schlicht zu groß für ein solches Unterfangen. Für den letzten Schritt wird die etwa kühlschrankgroße Landestation „Philae“ abgekoppelt. Die wiegt auf der Erde knapp 100 Kilogramm. Dank der geringen Anziehungskraft des Kometen - sie beträgt gerade ein Hundertausendstel der unseres Planeten - wird sie beim Auftritt nur noch ein Gramm schwer sein.

Übrigens war die Landung eigentlich schon einen Tag vorher geplant. Inoffiziell heißt es, sie wurde verschoben, weil an diesem Datum traditionell die Feierlichkeiten zum Ende des ersten Weltkriegs auf Platz Eins der französischen Nachrichten steht. Auch Weltraumorganisationen planen PR.

Kann jetzt noch etwas schief gehen?

Ja, die Landungsphase ist besonders heikel. Jetzt entscheidet sich, ob sich die langjährige Arbeit gelohnt hat – und zwar ohne dass die Forscher noch eingreifen können: Philae besitzt weder einen Autopiloten noch ist das Landemodul steuerbar. Bis zwei Stunden vor der Landung könnten die Forscher den Landeanflug höchstens noch stoppen. Frühestens zwei Wochen später könnten sie dann einen neuen Versuch wagen.

Philae soll durch die langsame Anfluggeschwindigkeit sanft auf dem Kometen landen. Doch der angepeilte Landeplatz „Agilkia“, eine etwa 600 mal 900 Meter große Fläche, hat es in sich. Der Boden ist schroff, teilweise ragen 200 Meter hohe Steilwände in die Höhe.

„Wenn man Pech hat und mit einem Bein genau auf so einem Brocken oder einem Hang landet, kann der Lander umkippen“, sagt Stephan Ulamec, Projektleiter des Landeanflugs. „Landet er mit den Beinen nach oben und den Antennen nach unten, können wir nicht mit ihm kommunizieren. Das wäre dann auch das Ende der Mission.“

Warum sind Kometen überhaupt interessant?

Weil Kometen genauso alt sind wie das Sonnensystem – 4,6 Milliarden Jahre. Im Gegensatz zu Planeten wie der Erde haben sie sich im Laufe der Jahre aber kaum verändert. Mit der Rosetta-Mission hoffen die Forscher der Europäischen Raumfahrtagentur nun, herauszufinden, wie das Sonnensystem entstanden ist. So könnte etwa das Wasser im Kern des Brockens das gleiche sein wie in unseren Ozeanen.

Bereits in früheren Analysen – aus größerer Entfernung – wurden organische Moleküle und Aminosäuren auf Kometen entdeckt. Die Proben von Tschuri könnten Aufschluss geben, ob diese womöglich die Ursprünge des heutigen Lebens auf die Erde gebracht haben.

Wie teuer ist die Mission und wie viele Menschen sind daran beteiligt?

Schon vor 22 Jahren begannen die ersten Planungen zu Rosetta. In Hochphasen, wie jetzt vor der Landung, arbeiten bis zu 200 Menschen an der Mission. Insgesamt verschlingt Rosetta knapp 1,3 Milliarden Euro. Der Großteil des Geldes, knapp eine Milliarde Euro, stammt von der ESA selbst, den Rest bezahlen die Mitgliedsstaaten, zum Beispiel Frankreich, Deutschland oder Großbritannien. Dennoch ist die Summe nicht außergewöhnlich hoch. So kostete beispielsweise das ebenfalls von der ESA entwickelte Weltraumteleskop „Herschel“ 1,1 Milliarden Euro.

Was hat Rosetta jetzt schon erreicht?

Zwar liegt noch viel Forschungsarbeit vor Rosetta, doch schon jetzt lieferte die Mission Erkenntnisse. So zum Beispiel zur Beschaffenheit der Oberfläche. Bislang war bekannt, dass Kometen aus Eis, Staub und lockerem Gestein bestehen.  Dank einer Wärmebildkamera konnten die Forscher jetzt zumindest herausfinden, dass eine Staubschicht den Brocken überzieht – ganz ähnlich wie auf dem Mond.

Außerdem zeigten erste Fotos und Messungen einen Schweif an Tschuri. Bislang erkannten Forscher einen Schweif erst dann, wenn sich Kometen so stark der Sonne nähern, dass sie allmählich auftauen. Noch ist der Komet 500 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt – also mehr als drei Mal so weit wie die Erde. Tschuris Schweif besteht hauptsächlich aus Staub und besitzt einen üblen Geruch – eine Kreuzung zwischen Schweinestall und faulen Eiern.

Wie lang dauert die Mission und was kommt nach Rosetta?

Das Roboter-Labor Philae wird den Kometen maximal bis Ende 2015 untersuchen. Möglicherweise endet die Mission aber schon im März – wenn der Komet der Sonne am nächsten kommt. „Dann könnte es sein, dass der Lander überhitzt und somit nicht mehr betrieben werden kann“, erklärt Ulmanec. „Es könnte aber auch sein, dass viel Staub auf die Kometenoberfläche zurückfällt und somit auch auf die Solarpaneele. Das würde bedeuten, dass Philae keinen Strom mehr erhält.“

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