Nobelpreis 2013 Warum die meisten Preisträger aus den USA kommen

Den Ökonomie-Nobelpreis gibt es seit 1969 - und rund 80 Prozent der bisherigen Preisträger kommen aus den USA. Auch in diesem Jahr sind die Preisträger Amerikaner. Warum eigentlich?

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Kommenden Montag wird der Name des Ökonomie-Nobelpreisträgers 2013 bekannt gegeben. Quelle: dpa

Die Kaffeesatzleser lagen wie so oft daneben. Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2013 geht an die Ökonomen Robert Shiller, Eugene Fama und Lars Peter Hansen, die im Vorfeld allesamt nicht als Favoriten gegolten hatten. Eine andere Prognose indes bewahrheitete sich: Die von der schwedischen Reichsbank gestiftete und mit rund 900 000 Euro dotierte Auszeichnung geht mal wieder in die USA. Shiller lehrt in Yale, Hansen und Fama in Chicago.

Welche Auszeichnungen es für Ökonomen jenseits des Nobelpreises gibt
Michèle Tertilt Quelle: Presse
Die Top Five in Deutschland2. IZA-Preis für ArbeitsökonomikVergeben von: Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), BonnTurnus: jährlich, nächste Verleihung: Herbst 2013Preisgeld: 50.000 EuroAktueller Preisträger: Daniel Hamermesh, Wirtschaftsprofessor an der University of Texas at Austin und dem Londoner Royal Holloway College. Das 1998 gegründete IZA vergibt seinen Preis speziell für das Fachgebiet Arbeitsmarktökonomik. Er soll laut Satzung besondere wissenschaftliche Leistungen anerkennen und einen Anreiz bieten, drängende Fragen der Arbeitsmarktpolitik zu erforschen. Das IZA lobt seinen Preis zwar in Deutschland aus, betont aber die internationale Ausrichtung. Sieger einer deutschen Universität gab es in den vergangenen zehn Jahren nicht. Dafür aber erreichten manche Preisträger später noch höhere Weihen: Dale Mortensen und Christopher Pissarides, die sich mit Suchkosten auf dem Arbeitsmarkt beschäftigen, erhielten 2005 den IZA-Preis - und fünf Jahre später den Ökonomie-Nobelpreis. Quelle: Presse
Die Top Five in Deutschland3. Bernhard-Harms-PreisVergeben von: Institut für Weltwirtschaft (IfW), KielTurnus: alle zwei Jahre, nächster Termin 2014Preisgeld: 25.000 Euro, gestiftet von der Förderungsgesellschaft des IfWAktueller Preisträger: Gene Grossman (Princeton University, Fachgebiet Außenhandelsökonomie)  Die nach IfW-Gründer Bernhard Harms benannte Auszeichnung gibt es bereits seit 1964, die Auswahl trifft ein eigenes Kuratorium. Geehrt wird eine Person, die "sich durch hervorragende Leistungen auf dem Gebiet weltwirtschaftlicher Forschung ausgezeichnet hat oder die durch ihre Tätigkeit in der Wirtschaftspraxis einen herausragenden Beitrag zur Förderung weltwirtschaftlicher Beziehungen geleistet hat". Quelle: Presse
Die Top Five in Deutschland4. Weltwirtschaftlicher PreisVergeben von: Institut für Weltwirtschaft, Stadt Kiel, IHK Schleswig-HolsteinTurnus: jährlich, nächster Termin: 2014Preisgeld: undotiertAktuelle Preisträger: Gro Harlem Brundtland, Joseph Stiglitz, Mohammed Ibrahim Hier dürfen auch Nicht-Ökonomen hoffen, denn den weltwirtschaftlichen Preis des IfW gibt es gleich dreimal. Ausgezeichnet werden je ein Ökonom, ein Unternehmer und ein Politiker. Voraussetzung: Sie haben dazu beigetragen, "die großen wirtschaftlichen Herausforderungen durch kreative Problemlösungen zu bewältigen." Quelle: dpa
Die Top Five in Deutschland5. Deutsche Bank Prize in Financial EconomicsVergeben von: Centre for Financial Studies der Universität Frankfurt, Stiftungsfonds Deutsche BankTurnus: alle zwei Jahre, nächster Termin: voraussichtlich September 2015Preisgeld: 50.000 DollarAktueller Preisträger: Raghuram Rajan (University of Chicago, Zentralbankchef von Indien) Dieser Preis ehrt international anerkannte Forscher, deren Arbeit erheblichen Einfluss auf die Finanzwissenschaft hatte. Der Preisträger muss bahnbrechende Fortschritte in der theoretischen und praktischen Wirtschaftsforschung erzielt haben, so die Ausschreibung. 4000 Professoren weltweit können Kandidaten vorschlagen, eine Jury stimmt über den Sieger ab. Die Organisatoren haben den Ehrgeiz, ihren Preis zu der nach dem Nobelpreis wichtigsten Auszeichnung für Ökonomen zu machen. Zur Preisverleihung findet stets ein großes wissenschaftliches Symposium statt. Quelle: Presse
Die Top Five international1. John Bates Clark MedalVergeben von: American Economic Association (AEA)Turnus: jährlich, nächster Termin: Frühjahr 2014Preisgeld: undotiert, Verleihung einer MedailleAktueller Preisträger: Raj Chetty (Harvard University) Ihr Spitzname ist "Baby Nobel": Die seit 1947 vergebene John Bates Clark Medal gilt nach dem Nobelpreis als prestigeträchtigste Auszeichnung für Ökonomen - und dies, obwohl nur Wirtschaftswissenschaftler unter 40 Jahre in die Auswahl kommen. Potenzielle Preisträger müssen in den USA forschen (es können also auch Ausländer gewinnen) und "einen signifikanten Beitrag zum ökonomischen Denken und Wissen" geleistet haben. Ein Nachwuchspreis also, aber einer auf höchstem wissenschaftlichen Niveau: Über ein Drittel der bisherigen Preisträger erhielt später den Nobelpreis, zuletzt Paul Krugman (2008). Unter den Medaillenbesitzern finden sich so illustre Namen wie Paul Samuelson, Milton Friedman und Robert Solow; auch WirtschaftsWoche-Kolumnist Martin Feldstein hat die Medaille im Schrank. Quelle: Presse
Die Top Five international2. Yrjö-Jahnsson AwardVergeben von: Yrjö-Jahnsson FoundationTurnus: alle zwei Jahre, nächste Verleihung: 2015.Preisgeld: 18.000 EuroAktueller Preisträger: Hélène Rey, Thomas Piketty Der Yrjö-Jahnsson Preis gilt als renommiertester europäischer Wirtschaftspreis. Er wird an einen europäischen Ökonomen unter 45 Jahren verliehen, der einen bedeutenden Beitrag zur theoretischen oder angewandten ökonomischen Forschung in Europa geleistet hat. Den Preis vergibt die Yrjö Jahnsson Foundation  seit 1993. Nominiert werden die Gewinner von Mitgliedern der European Economic Association. 2011 konnte der Deutsche Armin Falk von der Universität Bonn den begehrten Preis gewinnen. Quelle: Presse

