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Plutoniummangel Nasa geht der Atomtreibstoff aus

Der Marsrover "Curiosity" wird von einem Plutonium-Generator angetrieben. Doch der Vorrat an dem radioaktiven Material geht zur Neige, künftige Missionen sind in Gefahr.

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Curiosity kommt in die Jahre
März 2017Curiosity hat inzwischen deutliche Abnutzungsspuren. Ein Routine-Check der Reifen im März zeigt, dass es am linken mittleren Reifen zwei Brüche der sogenannten Stege im Profil gibt. Der Rover hat während seiner Reise über den Roten Planeten inzwischen etwa 16 Kilometer zurückgelegt. Curiosity-Projektmanager Jim Erickson sagte, alle sechs Reifen hätten trotz der sichtbaren Schäden noch genug Lebenszeit, um den Rover zu allen geplanten Orten zu bringen. Die regelmäßige Überwachung der Reifen wurde eingeführt, nachdem die Forscher im Jahr 2013 deutlich mehr Dellen und Löcher in den Rädern entdeckt hatten, als erwartet worden war. Tests auf der Erde hatten gezeigt, dass der Bruch von drei Stegen zeigt, dass etwa 60 Prozent der Lebenserwartung des Reifens erreicht sind. Curiosity hat aber bereits deutlich mehr als diesen Anteil an der geplanten Strecke zurückgelegt. Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS
US-Präsident Barack Obama verlässt das Weiße Haus - und auch Curiosity verabschiedet sich. Quelle: Screenshot
Mars: Curiosity untersucht Meteoriten Quelle: NASA, JPL-Caltech, LANL, CNES, IRAP, LPGNantes, CNRS, IAS, MSSS
September 2016Die Kuppen und herausstehenden Felsen aus Schichtgestein am Mount Sharp entstanden wohl aus von Wind abgelagertem Sand. Sie erinnern stark an Wüstenlandschaften auf der Erde, etwa im Grand Canyon oder dem Monument Valley. Quelle: NASA
September 2016Der Rover sendet neue Fotos vom Mars: Im Hintergrund der Aufnahme ist der Rand des Gale-Kraters zu sehen, in dem Curiosity seit 2012 aktiv ist. Geologisch ist die Region besonders interessant, da sie die Untersuchung zahlreicher Gesteinsschichten ermöglicht. Der etwa fünf Kilometer hohe Mount Sharp liegt in der Mitte des Gale-Kraters. Quelle: NASA
Juli 2016Curiosity kann jetzt seine eigenen Ziele für die Laser-Analyse auswählen. Bisher wurden diese von der Erde aus anhand von Fotos ausgewählt. Die Wissenschaftler auf der Erde werden dadurch aber nicht ersetzt: Die neue Funktion soll vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn die Nasa-Forscher anderweitig beschäftigt sind. Curiosity sendet auch nicht ständig Bilder, sondern am Ende seiner Wegstrecken. Bisher könnten wichtige Objekte auf Fahrten daher übersehen worden sein. Quelle: NASA
Curiosity: Mars hatte wahrscheinlich einst eine sauerstoffreiche Atmosphäre Quelle: dpa

Die Mission der US-Weltraumbehörde NASA, den weitgehend autonomen Rover „Curiosity“  auf den Mars zu schicken, war ein weiterer großer Schritt. Um das bislang schwerste, von Menschen geschaffene Objekt sicher auf die Marsoberfläche zu bringen, war ein ganz neues Landemanöver nötig.

Der Rover ist ein rollendes Labor und prüft derzeit seine zehn wissenschaftlichen Instrumente an Bord, darunter das Probenanalyse-Modul SAM und das Chemielabor CheMin.

In dieser Woche hat Curiosity auch die erste Testfahrt durchgeführt. Statt mit Solarzellen, die viel Zeit zur Energieerzeugung benötigen, wird der Rover dabei mit Plutonium angetrieben  – ein hoch giftiges, radioaktives Schwermetall, das in der Natur nicht vorkommt. Damit sich der Mars-Rover selbst Energie liefern kann, hat er einen Radioisotopen-Generator an Bord, welcher Plutonium enthält.

Die NASA-Ingenieure haben 3,6 Kilogramm Plutonium-238 mit einer Halbwertszeit von 88 Jahren verwendet. Bei Zerfall des Elements setzt es Wärme frei, die anschließend zu Stromerzeugung genutzt wird – diese Technologie hat sich bewährt. 2,5 Kilowattstunden pro Tag erzeugt „Curiosity“.

