Medikamente, Impfstoffe und Co. Was das Pflaster der Zukunft alles kann

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Transdermale High-Tech-Pflaster

Die Volkskrankheiten der Deutschen
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Die neuen Pflaster können aber weit mehr, als nur Blutungen zu stillen. Zunehmend entdecken Forscher die gesunde Haut auch als ideales Organ, um Wirkstoffe gleichmäßig und schonend in den Körper zu bringen. Ihr Instrument dafür sind High-Tech-Pflaster, die Medikamente abgeben.

Mit ihrer Hilfe lassen sich höchstkomplexe medizinische Probleme lösen, was eine ganz neue Welle von Innovationen auslöst – etwa Wirkstoffpflaster für alte, verwirrte Menschen, die sonst das Schlucken ihrer Pillen vergessen.

Dabei ist die Idee, bioaktive Substanzen und Medikamentenwirkstoffe in Pflaster zu mengen, nicht einmal neu. Hansaplast brachte schon 1928 sein erstes Chili-getränktes ABC-Wärmepflaster gegen Muskelverspannungen auf den Markt. Nikotinpflaster zur Rauchentwöhnung, Schmerz- und Hormonpflaster folgten.

Doch aktuell erleben die sogenannten transdermalen Pflaster einen regelrechten Entwicklungsschub. Wer diesen Trend am stärksten spürt, ist das mittelständische Unternehmen LTS Lohmann aus Andernach am Rhein, ein Spezialist in Sachen Pflastertechnologie.

Das weltweit gut 1.000 Mitarbeiter zählende Unternehmen besitzt über 5.000 Einzelpatente zur Pflasterherstellung und ist der unbestrittene Marktführer bei transdermalen Pflastern. LTS stellt in mehreren Produktionsanlagen im Auftrag von Pharmafirmen einen Großteil aller transdermalen Pflaster weltweit her – von Nikotinpflastern zur Rauchentwöhnung über Hormonpflaster zur Empfängnisverhütung bis hin zu Pflastern für Alzheimerkranke.

Das Alzheimerpflaster aus Andernach ist ein Verkaufsschlager

Das größte Werk steht in Andernach selbst. Dort werden bis zu 1,70 Meter breite Pflasterbahnen zuerst in riesigen Produktionshallen in eine Art Wirkstoffbad getaucht, dann über 56 Meter in einer Trocknungsanlage im Dach der Halle gezogen und dabei gelüftet und gefönt. Anschließend zerscheiden Maschinen die Bahnen in Pflastergröße und verpacken sie.

Gerade das Alzheimerpflaster aus Andernach ist ein Verkaufsschlager: Es bringt Exelon, ein Medikament gegen diese extreme Form des Vergessens, direkt über die Haut in den Körper. Vor allem bei alten Menschen, denen die Erinnerung entgleitet, ist das hilfreich: So kann die Pille nicht auf dem Nachttisch vergessen werden oder unter dem Bett liegen bleiben, wenn sie versehentlich dort hinkullerte.

Novartis, der Hersteller des Wirkstoffs Exelon, verdient glänzend mit dem Produkt. Im dritten Quartal 2012 hat das Pflaster einen Anteil von 90 Prozent am weltweiten Exelon-Umsatz von 255 Millionen Dollar erobert. Tendenz weiter steigend.

Keines der heilsamen Pflaster aus Andernach wird bisher allerdings unter LTS-Logo verkauft, sondern unter den Namen der beauftragenden Pharmaunternehmen. Das soll sich nun ändern: Seit Wolfgang Hartwig Anfang des Jahres das Ruder bei LTS übernahm, geht das Unternehmen in die Offensive. Der Manager will bei Pharmaunternehmen dafür werben, Wirkstoffe nicht länger zwanghaft in Pillen zu pressen, sondern schon zu Beginn der Entwicklung über ein Hautpflaster nachzudenken.

Dafür gibt es aus Hartwigs Sicht gute Gründe: "Man braucht viel weniger Wirkstoff, weil die Medikamente durch die Haut direkt in den Organismus gelangen." Denn wenn ein Patient ein Arzneimittel schluckt, landet es über die Pfortader zuerst in der Entgiftungszentrale des Körpers – der Leber. Die baut 80 bis 90 Prozent des Medikaments gleich wieder ab, bevor es im Körper wirksam werden kann.

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