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Private Marsmission Schafft es Mars One zum Roten Planeten?

Mars One hat ein revolutionäres Ziel: Schon 2027 sollen die ersten Menschen den Roten Planeten besiedeln. Aber wie realistisch ist das Projekt wirklich? Ein Faktencheck.

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So stellt sich Mars One die Marsmission vor
Die Siedlung, die Mars One auf dem Roten Planeten plant, soll aus so oder so ähnlichen Dragon-Modulen bestehen. Die ersten Astronauten sollen die Quartiere aufbauen, die nach den Vorstellungen von Mars One relativ geräumig sind. Demnach sollen sie eine Innenfläche von 200 Quadratmetern haben - pro Person 50 Quadratmeter. Quelle: PR
Die Zeichnung des dänischen Architekten Kristian von Bengtson ist ein Entwurf für das geplante Design für die Marssiedlung "Outpost Alpha". Quelle: PR
So stellt sich Mars One die gesamte erste Siedlung vor, die sich die ersten vier Astronauten aufbauen sollen, wenn sie als erste Menschen auf dem Mars gelandet sind. Sie sollen dann zwei Rover zur Verfügung haben, um den Aufbau durchzuführen. Strom soll mithilfe von Solarzellen erzeugt werden. Quelle: PR
Wie eine kleine, futuristische Studentenbude könnte man meinen: Schlafräume, Arbeitsräume, einen Gemeinschaftsraum soll es geben - und natürlich einen Raum, um Pflanzen anzubauen. Auch duschen können sollen die Marssiedler ganz normal und in der Küche kochen - aber eben entsprechend die geringe Auswahl an Pflanzen, die sie selbst anbauen können. Da man laut Mars One sogar normale Kleidung tragen können soll, verspricht die private Stiftung ihren Astronauten-Anwärtern ein recht typisch normales Leben - innerhalb der eigenen vier Wände zumindest. Quelle: PR
Laut Mars One sind Pflanzen in großen Mengen aus zwei Gründen wichtig für die Siedler: als Nahrung und zur Sauerstoffproduktion. Die Sauerstoffgewinnung soll so funktionieren: Aus echten Pflanzen werden sogenannte Chloroplasten – die Zellen zuständig für die Photosynthese – genommen und mit Seidenprotein kombiniert. Dadurch entstehe ein Prozess, der mit der Photosynthese vergleichbar ist. Mithilfe dieses „Blattes“, Wasser und Licht soll also auch auf dem Mars – außerhalb der Erdatmosphäre – Sauerstoff produziert werden können. Nach jetzigem Stand würde die Nahrung, wenn selbst auf dem Mars produziert, vor allem aus Hülsenfrüchten bestehen, da die sich wohl abgewandelt gut heranzüchten lassen. Quelle: PR
Längerfristig gedacht, könnten die Gewächsanlagen laut Mars One dann etwa so aussehen, denn die winzigen Kabinen würden nicht ausreichen - schließlich soll die Siedlung laut Mars Ones Plänen ja zeitnah dann auch wachsen. Transportmittel wären entsprechende Rover, wie der im Bild, die für Expeditionen zu Forschungszwecken rausfahren würden. Quelle: PR
Regelmäßige Lieferungen soll es nach den Plänen der Mars One nicht geben. Die Siedlung soll autark funktionieren. Über einen Satelliten in der Umlaufbahn des Mars' soll der ständige Kontakt zur Erde allerdings gewährleistet werden. Der soll ein Jahr vor den Siedlern zum Mars geschossen werden. Quelle: PR

Nach dem Mond kommt der Mars. Bislang verfolgte die Menschheit lediglich mit, wie Mars-Rover Curiosity Bilder, Zahlen und Fakten vom Roten Planten schickte. Doch die Pläne, Menschen selbst zum Mars zu schicken, werden konkreter.

Während die NASA seit Jahrzehnten forscht, aber noch immer kein Datum nennt, und auch millionenschwere Unternehmer wie Elon Musk an eigenen Missionen tüfteln, prescht eine private Stiftung aus den Niederlanden voran. Mars One will schon in wenigen Jahren zum Mars fliegen und den Planeten sogar besiedeln. Für den Flug ins Ungewisse haben sich angeblich mehr als 200.000 Menschen beworben - obwohl die Rückkehr ausgeschlossen ist.

