Raumfahrt Herschel beendet Beobachtungsprogramm

Überraschend hat die europäische Weltraumagentur Esa festgestellt, dass das Infrarot-Observatorium wohl bald seinen Dienst einstellen muss. Über eine faszinierende Expedition in die Tiefen des Alls.

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Seit 2009 wirft das Infrarot-Observatorium der ESA seinen einzigartigen Blick ins All. Quelle: dpa

Das Infrarot-Observatorium Herschel der europäischen Weltraumagentur (ESA) hat seinen Vorrat an flüssigem Helium erschöpft. Wie die Kommunikation mit der Bodenstation vom Montag ergab, sind die Temperaturen aller Instrumente deutlich angestiegen. Für die Weltraumforscher ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass kein Kühlmittel mehr vorhanden ist. Der wissenschaftliche Teil der Mission ist damit beendet. In den mehr als dreieinhalb Jahren seit dem Start hat Herschel seinen einzigartigen Blick nicht nur auf ferne Galaxien und Sterne gerichtet. Die Mission hat auch neue und überraschende Erkenntnisse über unser Sonnensystem ermöglicht. So konnten Forscher des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS), die die Sonnensystembeobachtungen der Mission leiten, etwa mit Hartley 2 erstmals einen Kometen identifizieren, dessen Wasser dem der Erde stark ähnelt.

„Um Moleküle wie etwa Wasser, Sauerstoff und Kohlenstoffoxid in den Atmosphären von Planeten und Monden sowie in der Umgebung von Kometen aufzuspüren, muss man die ferne Infrarotstrahlung dieser Objekte untersuchen“, erklärt Dr. Paul Hartogh vom MPS, Leiter des Herschel-Beobachtungsprogramms „Wasser und verwandte Chemie im Sonnensystem“.

Die schönsten Bilder unserer Erde
Dieses Bild des NASA-Zentrums für Klimaforschung zeigt die Bewegung globaler Aerosole, also von Gas- und Schwebeteilchen, die eine wichtige Rolle für das Wetter spielen. Sie regen beispielsweise die Wolkenbildung an oder bilden Eiskristalle. Die roten Schwaden auf dem Bild stellen hierbei Nebel dar, blaue Schwaden sind Meersalz, Rauch ist grün dargestellt und Schwefel, beispielsweise aus Vulkanen, weiß. Quelle: Screenshot
Die Erde bei Nacht - ein traumhafter Anblick.
Die Dünen der Wüste wirken auf dem Nasa-Bild wie sanfte Wellen. Quelle: Screenshot
Diese rundum-Aufnahme der Erde zeigt den Salzgehalt der Meere und die Veränderungen dieses Gehalts durch Süßwasserströme. Quelle: Screenshot
Die Strömungen und Wirbel vor der amerikanischen Küste, zeigt diese Aufnahme. Quelle: Screenshot
Auf dieser Aufnahme sind Luftströmungen schematisch dargestellt. Quelle: Screenshot
Auf dieser Aufnahme ist zu sehen, wo und in welchem Ausmaß die Pole abschmelzen. Quelle: Screenshot

In diesem Teil des elektromagnetischen Spektrums hinterlassen solche Verbindungen ihre charakteristischen Fingerabdrücke. Das Infrarot-Observatorium Herschel, das erstmals den gesamten Wellenlängenbereich vom fernen Infrarot bis zum Submillimeter-Bereich abdeckt, ist somit auch für Sonnen-systemforscher von unschätzbarem Wert. Das MPS hat deshalb zum Spektrometer HIFI (Heterodyne Instrument for the Far-Infrared) maßgebliche Hardware-Komponenten beigesteuert.

So ist es den Forschern etwa gelungen, die thermisch-physikalischen Eigenschaften mehrerer kleiner Körper zu bestimmen, die jenseits der Umlaufbahn des Neptuns um die Sonne kreisen. Diese Brocken sind primitive Überbleibsel aus einer sehr frühen Entwicklungsphase des Sonnensystems. Zudem konnten die Wissenschaftler mit Hilfe von Herschel-Daten erstmals HNC, ein Zwitterion der Blau-säure (chemische Formel: HCN), in der Atmosphäre des Saturnmondes Titan nachweisen und entdeckten, dass Fontänen des Saturnmondes Enceladus einen riesigen Wasserdampfring um den Saturn speisen.

