McKinsey-Studie Diese Innovationen entscheiden über Deutschlands Wohlstand

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Aufschwung oder Absturz?

Von den acht Entwicklungen mit dem stärksten Einfluss auf unsere Wertschöpfung haben sechs unmittelbar mit diesem Megatrend zu tun: neben dem Internet der Dinge die Automatisierung von Wissensarbeit, das mobile Internet, die Analyse riesiger Datenmengen (Big Data), die Nutzung von Software, Rechen- und Speicherkapazität in der Datenwolke (Cloud Computing) und die Sicherheit der Datennetze. Zusammen haben sie das Potenzial, 2025 ein Sechstel der gesamten hiesigen Wirtschaftsleistung auszumachen – oder sie um diesen Wert abstürzen zu lassen (siehe Tabelle).

Wo die Vernetzung die Welt erobert
Mini-Computer erobern die WeltWenn es nach dem Willen der Telekomkonzerne geht, wird es in absehbarer Zukunft nur einen Schlüssel für unser modernes Leben geben: das Smartphone und oder das Tablet. Die Mini-Computer für die Akten- oder Westentasche erfreuen sich immer größerer Popularität - vier von fünf Kunden entscheiden sich derzeit beim Kauf eines neuen Handys für die internetfähige Variante, im abgelaufenen Jahr gingen allein in Deutschland über 20 Millionen Stück über den Ladentisch. Quelle: dapd
Die massenhafte Verbreitung ermöglicht ganz neue Geschäftsbereiche: Künftig sollen etwa Mietwagenkunden mithilfe von Smartphones den Weg zu ihrem Fahrzeug finden und dieses damit öffnen. Auch beim Bezahlen an der Supermarktkasse und beim Öffnen der Haustür (wie etwa bei Sharekey) sollen zunehmend mobile Computer zum Einsatz kommen. Textdokumente, aber auch Musik und private Fotos werden in externen Rechenzentren (Cloud) abgelegt und können dort mittels stationierter Software bearbeitet und jederzeit von jedem Ort abgerufen werden. Quelle: Presse
Um die technischen Voraussetzungen zu schaffen, investieren Telekom & Co. derzeit Milliarden in den Ausbau der Cloud und der mobilen Breitbandnetze. Schließlich müssen die explosionsartig wachsenden Datenmengen transportiert werden. Die Bedrohung dieser schönen neuen Welt kommt aus dem Netz selbst: Ein Hackerangriff gilt als Horrorszenario. Quelle: dpa
Am Puls des Baggers Mit der Kraft mehrerer Hundert PS wühlt sich der riesige Schaufelbagger durch das Gelände des Tagebaubergwerks irgendwo in Südamerika. Tonnen von Geröll werden stündlich bewegt - Schwerstarbeit für die Maschine. Während der Bagger Lkw um Lkw belädt, funken Sensoren Dutzende Messdaten über Öl- und Wasserdruck, Motorleistung und Verbrauch in ein über tausend Kilometer entfernt gelegenes Rechenzentrum. Quelle: REUTERS
Dort werden die Daten gesammelt, aufbereitet, mit anderen Leistungskennziffern abgeglichen und an den Hersteller des Baggers weitergeleitet. Der kann nun rechtzeitig erkennen, wann es wieder Zeit ist für eine Wartung oder wann ein Verschleißteil ausgewechselt werden muss. Der Servicetechniker vor Ort wird rechtzeitig in Marsch gesetzt, notfalls gleich mit dem passenden Ersatzteil. Das spart Zeit und Kosten, weil das schwere Gerät nur für kurze Zeit unproduktiv im Gelände steht. Quelle: obs
Die Fernüberwachung von Maschinen, Transportunternehmen und Gütern ist unter anderem für den britischen Mobilfunkanbieter Vodafone Teil der Strategie bei der Maschinenkommunikation. Ähnlich wie beim vernetzten Auto wird für die Einsätze ein speziell für die M2M-Kommunikation entwickelter Chip eingesetzt. Er ist kleiner als die, die in jedem üblichen Mobilfunkgerät stecken, aber deutlich robuster: Der SIM-Chip entspricht Industrieanforderungen, ist fest verlötet, korrosionsbeständig, verfügt über eine längere Lebensdauer und übersteht auch hohe Temperaturschwankungen. Er funktioniert auf vielen Netzen weltweit und wird daher auch für die Überwachung von Containern eingesetzt, die rund um den Globus schippern. Quelle: dpa
Das vernetzte Heim Die Vision hat was Bestechendes: Bequem vom Sofa aus öffnet der Hausbesitzer mit Hilfe eines kleinen Flachbildschirms das Fenster im Kinderzimmer, stellt die Heizung auf moderate 22 Grad und kontrolliert, ob der Herd wirklich ausgeschaltet ist. All das und viel mehr ist heute schon möglich - und doch funktioniert diese moderne Welt des vernetzten Heims nur in Ausnahmefällen. Quelle: dapd

