„Sinn macht die Einnahme dann, wenn tatsächlich ein Mangel festgestellt wurde und der durch die normale Nahrungsaufnahme nicht beseitigt werden kann“, sagt Angela Clausen von der Verbraucherzentrale NRW. Doch sie warnt: Bei der Selbstmedikation könne es – insbesondere bei Verwendung mehrerer Produkte oder Nichteinhaltung der Verzehrempfehlung – zu Überdosierungen kommen. Diese wiederum könnten gesundheitsschädlich sein. Das sei vielen Verbrauchern jedoch nicht bewusst, so die Expertin. Auch seinen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten möglich.
„Der Aufklärungsbedarf ist gewaltig“, sagt Clausen. Deshalb gibt es seit Januar das Portal „Klartext Nahrungsergänzungsmittel“ der Verbraucherzentralen in Deutschland. Die Mehrzahl der Deutschen glaube eben, dass sie ihrer Gesundheit etwas Gutes tun würden. Doch aktuelle Untersuchungen zeigen: Nötig sind die Nahrungsergänzer in vielen Fällen nicht. „Die Deutschen sind nicht unterversorgt“, sagt Clausen. „Wir nehmen mit der Nahrung in der Regel auf, was der Körper braucht.“
Doch das Gefühl der Deutschen ist ein anders. Laut der Studie sind es vor allem die bis 30-Jährigen, die zu den Pillen greifen. Mehr Frauen als Männer nehmen Nahrungsergänzungsmittel. Und: Je höher der Bildungsgrad, desto stärker werden die Produkte verwendet ein. „Es ist die Sorge um die Gesundheit, vor allem aber um die Leistungsfähigkeit, die die bis 30-Jährigen zur Einnahme bringt“, sagt Clausen.
Eine weitere Gruppe, die verstärkt zu Nahrungsergänzungsmitteln greift: die über 55-Jährigen. „Die Behandlung der ersten Alterszipperlein, aber auch die Angst vor Krankheiten sind Gründe für die Einnahme der Mittel“, sagt Clausen. „Doch Nahrungsergänzungsmittel sind nicht für die Vorbeugung, Heilung oder Behandlung von Krankheiten da.“
Und doch ist es das, was viele Produktverpackungen suggerieren. Beispiel B12: Das Vitamin trägt „zur Verringerung von Müdigkeit und Erschöpfung“ oder „zu einer normalen Funktion des Immunsystem bei“ heißt es zum Beispiel auf Produktverpackungen. Wer sich also nicht normal fühlt, greift zu. Das Problem: Je nach Produkt und Hersteller liegt die B12-Menge bei 50 bis 55 Mikroramm. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt Empfehlungen für die Tagesdosierung heraus. Die liegt für B12 nur bei 3 bis 9 Mikrogramm.