Spannende Entdeckungen

Schrottplatz Weltraum
Die Computersimulation der Europäischen Weltraumorganisation ESA zeigt auffindbare Objekte in der Erdumlaufbahn. Rund 6000 Tonnen Weltraummüll kreisen schon heute auf erdnahen Bahnen um unseren Planeten - und jedes Jahr kommen einige Dutzend Tonnen dazu. Quelle: dpa
Spektakuläre Trümmerteile wie dieser Tank einer amerikanischen Delta 2-Rakete, der 1987 in Texas niederging ... Quelle: NASA
... oder dieses Bruchstück eines Raketenstufe, das 2001 in Saudi Arabien einschlug, verdeutlichen einen Aspekt des Problems: Pro Jahr stürzen mehrere zehn Tonnen Weltraumschrott zur Erde zurück. Zwar verglüht das meiste davon in der Atmosphäre, besonders große Trümmerstücke können jedoch bis zur Erdoberfläche durchkommen. Quelle: NASA
Die US-Amerikanerin Lottie Williams ist der bislang einzige Mensch, der von einem Stück Weltraumschrott getroffen wurde. Bei dem Zwischenfall im Jahr 1997 hatte sie großes Glück: Das Bruchstück einer Delta 2-Rakete der US Air Force traf ihre Schulter, verletzte sie aber nicht. Quelle: NASA
Ungleich größer sind die Gefahren, die von Weltraumschrott für Objekte im erdnahen Orbit ausgehen. Dieses bei Reparaturarbeiten ausgetauschte Teil des Hubble-Weltraumteleskops weist zahlreiche Einschlagspuren auf. Quelle: NASA
Auch die Antennenschüssel des Weltraumteleskops wurde durch Weltraumschrott in Mitleidenschaft gezogen. Quelle: NASA
Solche Trümmerteile aus Aluminiumoxid entstehen beim Einsatz von Feststoffraketen, wie sie etwa beim Start eines Spaceshuttles zum Einsatz kamen. Im All entwickeln sie sich zu Geschossen mit enormer Durchschlagskraft. Quelle: NASA

Auch Herschels Blick auf den Kometen Hartley 2, der sich 2010 der Erde auf nur 18 Millionen Kilometer näherte, lieferte überraschende Ergebnisse. Das Verhältnis von schwerem Wasser, bei dem ein Wasserstoff-Atom durch das schwere Isotop Deuterium ersetzt ist, zu normalem Wasser entspricht fast genau dem entsprechenden Verhältnis auf der Erde. Anders als zuvor gedacht, kommen Kometen somit doch als wichtige Wasserlieferanten für die frühe Erde in Frage. „Isotopische Untersuchungen von Planeten- und Kometenatmosphären liefern entscheidende Hinweise auf die Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems“, sagt Hartogh.

Auf dem Weg zur Abschussrampe
Die Sojus-Trägerrakete mit der Transportkapsel TMA-08M verlässt am Dienstagmorgen im kasachischen Baikonur den Hangar, gezogen von einer Lokomotive. Quelle: REUTERS
Die Trägerrakete hat einen Durchmesser von knapp über zehn Metern und ist aufgerichtet 56 Meter hoch. Quelle: REUTERS
In der Transportkapsel werden US-Astronaut Chris Cassidy und seine russischen Kollegen Pavel Vinogradov und Alexander Misurkin zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen. Quelle: REUTERS
Wie bei jedem Start gibt es hohe Sicherheitsvorkehrungen ... Quelle: REUTERS
... mit Polizeihunden wurden die Gleise vom Hangar bis zur Startrampe abgesucht. Quelle: dpa
An Bord der Raumstation ISS wird die Crew unter anderem Experimente für die US-Raumfahrtbehörde Nasa, aber auch die japanische Raumfahrtbehörde Jaxa aus. Bei letzterem geht es um die Untersuchung der Entwicklung von Stammzellen in der Schwerelosigkeit. Quelle: dpa
Der Flug von Kasachstan bis zum Andocken an die Raumstation wird etwa sechs Stunden dauern. Quelle: REUTERS

Für all diese Beobachtungen ist das flüssige Helium an Bord des Weltraumobservatoriums entscheidend. Nur so lassen sich die Detektoren der Instrumente auf die erforderlichen -271 Grad Celsius abkühlen. „Doch das Helium verdunstet nach und nach“, erklärt Dr. Miriam Rengel, Mitglied des Herschel-Teams am MPS. „Geht der Vorrat zu Neige, überhitzen die Instrumente und werden unbrauchbar“, ergänzt sie.

Um technische Tests durchzuführen, werden die Bodenstationen in den nächsten Wochen noch weiter mit dem Satelliten kommunizieren. Im Mai dieses Jahres wird Herschel dann in eine stabile Umlaufbahn um die Sonne überführt und dort langfristig „geparkt“.

Für die Wissenschaftsgemeinde ist die Mission dennoch noch nicht beendet. „Die Daten auszuwerten, die wir in den vergangenen Jahren gesammelt haben, wird uns noch lange beschäftigen“, so Rengel. Schließlich hat Herschel in den vergangenen Jahren mehr als 25000 Stunden wissenschaftlicher Beobachtungen durchgeführt und etwa 2000 Stunden lang Kalibrationsdaten aufgenommen.

Das Weltraumobservatorium Herschel der ESA startete am 14. Mai 2009 ins All. Mit einem Spiegeldurchmesser von 3,5 Metern trägt der Satellit das größte Infrarot-Teleskop, das jemals im Weltraum betrieben wurde. Zudem ist Herschel das erste Observatorium, das mit seinen drei wissenschaftlichen Instrumenten den kompletten Wellenlängenbereich vom fernen Infrarot bis zum Submillimeter-Bereich abdeckt.

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