Nobelpreis Entscheidung mit Fragezeichen

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Forderung nach politischem Signal

Gleichwohl ist Kritik an der Auswahl des Nobel-Komitees erlaubt. Mit Thaler gewinnt SCHON WIEDER ein Amerikaner - dabei stellten US-Ökonomen schon vorher über zwei Drittel aller Preisträger. Der Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte sieht die erneute Vergabe an einen US-Ökonomen sogar „als Warnzeichen für den Wissenschaftsstandort Deutschland.“

Zudem ist es SCHON WIEDER ein Mann. Seit die Schwedische Reichsbank 1969 den Preis stiftete, hat ihn erst ein einziges Mal eine Ökonomin erhalten, Elinor Ostrom im Jahr 2006. Den ersten Punkt mag man noch als logische Folge der US-Forschungsdominanz in den Wirtschaftswissenschaften interpretieren, für die das Nobelpreiskomitee nichts kann. Der zweite Punkt hingegen ist angesichts der vielen mittlerweile auf höchstem Niveau forschenden Ökonominnen ein Ärgernis.

Auch inhaltlich darf an der Wahl des Preiskomitees herumgemäkelt werden. Angesichts der weltweit zunehmenden politischen Attacken auf Markwirtschaft und offene Märkte wäre es ein starkes politisches Signal gewesen, entgegen dem Zeitgeist einen Vorkämpfer für wirtschaftliche Freiheit auszuzeichnen. Thaler gilt als Anhänger eines – wenn auch sanften - staatlichen Paternalismus. In seinem Buch „Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth and Happiness“ entwickelte er 2008 mit seinem Kollegen Cass Sunstein das Konzept des „Nudging“, das in der Politik auf großes Interesse stieß. Es geht darum, wie man durch staatliche „Schubser“ die Menschen zu einem sozial, ökologisch oder politisch erwünschten Verhalten bringen kann.

An diesem Punkt geht dann auch ifo-Chef Fust ein Stückchen auf Distanz zum neuen Nobelpreisträger, denn er weiß: „Kritiker halten politische Eingriffe dieser Art für Bevormundung.“

Die Nobelpreisträger des Jahres 2017

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