Neue EU-Pläne für Impfzertifikate Status „vollständig geimpft“: Nach neun Monaten ist Schluss

Ursprünglich sollten die digitalen Impfzertifikate ein Jahr lang gültig bleiben. Nun will die EU-Kommission diese Frist deutlich verkürzen. Quelle: dpa

Weil die Schutzwirkung von Corona-Impfungen schneller nachlässt als erwartet, will die EU-Kommission die Gültigkeit von Impfzertifikaten verkürzen. Die neuen Regeln sollen vom 10. Januar 2022 an gelten.

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Die EU-Kommission will die Gültigkeit der Covid-Impfzertifikate von aktuell zwölf auf nur noch neun Monate verkürzen. Diesen Plan hat EU-Justizkommissar Didier Rynders am Donnerstagmittag in Brüssel vorgestellt. Damit reagiert die Kommission auf den laut mehrerer Studien bereits nach rund einem halben Jahr stark nachlassenden Schutz durch die bisherigen Schutzimpfungen.

Als „vollständig geimpft“ sollen nach den neuen Plänen künftig nur noch Menschen gelten, die – zusätzlich zu den bisherigen Impfdosen – noch eine weitere Auffrischungsimpfung erhalten haben. Über die Pläne der Kommission wird kurzfristig der Ministerrat beraten, das Gremium der Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer. Sofern dieser den Vorschlag akzeptiert, soll die Neuregelung spätestens zum 10. Januar 2022 wirksam werden. Bisher haben EU-Länder rund 650 Millionen Impfzertifikate ausgestellt.

„Wir berücksichtigen mit dem Vorschlag einerseits neue wissenschaftliche Erkenntnisse“, so der belgische EU-Kommissar bei der Vorstellung der Pläne. „Gleichzeitig wollen wir den EU-Staaten aber auch die Möglichkeit geben, ihren Bürgerinnen und Bürgern durch kurzfristige Booster-Kampagnen die volle Reisefreiheit zu sichern.“ Bisher garantiert eine vollständige Impfung mit ein oder zwei Impfdosen, je nach Vakzin, dass EU-Bürger innerhalb der Union reisen können – ohne Quarantäne oder Testpflicht. 

Beim Beschluss der EU-Staaten im März 2021, die sogenannten Digital Green Certificates einzuführen, war zunächst eine Gültigkeit der Zertifikate von zwölf Monaten vorgesehen – allerdings verbunden mit der Option, diesen Zeitraum im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu verkürzen oder zu verlängern. 

Ohne Booster-Impfung drohen wieder Tests und Quarantäne

Laut dem Vorschlag der Kommission würden nun auch heute als vollständig geimpft geltende EU-Bürger ohne Booster neun Monate nach ihrem letzten Impftermin wieder als ungeimpft gelten. Sie müssten sich dann bei Reisen in andere EU-Staaten erneut testen lassen oder sogar nach Grenzübertritten wieder in Quarantäne begeben. Umgekehrt sollen Zertifikate von Reisenden mit Booster zunächst unbeschränkt gültig bleiben.

„Wir wissen um die nachlassende Wirkung der Impfungen auch schon nach sechs Monaten“, so Rynders in Brüssel, „wir verstehen den Vorschlag für die Gültigkeit der Zertifikate daher als eine Art 6+3-Monats-Regelung – verbunden mit der dingenden Empfehlung an alle Menschen, sich möglichst rasch eine Boosterimpfung zu holen.“ Allerdings seien die entsprechenden Impfkampagnen noch nicht in allen Mitgliedsstaaten angelaufen, sodass die vorgeschlagene Übergangsfrist ein Kompromiss zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren sei.

Noch offen ist, wie die Verkürzung der Laufzeit, sofern sie vom Ministerrat beschlossen wird, in den Apps technisch umgesetzt wird. Derzeit lassen sich die Impfzertifikate etwa in Deutschland unter anderem in der CovPass- und der Corona-Warn-App digital hinterlegen. Die Frist, innerhalb derer ein solches Zertifikat beim Aufruf als gültig  angezeigt wird, lässt sich nachträglich per Update anpassen. Theoretisch ließe sich auch die Gültigkeit der Zertifizierschlüssel auf dem CovPass-Server verkürzen, mit deren Hilfe die digitalen Impfzertifikate der  Menschen bei der Ausstellung signiert wurden. 

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Eine entsprechende WirtschaftsWoche-Anfrage, wie der EU-Vorschlag technisch realisiert werden soll, ließ das Robert-Koch-Institut (RKI) als Herausgeber der CovPass- und der Corona-Warn-App unbeantwortet. Auch die Frage, ob die vorgeschlagene Gültigkeit der bisherigen Impfzertifikate von neun Monaten geeignet ist, die weitere Ausbreitung des Covid-Virus einzudämmen, beantwortete das RKI bisher nicht.

Update: In der Ursprungsfassung des Textes war das Datum des EU-Beschlusses zu den Green Certificates fälschlicherweise als 2020 angegeben. Wir haben das korrigiert.

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