
Für Parkinson-Patienten ist ein Hirnimplantat oft die letzte Rettung, wenn Medikamente die fortschreitende Zerstörung ihrer Nervenzellen im Gehirn nicht mehr aufhalten können. Schon seit fast 20 Jahren setzen Neurochirurgen solchen Menschen dann kleine Elektroden mitten ins Gehirn. Denn die elektrischen Impulse, die die Elektrode abgibt, bringen wieder Ordnung ins Gehirn und lindern so die typische Symptome der sogenannten Schüttellähmung. Das Zittern, Verkrampfen oder Einfrieren des Erkrankten hat ein Ende.
Allerdings funktionieren die Sonden bisher nicht immer optimal, haben Nebenwirkungen und verändern mitunter die Persönlichkeit des Kranken. "Ich kam mir vor wie ein Versuchskaninchen", kritisiert beispielsweise der Frankfurter Soziologie-Professor und Hirnschrittmacher-Träger Helmut Dubiel.
Mit vielen der unerwünschten Effekte könnte jetzt bald Schluss sein, denn das Schweizer Unternehmen Aleva Neurotherapeutics aus Lausanne hat eine neue Sonde für die tiefe Hirnstimulation entwickelt, die sich viel präziser steuern lässt und die ihre Impulse nur in eine Richtung abgibt. Solch eine Sonde wünschen sich Hirnchirurgen schon lange, um die Neurostimulation im Gehirn auch sicher und wirksam für andere Erkrankungen wie etwas Depressionen anwenden zu können.
Mensch 2.0 - Welche Techniken und Implantate uns besser leben lassen
Ein Mikrochip im Innenohr (38.000 Euro) lässt Taube wieder hören.
Hirnschrittmacher (ab 31.000 Euro) senden elektrische Impulse ins Gehirn, um epileptische Anfälle, das Zittern von Parkinson-Kranken und Depressionen zu heilen.
Ein Chip erfasst Nervenreize. Denkt ein Proband "Greifen", kann er eine Prothese fernsteuern.
Werden kleine Magnete unter die Haut der Fingerkuppen implantiert (200 Euro), können Menschen elektromagnetische Felder wahrnehmen.
Mit einer vollelektronischen Orthese (60.000 Euro) können Menschen gelähmte Gliedmaßen wieder benutzen.
Mikroelektronik in modernen Prothesen (30.000 bis 40.000 Euro) kontrolliert und steuert innerhalb von Millisekunden die Position des Kunstbeins beim Gehen, Rennen oder Treppensteigen.
Mit superleichten Karbonfedern (8.000 Euro) spurten Sportler besser als mit normalen Fußprothesen.
Implantate nahe dem Rückenmark (etwa 20.000 Euro) stoppen die elektrischen Nervensignale - und damit das Schmerzempfinden.
Elektronische Schrittmacher kontrollieren die Funktion von Magen, Blase und Darm (ab 14.400 Euro).
Der Brustmuskel wird in mehrere Segmente unterteilt, mit denen Arm und Kunsthand präzise gesteuert werden (60.000 Euro).
Schrittmacher (ab 5.100 Euro) und implantierbare Defibrillatoren (ab 15.500 Euro) halten geschädigte Herzen mit elektrischen Impulsen auf Trab.
Exakt geschliffene Kunststofflinsen (je 3.000 Euro) heilen den grauen Star. So erreichen viele Patienten anschließend 180 Prozent Sehschärfe.
Blinde können mit einem Computerchip (73.000 Euro ohne Operation), der in die Netzhaut implantiert wird, wieder sehen. Eine Kamerabrille überträgt Bilder zum Chip, der das Signal an den Sehnerv weiterleitet. Der Akku am Gürtel liefert den Strom.
Bisher beherrscht den Markt für Hirnsonden fast ausnahmslos das US-Medizintechnik-Unternehmen Medtronic. Boston Scientific and St-Jude Medical.
Aleva hat die Technologie, die am Microsystems Laboratory der Ecole polytechnique fédérale de Lausanne erfunden wurde, bereits an einigen Patienten für ganz kurze Zeit während ihrer Hirnoperation getestet, bei der sie eine klassische Sonde eingesetzt bekamen. Nach dem Test mussten die Operateure die neue präzise Sonde namens "directSTIM" aber wieder entfernen, weil sie noch keine Zulassung als Medizinprodukt hat.
Damit sich das schnell ändert, fördert die Michael J. Fox-Foundation des an Parkinson erkrankten Filmstars das Aleva-Projekt jetzt 180.000 Dollar. Mit dem Geld wird Aleva die notwendigen klinischen Studien an Patienten finanzieren, die nun schnell anlaufen sollen. Aleva-Gründer und CTO André Mercanzini ist sich sicher, dass sein Unternehmen mit dieser Finanzspritze auf jeden Fall den europäischen Markzugang erreichen kann.