Die Forscher berechneten außerdem, dass ein Anstieg um einen BMI-Punkt in der britischen Bevölkerung zu 3790 weiteren Fällen der zehn genannten Krebsarten führen würde. Dieser Effekt sei nicht nur bei übergewichtigen oder fettleibigen Menschen zu beobachten. Auch bei einem normalen BMI begünstige ein Anstieg des Körpergewichts das Risiko mancher Krebsarten.
Untergewichtige, also Menschen mit einem BMI von weniger als 18,5, sind ebenfalls nicht frei von jedem Risiko. Die Auswertung zeigte, dass sie ein erhöhtes Risiko für Mundhöhlen-, Speiseröhren-, Magen- und Lungenkrebs haben. Das Risiko für Frauen, nach der Menopause an Brustkrebs zu erkranken oder das Risiko für Prostatakrebs bei Männern ist dafür niedriger. Wurde die Auswahl der Personen aber auf diejenigen eingeschränkt, die nicht rauchen und es auch früher nicht taten, fielen Mundhöhlen- und Lungenkrebs wieder heraus. Diese Krebsarten werden primär durch Tabakgenuss begünstigt.
Es wurden Daten aus der britischen Clinical Practice Research Datenbank herangezogen. Betrachtet wurden rund 9 Prozent der britischen Bevölkerung – das entspricht 5,24 Millionen Menschen – die älter als 16 Jahre waren und zum Zeitpunkt der ersten Erfassung des BMI noch keine Diagnose einer Krebserkrankung erhalten hatten. Abgedeckt wurden neben dem Gewicht, Größe und diagnostizierten Erkrankungen auch weitere Lebensstil-Einflüsse wie Rauchen oder Alkoholgenuss. Von diesen 5,24 Millionen Menschen erkrankten 166.955 an einer der Krebsarten, für die ein Zusammenhang mit dem BMI vermutet wurde. Die Daten stammen aus dem Zeitraum zwischen 1987 und Mitte 2012.
Die Auswertung der Daten ist laut den Forschern die größte Untersuchung, die bislang zum Zusammenspiel von Körpergewicht und Krebs gemacht wurde. Im Gegensatz zu kleineren, früheren Studien konnten hier weitere Faktoren, die einen Einfluss auf das Krebsrisiko haben - wie Rauchen, Geschlecht oder Alter – herausgerechnet werden. Es zeigte sich, dass ein Anstieg des Körpergewichts um fünf Kilogramm pro Quadratmeter Körpergewicht bei bestimmten Krebsarten einen mehr oder weniger starken Anstieg der Erkrankungen mit sich bringt.
Der Zusammenhang zwischen dem Gewicht und vielen Krebsarten konnte so erstmals deutlich aufgezeigt werden – auch, wenn er nicht immer linear war. So zeigte sich etwa, dass das Risiko für Brustkrebs vor den Wechseljahren bei einem BMI von 22 am höchsten ist. Mit weiter steigendem BMI nahm das Risiko dann wieder ab. Ähnliche Muster fanden die Mediziner bei Haut- und Prostatakrebs.
Die unterschiedlichen Effekte des Körpergewichts bedeuten, dass verschiedenste, komplexe Mechanismen im Organismus wirken. Verschiedene Vorgänge wurden hier bereits untersucht, etwa Veränderungen im Hormonhaushalt. So ist nach heutigem Kenntnisstand zum Beispiel das weibliche Sexualhormon Östrogen in der Lage, das Wachstum von bösartigen Geschwülsten in der Brust zu fördern.
Die hochkomplexen Wechselwirkungen innerer und äußerer Einflüsse auf die Entstehung und das Wachstum von Tumoren, seien es nun Gewicht, Strahlung oder krebserregende Stoffe, benötigen weitere Forschungsbemühungen.