Russland liefert kein Plutonium mehr

Doch genau das macht der NASA Sorgen: Für künftige Missionen muss nach derzeitigem Stand nämlich eine andere Lösung für den Antrieb gefunden werden. Denn seit 1988 haben die USA kein Plutonium-238 hergestellt. Es ist eine andere Variante, als das für Bomben genutzte Plutonium-239.

Bisher lieferte Russland das nötige PU-238, doch der Vertrag wurde nicht verlängert. Jetzt stehen nach Expertenschätzungen nur noch wenige Kilogramm zur Verfügung, welche nur noch für eine weitere Mission ausreicht.

„Ohne einen Neubeginn der Plutonium-238 Produktion ist es unmöglich nach dieser Dekade bestimmte Weltraummissionen durchzuführen“, warnten Wissenschaftler in der Studie „Vision and Voyages for Planetary Science in the Decade 2013-2022“.

Die spektakulären Mars-Bilder
Mars-Ansicht Quelle: AP
NASA-Chef Charles Bolden glaubt fest an die Existenz außerirdischen Lebens. „Wir hoffen wirklich, Leben auf dem Mars zu entdecken“, sagte der Administrator der US-Luft- und Raumfahrtbehörde der „Berliner Zeitung“. Immerhin sei belegt, dass es die Voraussetzungen für Leben, zum Beispiel Wasser, auf dem Mars gebe. Er habe zwar als Astronaut noch nie einen Alien gesehen. „Trotzdem glaube ich fest daran, dass es außerirdisches Leben gibt - vor allem angesichts der unendlichen Größe des Universums, in dessen Tiefe wir nicht ansatzweise vorgedrungen sind“, sagte Bolden. Erkenntnisse darüber soll vor allem der Rover "Curiosity" bringen, der am 6. August auf dem Mars landete. Dies ist eine der ersten Aufnahmen des Rovers. Quelle: dpa
Dieses Bild hat die Sonde Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommen, es zeigt "Curiosity" am Landefallschirm etwa 16 Meter vor der Oberfläche. Quelle: REUTERS
Hier sieht man sein wesentliches Ziel: den Mount Sharp, wo das Fahrzeug nach Spuren von Leben suchen soll. Quelle: REUTERS
„Curiosity“ hat auch deutsche Technik an Bord: Das Messgerät „Made in Kiel“ ist etwas kleiner als ein Schuhkarton und nur gut anderthalb Kilo schwer. Der sogenannte Radiation Assessment Detector verbraucht weniger Strom als eine Energiesparlampe, seine Aufgabe: Verschiedene Arten von Strahlen zu messen. Die Kieler Universität habe nun eine Außenstelle auf dem Mars, freute sich der Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Wolfgang J. Duschl. Quelle: REUTERS
NASA-Testfahrzeug Quelle: rtr
Panoramabild Mars Opportunity Quelle: NASA

Bereits 2010 gab es eigentlich einen Plan, zur Wiederaufnahme der Produktion, doch seither streitet die Politik über die Freigabe der Gelder. Viele Parlamentarier aus Washington sehen es nicht ein, Subventionen, die eigentlich für die Atomforschung gedacht sind, der NASA bereitzustellen. 

Aus  Prognosen ergibt sich eine Zahl von 150 Millionen Dollar, die für eine weitere Produktion investiert werden müssten. Bis neues PU-238 produziert werden kann, sind jedoch fünf Jahre Vorarbeit nötig, dann könnten nach den Planungen bis zu zwei Kilogramm pro Jahr hergestellt werden.

Eine weitere Möglichkeit, um die Produktion von PU-238 zu finanzieren, ist die Privatisierung. Auch darüber wird bereits diskutiert, fertiges Plutonium würde dann direkt an die NASA für sechs Millionen Dollar pro Kilogramm geliefert werden - weniger als die Russen verlangen. Allerdings ist es umstritten, das brisante Material in die Hände von Privatunternehmen zu geben.

Auch so ist der Einsatz nicht unumstritten. Vor verschiedenen Starts von Weltraummissionen mit Radioisotopen-Generatoren an Bord gab es Protestaktionen. Allerdings soll PU-238 im Gegensatz zur Bombenvariante nicht explodieren. Zudem wird das radioaktive Plutonium nach Angaben der NASA seit 1964 nicht mehr als Pulver sondern nur noch als Oxid hergestellt und zu einer Art Keramik verarbeitet. In einem Extremfall, beispielsweise einer Explosion oder dem Verglühen eines Raumschiffs, soll der Stoff daher in relativ große und sichtbare Splitter zerfallen, die nicht inhalierbar seien.

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