Auf Riems würden die Labore technisch ständig überwacht, sagt Institutschef Mettenleiter. Auch Müll jeder Art wird von Keimen befreit: „Alle Abwässer laufen in Sammeltanks unterhalb des Labors zusammen und werden direkt im Gebäude sterilisiert, bevor sie zur institutseigenen Kläranlage gelangen“, sagt Mettenleiter. Integriert sei zudem jeweils eine Tierkörperbeseitigungsanlage: Kühe und Schweine, die für Experimente in den Laboren gehalten werden, dürfen sie nicht lebend wieder verlassen.
Wie aber schützen sich die Mitarbeiter? Auf Riems hängt das davon ab, woran sie forschen: Geht es um Tiererreger, die nicht auf den Menschen übertreten können, reichen normale Labor- und Stallkleidung für das Personal aus. Verlassen die Biologen das Labor, müssen sich sich duschen. „Getragene Kleidung aus dem Bereich und alle anderen festen Abfälle werden mit heißem Dampf sterilisiert“, erzählt Mettenleiter.
Noch härter sind die Vorkehrungen, wenn Zoonosen im Spiel sind: Erreger wie Nipah etwa, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. „Gegen einige dieser Erreger stehen weder Impfstoffe noch Therapien zur Verfügung“, sagt Mettenleiter. Das S4-Labor auf Riems, 350 Quadratmeter groß, ist noch einmal von einem Bereich der Sicherheitsstufe 3 umgeben, in dem ebenfalls Unterdruck herrscht und den man nur durch Sicherheitsschleusen betreten kann. Box-in-Box-System nennen Experten das.
Ein zweite Person passt auf
Die Mitarbeiter müssen sich also durch mehrere Schleusen in das Herz der Anlage vorarbeiten. Dort dürfen sie nicht etwa im Laborkittel eintreten: „Sie arbeiten in einem Vollschutzanzug, in den über einen Schlauch mit Sicherheitsventil gefilterte Luft strömt“, sagt Mettenleiter. „Der Anzug wird stets ein wenig über den Raumdruck hinaus aufgeblasen, so dass selbst bei einer Undichtigkeit keine Erreger eindringen können.“ Wo es möglich sei, würden Mitarbeiter etwa gegen Tollwut, Pocken, Influenza oder Sars-CoV-2 geimpft.
Auch für den Fall, dass ein Biologe im Hochsicherheitsbereich plötzlich Probleme bekommt, ist auf Riems vorgesorgt: Bei jeder Arbeit, ob im Stall oder im Labor, sind die Mitarbeiter mit einem Kollegen außerhalb des S4-Bereichs in Funkkontakt. Der soll dem Kollegen im S4-Bereich von außen assistieren und im Notfall helfen. Backup nennen die Forscher das. Verlässt ein Forscher den Sicherheitsbereich, wird der Vollschutzanzug in einer Chemiedusche desinfiziert. „Erst danach dürfen die Mitarbeiter den Anzug öffnen und ausziehen“, erzählt Mettenleiter. Für den Fall, dass sich jemand trotz aller Vorkehrungen infiziert, gibt es einen Notfallplan: Die Person wird durch einen Arzt untersucht und zügig in Quarantäne geschickt.
Sabotage nie ausgeschlossen
Bleibt noch die Möglichkeit eines Terrorangriffs – etwa ein Flugzeugabsturz mitten ins Labor. „Bei dem dann zu erwartenden brennenden Kerosin hätten selbst Viren keine Chance“, sagt Mettenleiter. Und Sabotage von innen? Das lasse sich nie mit absoluter Sicherheit ausschließen, doch das Personal werde sorgfältig ausgewählt. Und: „Der Zutritt zum S4-Zoonosen-Bereich ist nur einem eng begrenzten Personenkreis mit einem Transponder und einer zusätzlichen PIN möglich“, sagt Mettenleiter. Zudem werde der Bereich per Video überwacht.
Für „extrem unwahrscheinlich“ hält es der Institutsleiter, dass auf Riems ein Virus entweicht. „Dazu müsste es wohl zu einer unglücklichen Verkettung verschiedenster Umstände kommen.“ Die Forschung an gefährlichen Viren einfach sein zu lassen, wäre vermutlich das größere Risiko: Die Forscher wüssten dann weder, wie Sars-CoV-2 den Menschen befällt – noch wie man gegen das Virus einen Impfstoff entwickelt.
Mehr zum Thema: Corona wird nicht die letzte Pandemie sein. Deshalb entwickeln Forscher ein weltweites Frühwarnsystem, um das nächste Killervirus rechtzeitig zu finden.