Ethris
Dem Münchner Unternehmen Ethris könnte es gelingen, einen lang gehegten Biologentraum wahr werden zu lassen: die Reparatur von kaputten Erbanlagen, die sogenannte Gentherapie. Die Idee dahinter ist einfach: Die menschlichen Gene steuern sämtliche Prozesse im Körper – vom Wachstum bis zum Altwerden. Fehlen bestimmte Gene von Geburt an, verursacht das schwerste Erbkrankheiten. Entarten die Gene im Laufe des Lebens, ist das die Ursache von Krebs. Was läge also näher, als fehlende oder degenerierte Gene durch korrekte Laborkopien des Erbgutmoleküls DNA zu ersetzen? Praktisch erwies sich die Genreparatur jedoch als unmöglich. Denn die in den Körper gespritzten Ersatzgene lagerten sich auch an falschen Stellen im DNA-Erbgutstrang ein und lösten so selbst Krebs aus.
Zumindest eine ebenbürtige Alternative entwickeln nun Carsten Rudolph und Christian Plank, die Ethris 2009 gründeten. Sie haben einen Trick gefunden, wie sie mit speziell aufbereiteten, stabilen RNA-Molekülen Zellen steuern können, ohne Schaden anzurichten. Die RNA ist lediglich das Ableseprodukt der DNA, sozusagen eine Art Arbeitskopie von der Festplatte des Genoms. Geht hier etwas schief, entsteht trotzdem kein Krebs. Klappt alles, bauen die Zellen anhand der RNA-Anleitung aber die bisher fehlenden Proteine und Enzyme. Wenn sich die Ergebnisse aus Tierversuchen auf den Menschen übertragen lassen, könnten damit Erbkrankheiten wie etwa die Mukoviszidose geheilt werden.
PhenoQuest
Weltweit leiden über 150 Millionen Menschen an Depressionen – und vielen von ihnen helfen die bisher verfügbaren Präparate nicht. Neue Therapieansätze werden deshalb dringend gesucht. Das 2011 gegründete Münchner Startup PhenoQuest hat nun – weltweit einmalig – einen biologischen Angriffspunkt auf der Außenseite von Nervenzellen gefunden, mit dem sich die psychische Störung steuern lässt. Mit einem Biomolekül, einem sogenannten Antikörper, der an diese Zellstruktur bindet, wollen sie den Depressionen nun zu Leibe rücken.
Glycotope
Heilsame Proteine wie Antikörper gegen Krebs oder Insulin für Zuckerkranke werden in braukesselähnlichen Biofermentern von Produktionsorganismen hergestellt. In der Regel sind das gentechnisch veränderte Bakterien oder tierische Zellen etwa aus den Eierstöcken chinesischer Hamster. Alle so produzierten Proteine haben allerdings einen Schönheitsfehler: Sie tragen Zuckerreste, die typisch für Bakterien und Hamster sind, nicht aber für Menschen. Das führt zu Unverträglichkeiten bei vielen Patienten. Eine Lösung für dieses Problem hat das Berliner Unternehmen Glycotope gefunden: Das 2001 von Steffen Goletz gegründete und inzwischen über 150 Mitarbeiter starke Biotech-Unternehmen hat menschliche Blutzellen so getrimmt, dass auch sie in Biofermentern gedeihen und dabei heilsame, absolut menschentypische Proteine herstellen. Entsprechend verbesserte Varianten der Biotech-Krebsmittel Erbitux und Herceptin, die Glyotope „Biobetters“ nennt, werden bereits am Menschen getestet.
ImmunoQure
Antikörper sind im Körper natürlicherweise dafür zuständig, krankmachende Eindringlinge wie Viren oder Bakterien zu erkennen und zu eliminieren. Bei Autoimmunkrankheiten wie etwa Morbus Crohn oder Schuppenflechte richten sich diese Abwehrtruppen aber gegen den eigenen Körper und lösen dann schwerste Entzündungsreaktion auf der Haut oder im Darm aus. Das 2011 gegründete Startup ImmunoQure mit Sitz in Martinsried bei München und in Schlieren bei Zürich hat eine Suchmethode entwickelt, um gesundheitsfördernde Antikörper zu finden, die sich wiederum gegen diese überschießende Immunreaktion richten. Sie stammen aus einer kleinen Schar von Patienten, deren Körper selbst solche Antikörper gegen die Überreaktion herstellen kann. ImmunoQure beherrscht die Kunst, diese Patienten zu finden.
Protectimmun
Eine völlig neue Methode, Säuglinge von Geburt an für den Rest ihres Lebens vor Allergien zu schützen, entwickelt seit 2007 das Gelsenkirchener Unternehmen Protectimmun. Die wissenschaftlichen Grundlagen stammen aus der Ruhr-Universität Bochum und dem Forschungszentrum Borstel. Dreh- und Angelpunkt sind Studien an Kindern, die Kontakt zu Kuhställen hatten, und solchen, die keinen hatten. Da Kinder mit Stallkontakt deutlich weniger Atemwegsallergien hatten, suchten die Forscher nach einem Grund – und fanden ihn in einem harmlosen Milchsäurebakterium namens Lactococcus lactis. Das wird nun mit weiteren Immunmodulatoren in Nasentropfen verarbeitet, die dem Immunsystem von Säuglingen einen Stallkontakt vorgaukeln und sie so vor Heuschnupfen und allergischem Asthma bewahren sollen.