Ein zweites Projekt ist noch ambitionierter: Eine leitfähige Kopfkappe soll die Hirnströme von Menschen durch Elektrostimulation beeinflussen – und damit die Hirnleistung wesentlich steigern. Noch arbeiten die Körper-Knacker aber am technischen Design ihrer Thinkcap. Ist die Denkkappe erst fertig, könnte sie dem Träger wahre Geistesblitze verschaffen, hoffen Cannon und seine Mitstreiter. Wie dauerhaft und wie stark der Effekt dann sein wird, ist allerdings noch nicht klar.
Dass die Stimulation von Gehirnregionen nicht einfach ist, haben allerdings schon zahllose Forscher feststellen müssen. Auch Wissenschaftler des US-Medizintechnikherstellers Medtronic. Der Konzern ist einer der führenden Anbieter von Schrittmachern, sowohl für das Herz, aber auch für das Gehirn. Doch selbst bei zugelassenen Produkten ist nicht immer ganz klar, wie sie genau funktionieren – und warum eine tief ins Gehirn vorgeschobene Elektrode bei einem Patienten Parkinson-Symptome wie Zittern ohne Nebenwirkungen unterdrückt, beim anderen aber nicht.
Das Versuchskaninchen
So kam sich Helmut Dubiel einst vor wie ein Versuchskaninchen, als er vor zehn Jahren einen solchen Hirnschrittmacher implantiert bekam. Den Soziologie-Professor aus Frankfurt hatte die Parkinson-Krankheit ungewöhnlich früh getroffen. Mit 46 Jahren wurde sie bei ihm diagnostiziert. Damals stand er kurz davor, das renommierte Frankfurter Forschungsinstitut, das einst Adorno und Horkheimer geleitet hatten, als Direktor zu übernehmen. Doch die Krankheit, die ihn mal lähmte, mal schüttelte, machte ihn öffentlich unmöglich und ruinierte seine Karriere.
Zwar lehrte er an der Universität Gießen weiter und versuchte die Symptome mit Medikamenten zu unterdrücken. Als diese nicht mehr wirkten, ließ er sich auf jeder Seite des Körpers einen Hirnschrittmacher einsetzen. Steuerung und Batterie der Implantate wurden unter den Schlüsselbeinen platziert, die Elektroden reichen bis ins Gehirn – in einen Bereich, der für das typische Zittern und Verkrampfen von Parkinson-Kranken zuständig ist. Mithilfe von elektrischen Impulsen lassen sie sich wieder unter Kontrolle bekommen.
Er wurde unfreiwillig zum Cyborg, der mithilfe eines Schalters, der Frequenz und Stärke der Impulse verändert, sowohl seine Körperfunktion als auch seine Befindlichkeit steuern konnte. Doch das war nicht die einzige Wirkung, wie Dubiel 2006 in seinem Buch „Tief im Hirn“ schreibt.