Große Gefahr

Momentan ist die Gefahr groß, dass das Pendel ins Negative schlägt. Auch das zeigt die Studie. Mit Ausnahme des Internets der Dinge stufen die McKinsey-Analysten die Wettbewerbsstärke Deutschlands in den anderen Feldern mäßig bis niedrig ein.

Den Grund für die Schwäche verrät der Blick auf die sechs entscheidenden Kriterien, von denen abhängt, ob wir das Potenzial der digitalen Umwälzung nutzen können. Fast durchweg fehlt es dort an global führenden Mittelständlern wie an einer dynamischen Gründerszene. Auch bei der Forschung hängt Deutschland zurück. Zudem engagiert sich der Staat zu wenig; und es mangelt an aktiven Technologie-Clustern aus starken Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die zur Aufholjagd blasen würden (siehe Tabelle).

Bei vielen marktrelevanten Zukunftstechnologien schwächelt Deutschland

Staatl.

Unter-

stützung

Weltklasse

Forschungs-

institute

Aktive

Techn.-

Cluster

Dynam.

Gründer-

szene

Mittel-

ständische

Welt-

markt-

führer

Technol.

führende

Konzerne

Klassenprimus

Internet

der

Dinge

++-+-+

Hoch-

leistungs-

werkstoffe

-++-++
Mitläufer

Fort-

geschrittene

Robotik

-++-+-

Alter-

native

Antriebe

++---+

Saubere

Energie

+-+--+
Nachsitzer

(Teil-)

autonomes

Fahren

-+---+
Genomik-+---+
3-D-Druck-+--+-

Energie-

speicher

+----+

Wasser-

aufbereitung

+----+

Wissens-

arbeit

-----+

Mobiles

Internet

---+--
Big Data-----+

Cloud

Computing

-----+

Cyber-

security

------

Die Fahne hoch halten wenige Konzerne. Allen voran die Walldorfer Softwareschmiede SAP, groß geworden mit ihrer Standardsoftware für die Unternehmenssteuerung. Doch Nullachtfünfzehn-Lösungen für alle verlieren rapide an Bedeutung. Deshalb investieren die Walldorfer verstärkt in maßgeschneiderte Spezialprogramme – etwa für intelligente Bohrroboter – oder in solche, die branchenspezifisch Markt- und Kundenrisiken analysieren und Gegenstrategien vorschlagen.

Riesiger Fundus

Auch der Autozulieferer Bosch oder der Logistikkonzern DHL sind inzwischen gut darin, aus ihrem riesigen Fundus an Daten profitable digitale Dienstleistungen mit Kundennutzen zu generieren. Etwa ihren Kunden eine kostensparende Lieferkette vorzuschlagen. Aber in der Breite fehle es bei vielen Managern immer noch am Bewusstsein dafür, dass Daten der wichtigste Rohstoff der digitalen Ökonomie seien und derjenige gewinne, der sie am intelligentesten nutzt, sagt Tschiesner.

Selbst in der Robotik, wo deutsche Hersteller noch den Takt vorgeben und anscheinend alles auf überlegene Mechanik und Elektronik ankommt, geraten die Gesetze des bisherigen Wirtschaftsmodells ins Wanken, erwächst den etablierten Anbietern unerwartete Konkurrenz.

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