




Nach dem Mond kommt der Mars. Bislang verfolgte die Menschheit lediglich mit, wie Mars-Rover Curiosity Bilder, Zahlen und Fakten vom Roten Planten schickte. Doch die Pläne, Menschen selbst zum Mars zu schicken, werden konkreter.
Während die NASA seit Jahrzehnten forscht, aber noch immer kein Datum nennt, und auch millionenschwere Unternehmer wie Elon Musk an eigenen Missionen tüfteln, prescht eine private Stiftung aus den Niederlanden voran. Mars One will schon in wenigen Jahren zum Mars fliegen und den Planeten sogar besiedeln. Für den Flug ins Ungewisse haben sich angeblich mehr als 200.000 Menschen beworben - obwohl die Rückkehr ausgeschlossen ist.
Das Mars-One-Projekt ist umstritten. Wie es sich finanzieren soll, ob das technische Wissen dafür überhaupt ausreicht und was die potenziellen Marssiedler erwarten wird, ist heiß diskutiert. Der WiWo-Faktencheck prüft, ob die niederländische Vision von Menschen auf dem Mars realistisch oder bloß eine Träumerei ist.
Die Kosten
Der Start des privaten Projekts wurde zunächst mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne bei Indiegogo finanziert und so weltweit bekannt.
Erfolgreich sammelte Mars One von 8151 Unterstützern mehr als 313.000 Dollar ein. Ob es Sponsoren gibt und welche es sind, darüber sagt die Stiftung öffentlich wenig. Zum „Mars Business Club“, der unterstützende Firmen nennt, zählen jedenfalls vor allem kleine Unternehmen aus der Medienwelt – darunter Sonic Voyage (eine niederländische Filmproduktion) oder byte (ein niederländischer Webhosting-Provider). Die großen Global Player, die wirklich finanziellen Rückhalt liefern könnten, fehlen – oder werden zumindest nicht genannt.
Weitere Einnahmequelle sind Spenden und der Mars-One-Fanshop. Außerdem soll ein Fernsehprojekt zur Goldgrube werden. Kameras sollen nämlich die gesamte Mission medial begleitet. Während die Mars-One-Macher von einer wissenschaftlichen Reportagereihe sprechen, nennen Kritiker die Idee gerne „Mars-Big-Brother“ – vor allem weil zunächst eine Tochter des Big-Brother-Erfinders Endemol für das TV-Projekt an Bord war.
So plant die Mars-One-Stiftung
In diesem Jahr soll das Training für die ersten Astronauten beginnen. Dafür soll die Marssiedlung auf der Erde zu Trainingszwecken nachgebaut werden.
Die Versorgungsmission beginnt: SpaceX soll Ausrüstungsgegenstände wie zum Beispiel Solarzellen zum Mars transportieren. Auch der erste Kommunikationssatellit soll in die Umlaufbahn des Mars‘ geschickt werden.
Zwei Mars-Rover sollen auf dem Mars eintreffen. Mithilfe des ersten Rovers soll der richtige Ort für die Mars-One-Siedlung erkundet werden. Der Zweite soll die Landekapseln transportieren. Ein weiterer Satellit soll den Mars umrunden, um eine dauerhafte und stabile Kommunikation zwischen Erde und Mars zu gewährleisten.
Die ersten sechs Dragon-Module - die zukünftigen Habitate - sollen ihren Weg zum Mars machen.
Von den sechs Dragon-Module, zu denen Lebenserhaltungssysteme, Wohnkapseln, eine Lagerkapsel und ein weiterer Mars-Rover gehören, sollen vom Transport-Rover zur Siedlungsstelle gebracht und dort in Betrieb genommen werden, um die Wohnsiedlung bewohnbar zu machen.
Es soll so weit sein: Mit der SpaceX-Rakete sollen die ersten vier Kolonisten auf den Mars geschossen werden und zu den ersten Siedlern auf dem Mars werden.
Die nächsten Module werden zum Mars geschickt. Außerdem soll nach einem Jahr Reise die erste Kolonistengruppe auf dem Mars ankommen, die dann auch die Siedlung in Betrieb nehmen und die Siedlung für die nächste Gruppe Marssiedler aufbauen.
Sechs Milliarden Dollar soll es laut Mars One kosten, die ersten vier Astronauten auf den Mars zu fliegen – inklusive vorausgegangener Ausgaben für die Vorbereitungen und Materialsendungen zum Roten Planeten.
Viele Experten glauben, dass Mars One mit dieser Schätzung vollkommen daneben liegt. Um die Kosten für Raketen, Siedlungsbau und Versorgungstechnik aufzubringen, sei ein Vierfaches nötig. „Wenn man das hochrechnet, dann liegen die Kosten weit über den sechs Milliarden für die Infrastruktur und man liegt auch weit hinter dem Zeitplan“, sagt Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Die NASA etwa geht davon aus, dass ein solches Projekt bis zur Landung der ersten Marssiedler mehr als das Zehnfache des von Mars One angesetzten Betrags kosten dürfte. Eine Studie der Weltraumbehörde von 2009 beziffert die Kosten für eine bemannte Marsmission auf 100 Milliarden Dollar.
Mars-One-Geschäftsführer Bas Landsdorp begründet die Differenz mit einem entscheidenden Detail der Mission: Die NASA berechne eine Rückreise mit ein. „Wenn eine Rückkehr zur Erde geplant ist, müssen viel größere Raketen gebaut und mehr Technik entwickelt werden – etwa ein System um vom Mars aus zu starten.“ Der Verzicht auf den Rückflug mache die Mars-One-Mission einfacher und günstiger. „Das macht unsere Pläne überhaupt erst möglich“, so Landsdorp. „Sowohl in Bezug auf das Risiko, das Finanzielle, aber auch in Hinsicht auf die Technologie.“
Das sehen viele Experten anders. Darunter auch Jaumann: „Wenn Sie unbemannt eine anständige Landemission zum Mars bringen wollen, dann kostet das heute drei Milliarden und ich glaube nicht, dass man Menschen gerade einmal für das Doppelte dort hinbringen kann.“
Selbst wenn Mars One der Kosten-Coup gelingt: Auch die veranschlagte Summe ist trotz Crowdfunding, Spenden, Sponsoren und PR-Lawinen noch immer nicht zusammen gekommen. Das hat bereits massive Auswirkungen auf den Zeitplan.
Ursprünglich sollte die erste Crew 2025 auf dem Mars landen. Weil die aktuelle Finanzierungsrunde allerdings nicht so schnell erfolgreich war, wie gehofft, wurde dieser Termin bereits verschoben – auf 2027. Einen Finanzierungsabschluss gab es noch immer nicht, räumt Mars One ein. Aber bis zum Sommer soll die Finanzierung gesichert sein, sagt Mars-One-Chef Landsdorp.