




Männer zeigen bei psychischen Erkrankungen oft andere Krankheitsanzeichen als Frauen. Ihre depressiven Symptome würden häufig nicht diagnostiziert und unzureichend behandelt. Das teilte die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit. Über psychische Gesundheit berieten Experten am Dienstag beim Männergesundheitskongress der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Berlin.
Bislang zeigten Daten, dass Depressionen bei Frauen häufiger aufträten als bei Männern, sagte Prof. Harald Gündel vom Uniklinikum Ulm. Doch die Vorstellung der Medizin von der Depression sei nicht vollständig: „Man sieht immer mehr, dass ein Mann, der eine Depression entwickelt, nicht immer das klassische Bild eines depressiven Patienten erfüllen muss.“
Vorsorgeuntersuchungen für Männer
Ab 30 Jahren im jährlichen Turnus. Der Arzt überprüft die Haut auf mögliche Erkrankungen, wie Hautkrebs. Wird von der Krankenkasse übernommen.
Ab 35 Jahren im zweijährigen Turnus. Hier wird das gesamte Herz-Kreislaufsystem überprüft und mögliche Risikofaktoren erkannt. Wird von der Krankenkasse übernommen.
Ab 35 im zweijährigen Turnus. Hier wird die Schilddrüse auf mögliche Veränderungen und Erkrankungen untersucht. Wird von der Krankenkasse übernommen.
Ab 45 im jährlichen Turnus: Prostatakrebs zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen unter Männern. Diese Vorsorgeuntersuchung hilft, eine Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Wird von der Krankenkasse übernommen.
Ab 50 im jährlichen Turnus: Frühzeitig erkannt, gehört Darmkrebs zu den Krebserkrankungen mit den besten Heilungschancen. Wird von der Krankenkasse übernommen.
Eine Untergruppe der männlichen Patienten zeige das Bild einer „männlichen Depression“: Sie reagierten zum Beispiel wütend, gereizt oder aggressiv, fühlten sich gehetzt und unter Druck. Sie seien nicht nur niedergeschlagen und antriebslos, was typischerweise mit der Krankheit verbunden wird. Würden diese Patienten beachtet, seien Depressionen bei den Geschlechtern wohl gleich häufig, sagte Gündel.
Durchs medizinische Raster fallen offenbar besonders Männer, die ein traditionelles Rollenbild verinnerlicht hätten: mit Werten wie Leistungsstärke, Status und Einkommen oder Maßstäben wie „Nicht reden, sondern handeln“. Ihnen falle es besonders schwer, eine psychische Erkrankung zu erkennen zu geben, sagte Gündel.
Als grundlegendes Problem der Männergesundheit sehen Experten, dass das „starke Geschlecht“ eher selten zum Arzt geht. Wie schon ein Bericht des Robert Koch-Instituts zeigte, werden Männer auch seltener von Angeboten erreicht, und sie nutzen diese weniger.
Das sind typische Männerkrankheiten
Auch wenn Frauen von Darmkrebs ebenso betroffen sein können wie Männer, liegt die Erkrankungsrate bei Männern rund 20 Prozent höher als bei Frauen, berechnet das Robert-Koch-Institut. 2014 prognostiziert das Institut mehr als 35.000 Neuerkrankungen an Darmkrebs unter Männern.
Rund eine Millionen Männer erkranken jährlich an Diabetes, einer Berechnung der AOK zur Folge. Damit liegt die Zahl der Neuerkrankungen bei Männern knapp doppelt so hoch wie die von Frauen.
Nach Angaben der Gesundheitsberichterstattung des Bundes zählt der Herzinfarkt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Besonders gefährdet: Übergewichtige Männer.
Mit mehr als 63.000 Neuerkrankungen jährlich ist der Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung unter Männern, so das Robert-Koch-Institut. Besonders gefährdet sind Männer ab 35 Jahren.
Rund 200.000 Deutsche erleiden jedes Jahr einen Schlaganfall. Meist müssen die Betroffenen anschließend mit gravierenden Einschränkungen im Alltag leben. Im Alter von 65 bis 74 Jahren erleiden dabei Männer besonders häufig einen Schlag.
Das Königshormon des Mannes sorgt für Müdigkeit und Abgeschlagenheit, wird es nicht ausreichend produziert. Hauptgrund für eine solche Mangelproduktion sind Stress und Überanstrengung. Die Folge: Abgeschlagenheit und gesunkenen Leistungsfähigkeit.
Unkonventionelle Lösungen sind gefragt: Sprechstunden in Betrieben etwa seien erfolgreich, sagte Gündel. Auch über das Arbeitsumfeld initiierte Seminare mit Gruppengesprächen könnten Männern helfen, nach und nach auch über seelische Themen zu sprechen.
Wenig wissen Experten aber auch über Arzneimittelarten und -mengen, die Männer einnehmen. Selbst in relevanten Studien werde das nur bis zu einem Alter von 64 Jahren erfasst, sagte Prof. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen am Rande des Kongresses. Ein beachtenswerter Arzneimittelkonsum beginne oft aber erst in diesem Alter.
Forschung
Ein Drittel der Medikamentenabhängigen in Deutschland seien Männer, betonte Glaeske. Auch dies werde viel zu wenig beachtet: Abhängigkeit bei Männern werde mehr mit Alkohol oder illegalen Drogen verbunden. Dabei würden gerade Anabolika und anregende Mittel eher von Männern eingenommen als von Frauen.
„Die einzige psychische Störung, die Männer deutlich häufiger haben als Frauen, ist ADHS“, sagte Glaeske. Medikamente wie Ritalin rückten aber auch bei solchen in den Blick, die ihre Leistung steigern wollten - etwa im Studium oder im Fitnessstudio. „Ansonsten ist die psychische Gesundheit von Männern noch viel zu wenig untersucht“, bilanzierte Glaeske.