Magische Moleküle Smartes Material erweckt Gegenstände zum Leben

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Handprothesen mit Gefühl

Es wäre ein weiterer Einsatz in der Medizin. Da kommt Material mit Gedächtnis längst nicht mehr nur bei Stents zum Einsatz, deren Drahtgeflecht sich im Körper verformt und so die Blutgefäße offen hält. Auch beim Bau von Handprothesen setzen Wissenschaftler wie Lars Oelschläger, Professor an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven, auf die cleveren Werkstoffe. Damit sollen Patienten etwa Tassen heben, ohne dass Elektromotoren unangenehm surren und Mitmenschen irritiert auf die Kunsthand starren. Zudem lassen sich die Prothesen kleiner als solche mit Motoren bauen, damit sie auch Kindern passen.

Gedächtnisfäden aus Metall übernehmen in der Kunsthand aber nicht nur die Rolle der Muskeln. Denn weil ihr elektrischer Widerstand nicht nur von der Temperatur, sondern auch von der Form bestimmt wird, eignen sie sich auch für eine rudimentäre Art des Fühlens. Über die Messung des Widerstandes lässt sich so etwa die Position der Finger ermitteln.

Wo die Vernetzung die Welt erobert
Mini-Computer erobern die WeltWenn es nach dem Willen der Telekomkonzerne geht, wird es in absehbarer Zukunft nur einen Schlüssel für unser modernes Leben geben: das Smartphone und oder das Tablet. Die Mini-Computer für die Akten- oder Westentasche erfreuen sich immer größerer Popularität - vier von fünf Kunden entscheiden sich derzeit beim Kauf eines neuen Handys für die internetfähige Variante, im abgelaufenen Jahr gingen allein in Deutschland über 20 Millionen Stück über den Ladentisch. Quelle: dapd
Die massenhafte Verbreitung ermöglicht ganz neue Geschäftsbereiche: Künftig sollen etwa Mietwagenkunden mithilfe von Smartphones den Weg zu ihrem Fahrzeug finden und dieses damit öffnen. Auch beim Bezahlen an der Supermarktkasse und beim Öffnen der Haustür (wie etwa bei Sharekey) sollen zunehmend mobile Computer zum Einsatz kommen. Textdokumente, aber auch Musik und private Fotos werden in externen Rechenzentren (Cloud) abgelegt und können dort mittels stationierter Software bearbeitet und jederzeit von jedem Ort abgerufen werden. Quelle: Presse
Um die technischen Voraussetzungen zu schaffen, investieren Telekom & Co. derzeit Milliarden in den Ausbau der Cloud und der mobilen Breitbandnetze. Schließlich müssen die explosionsartig wachsenden Datenmengen transportiert werden. Die Bedrohung dieser schönen neuen Welt kommt aus dem Netz selbst: Ein Hackerangriff gilt als Horrorszenario. Quelle: dpa
Am Puls des Baggers Mit der Kraft mehrerer Hundert PS wühlt sich der riesige Schaufelbagger durch das Gelände des Tagebaubergwerks irgendwo in Südamerika. Tonnen von Geröll werden stündlich bewegt - Schwerstarbeit für die Maschine. Während der Bagger Lkw um Lkw belädt, funken Sensoren Dutzende Messdaten über Öl- und Wasserdruck, Motorleistung und Verbrauch in ein über tausend Kilometer entfernt gelegenes Rechenzentrum. Quelle: REUTERS
Dort werden die Daten gesammelt, aufbereitet, mit anderen Leistungskennziffern abgeglichen und an den Hersteller des Baggers weitergeleitet. Der kann nun rechtzeitig erkennen, wann es wieder Zeit ist für eine Wartung oder wann ein Verschleißteil ausgewechselt werden muss. Der Servicetechniker vor Ort wird rechtzeitig in Marsch gesetzt, notfalls gleich mit dem passenden Ersatzteil. Das spart Zeit und Kosten, weil das schwere Gerät nur für kurze Zeit unproduktiv im Gelände steht. Quelle: obs
Die Fernüberwachung von Maschinen, Transportunternehmen und Gütern ist unter anderem für den britischen Mobilfunkanbieter Vodafone Teil der Strategie bei der Maschinenkommunikation. Ähnlich wie beim vernetzten Auto wird für die Einsätze ein speziell für die M2M-Kommunikation entwickelter Chip eingesetzt. Er ist kleiner als die, die in jedem üblichen Mobilfunkgerät stecken, aber deutlich robuster: Der SIM-Chip entspricht Industrieanforderungen, ist fest verlötet, korrosionsbeständig, verfügt über eine längere Lebensdauer und übersteht auch hohe Temperaturschwankungen. Er funktioniert auf vielen Netzen weltweit und wird daher auch für die Überwachung von Containern eingesetzt, die rund um den Globus schippern. Quelle: dpa
Das vernetzte Heim Die Vision hat was Bestechendes: Bequem vom Sofa aus öffnet der Hausbesitzer mit Hilfe eines kleinen Flachbildschirms das Fenster im Kinderzimmer, stellt die Heizung auf moderate 22 Grad und kontrolliert, ob der Herd wirklich ausgeschaltet ist. All das und viel mehr ist heute schon möglich - und doch funktioniert diese moderne Welt des vernetzten Heims nur in Ausnahmefällen. Quelle: dapd