Den ersten Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielten ein Norweger (Ragnar Frisch) und ein Niederländer (Jan Tinbergen). Danach folgt eine beeindruckende Reihe von US-Amerikanern, nur sporadisch unterbrochen von Europäern und Asiaten. Von den 27 letzten Nobelpreisträgern lehrten 26 an einer US-Universität. Der Exot dazwischen war der zypriotische Wachstums-und Arbeitsmarktexperte Christopher Pissarides (2010) von der London School of Economics. Den einzigen Nobelpreis an einen deutschen Ökonomen gab es vor fast 20 Jahren: 1994 durfte sich der Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten feiern lassen.

Woher kommt die wissenschaftliche Dominanz der amerikanischen Ökonomen?  Es liegt wie so oft am Geld - aber auch am gesellschaftlichen  Stellenwert der Volkswirtschaftslehre. Die Bedeutung von Sozialwissenschaften wie der Ökonomie ist in den USA weitaus größer als in Europa. Daher fließen auch mehr finanzielle Mittel in die Forschung. "Wenn  die Europäer ihre VWL-Lehrstühle nicht endlich besser ausstatten, wird sich an der US-Dominanz auf Jahrzehnte nichts ändern", kritisierte der Aachener Ökonom Rüdiger Bachmann, der viele Jahre in den  USA geforscht und gelehrt hat, bereits im vergangenen Jahr. Kurz darauf ging der Nobelpreis an die US-Amerikaner Alvin Roth und Lloyd Shapley.

An deutschen Hochschulen liegt der Fokus vor allem auf den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Die Volkswirtschaftslehre wird hingegen vielerorts eher stiefmütterlich behandelt.

Immerhin: Wer mit Ökonomen über Geheimtipps für die diesjährige Preisvergabe spricht, hört zumindest den Namen eines deutschsprachigen Wissenschaftlers - Ernst Fehr, seit 1994 Professor für Mikroökonomik und Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich.

Der Österreicher ist der meistzitierte deutschsprachige Ökonom und Pionier der Verhaltensökonomie, die sich bei der Analyse wirtschaftlichen Verhaltens auch der Erkenntnisse benachbarter Wissenschaftsdisziplinen wie Psychologie und Biologie bedient. Mit Laborexperimenten und Feldstudien wies Fehr nach, dass die Annahme streng rationalen Verhaltens der Menschen, die den meisten ökonomischen Theorien zugrunde liegt, nicht zu halten ist. Statt dessen spielen laut Fehr auch Faktoren wie Fairness, Altruismus und Reziprozität eine wichtige Rolle bei ökonomischen Entscheidungsprozessen.

Ist das preiswürdig? Am Montag, 13 Uhr, wissen wir mehr.

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