Denn solch eine Selbstkontrolle scheint Motivation und Effizienz zu erhöhen. Wieso dann aber nur den Sport mittels Datenaufzeichnung verbessern, wenn es noch viel mehr Lebensbereiche gibt, die dadurch optimiert werden könnten? Das dachten sich auch die beiden Wired-Journalisten Gary Wolf und Kevin Kelly und gründeten 2007 die schon erwähnte Quantified Self (QS) Bewegung.
Bei Quantified Self, zu deutsch in etwa "sich selbst vermessen", geht es um die Aufzeichnung des eigenen Lebens. Anschließend wird versucht, diese Daten in Zahlen auszudrücken um sie vergleichbarer zu machen.
Und was ist der Zweck dieser Datensammlerei? "Erkenntnisgewinns und der Verhaltensänderung", heißt es von der Deutschen Quantified Self-Bewegung, die 2012 gegründet wurde. Florian Schuhmacher, der die Bewegung in Deutschland initiiert hat bringt es in einem Interview auf der Web-Konferenz Re:publica auf den Punkt: "Ich lerne gewisse Bereiche meines Lebens besser kennen und finde heraus, wie ich dort besser werden kann."
Der Austausch findet dabei nicht nur per Internet statt, auf sogenannten "Meetups" treffen sich die Anhänger und diskutieren ihre Verfahren der Selbstvermessung, präsentieren aber auch ihre persönlichen Erfolge, die sie durch die Umwandlung des eigenen Lebens in Zahlenstränge erreicht haben. Aber bringt das Ganze wirklich etwas? Der deutsche QS-Pionier Schumacher ist überzeugt davon wie er gegenüber der Wirtschaftswoche Online erklärt: "Zum Beispiel hat eine Anwenderin im Selbstversuch den Zusammenhang zwischen ihrer Hauterkrankung und dem Konsum von Milchprodukten identifiziert und durch Anpassung ihrer Diät eine Heilung erzielt." Eine Entdeckung, die auch für Ärzte und Pfleger von Interesse sein dürfte. Quantified Self kann also funktionieren, erfordert jedoch auch eine gewisse Passion, da die Vermessung oftmals viel Zeit in Anspruch nehmen kann, wie auch WiWo Online Chefredakteurin Franziska Bluhm jüngst im Selbstversuch erkannte. Denn schon das Eintippen von Nährwerten und Inhaltsstoffen einfacher Gerichte kann einige Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Will man komplexere Dinge, wie die eigene Präsentation in Zahlen ausdruckt wird es noch aufwendiger. Wie drücke ich den Erfolg meines Vortrags in Zahlen aus? Anhand der Dauer des anschließenden Applaus? Durch die Anzahl der Rückfragen? Das Beispiel zeigt: Selbstvermessung ist oftmals schwerer und umfangreicher als nur das Smartphone die Distanz beim Joggen messen zu lassen.
Doch nicht nur Teilnehmer der QS-Bewegung zeichnen Teile ihres Lebens auf. Wie eine aktuelle Studie des Pew Research Center’s Internet & American Life Project in den USA jüngst herausfand, zeichnen rund 70 Prozent der Amerikaner Gesundheitsindikatoren wie Bewegung, Gewicht oder Ernährung auf. Auch wenn viele der Befragten dabei angaben, sozusagen „im Kopf“ die Entwicklung dieser Parameter aufzuzeichnen, erklärten mehr als die Hälfte, dass sie dieses "Tracking" mit Stift und Papier oder ihrem Smartphone verfolgen.