Das Mars-One-Projekt ist umstritten. Wie es sich finanzieren soll, ob das technische Wissen dafür überhaupt ausreicht und was die potenziellen Marssiedler erwarten wird, ist heiß diskutiert. Der WiWo-Faktencheck prüft, ob die niederländische Vision von Menschen auf dem Mars realistisch oder bloß eine Träumerei ist.

Die Kosten

Der Start des privaten Projekts wurde zunächst mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne bei Indiegogo finanziert und so weltweit bekannt.

Erfolgreich sammelte Mars One von 8151 Unterstützern mehr als 313.000 Dollar ein. Ob es Sponsoren gibt und welche es sind, darüber sagt die Stiftung öffentlich wenig. Zum „Mars Business Club“, der unterstützende Firmen nennt, zählen jedenfalls vor allem kleine Unternehmen aus der Medienwelt – darunter Sonic Voyage (eine niederländische Filmproduktion) oder byte (ein niederländischer Webhosting-Provider). Die großen Global Player, die wirklich finanziellen Rückhalt liefern könnten, fehlen – oder werden zumindest nicht genannt.

Weitere Einnahmequelle sind Spenden und der Mars-One-Fanshop. Außerdem soll ein Fernsehprojekt zur Goldgrube werden. Kameras sollen nämlich die gesamte Mission medial begleitet. Während die Mars-One-Macher von einer wissenschaftlichen Reportagereihe sprechen, nennen Kritiker die Idee gerne „Mars-Big-Brother“ – vor allem weil zunächst eine Tochter des Big-Brother-Erfinders Endemol für das TV-Projekt an Bord war.

So plant die Mars-One-Stiftung

Sechs Milliarden Dollar soll es laut Mars One kosten, die ersten vier Astronauten auf den Mars zu fliegen – inklusive vorausgegangener Ausgaben für die Vorbereitungen und Materialsendungen zum Roten Planeten.

Viele Experten glauben, dass Mars One mit dieser Schätzung vollkommen daneben liegt. Um die Kosten für Raketen, Siedlungsbau und Versorgungstechnik aufzubringen, sei ein Vierfaches nötig. „Wenn man das hochrechnet, dann liegen die Kosten weit über den sechs Milliarden für die Infrastruktur und man liegt auch weit hinter dem Zeitplan“, sagt Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Die NASA etwa geht davon aus, dass ein solches Projekt bis zur Landung der ersten Marssiedler mehr als das Zehnfache des von Mars One angesetzten Betrags kosten dürfte. Eine Studie der Weltraumbehörde von 2009 beziffert die Kosten für eine bemannte Marsmission auf 100 Milliarden Dollar.

Mars-One-Geschäftsführer Bas Landsdorp begründet die Differenz mit einem entscheidenden Detail der Mission: Die NASA berechne eine Rückreise mit ein. „Wenn eine Rückkehr zur Erde geplant ist, müssen viel größere Raketen gebaut und mehr Technik entwickelt werden – etwa ein System um vom Mars aus zu starten.“ Der Verzicht auf den Rückflug mache die Mars-One-Mission einfacher und günstiger. „Das macht unsere Pläne überhaupt erst möglich“, so Landsdorp. „Sowohl in Bezug auf das Risiko, das Finanzielle, aber auch in Hinsicht auf die Technologie.“

Das sehen viele Experten anders. Darunter auch Jaumann: „Wenn Sie unbemannt eine anständige Landemission zum Mars bringen wollen, dann kostet das heute drei Milliarden und ich glaube nicht, dass man Menschen gerade einmal für das Doppelte dort hinbringen kann.“

Selbst wenn Mars One der Kosten-Coup gelingt: Auch die veranschlagte Summe ist trotz Crowdfunding, Spenden, Sponsoren und PR-Lawinen noch immer nicht zusammen gekommen. Das hat bereits massive Auswirkungen auf den Zeitplan.

Ursprünglich sollte die erste Crew 2025 auf dem Mars landen. Weil die aktuelle Finanzierungsrunde allerdings nicht so schnell erfolgreich war, wie gehofft, wurde dieser Termin bereits verschoben – auf 2027. Einen Finanzierungsabschluss gab es noch immer nicht, räumt Mars One ein. Aber bis zum Sommer soll die Finanzierung gesichert sein, sagt Mars-One-Chef Landsdorp.


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