Zusammen mit Drucksensoren können die Forscher die Kunsthand dann so steuern, dass sie ein rohes Ei anfasst, ohne es zu zerbrechen. Noch allerdings ist Oelschlägers Prothese ein Prototyp, wie auch ein vergleichbares Fraunhofer-System. Schon jetzt aber arbeiten in den künstlichen Gliedmaßen jeweils zwei der smarten Drähte – wie die Muskeln im menschlichen Körper – gegeneinander. Sie können sich nur in eine Richtung bewegen, so wie Beuger und Strecker im Oberarm.

Siegeszug des flexiblen Designs

In Autos oder Maschinen müssen Federn sie in die Ausgangsform zurückziehen. Viel praktischer wäre es daher, wenn ein Draht oder Bauteil seine Kräfte in beide Richtungen spielen lassen könnte.

Viele Unternehmen warteten schon lange auf Materialien mit solchen Eigenschaften, erzählt Marc Behl, Chemiker am Helmholtz-Zentrum Geesthacht in Teltow. Die dürften schon bald Realität werden.

2013 gelang Behl und seinem Chef Andreas Lendlein ein Durchbruch: Beide stellten erstmals einen Kunststoff vor, der sich zwischen zwei Formen hin- und herschalten lässt. Dazu nutzen sie eine Substanz, die Polyethylenvinylacetat heißt und auch in Klebstoffen oder Schuhsohlen steckt. Darin bauten sie zwei Typen von Molekülketten ein. Die einen verleihen ihm Stabilität, und die anderen sorgen dafür, dass er sich entlang vorgegebener Richtungen bewegt.

Während sich bei Gedächtnismaterialien die Form bisher oft bei einer definierten Temperatur ändert, passiert das beim neuen Kunststoff nach und nach in einem breiten Bereich zwischen 25 und 70 Grad Celsius. Behl und Lendlein haben eine Mini-Jalousie aus dem Material gebaut, deren Lamellen sich allmählich öffnen, je wärmer es wird – ganz ohne die sonst üblichen Rückholfedern. Und womöglich lässt sich die Technik sogar auf ganze Fassaden übertragen, bei denen sich Fenster je nach Sonnenstand öffnen und schließen.

„Bei uns haben sich viele Industrievertreter gemeldet“, sagt Behl. In zwei bis vier Jahren rechnet er mit ersten Produkten. Auf eines hofft der begeisterte Heimwerker ganz besonders: einen Dübel, der sich bequem aus dem Bohrloch ziehen lässt, weil er die Widerhaken einklappt, sobald man ihn erwärmt. Flexibles Design eben.

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