




2013 ist das Jahr der asiatischen Raumfahrt: Allein Indien plant zehn Missionen, vor allem Kommunikations- und Erdbeobachtungssatelliten. China wiederum will nicht nur 20 Satelliten in den Erdorbit katapultieren, sondern in der zweiten Jahreshälfte sogar einen Rover auf den Mond schicken: Mit der Mission Chang’e-3 soll erstmals seit 1976 wieder ein Raumschiff sanft auf der Oberfläche des Erdtrabanten landen. In einer Ausbuchtung der Tiefebene Mare Imbrium mit dem romantischen Namen Regenbogenbucht soll ein Roboterfahrzeug Bodenproben nehmen, sie vor Ort analysieren und Live-Videobilder zur Erde senden. Wenn alles gut läuft, fährt das Mini-Fahrzeug mit einer Nutzlast von 20 Kilogramm drei Monate lang durch den lunaren Basalt. Es ist der Start einer chinesischen Mondoffensive: Irgendwann nach 2025 will China sogar Astronauten auf den Erdtrabanten bringen.
Die aufstrebende Wirtschaftsmacht Indien greift zwar noch nicht nach den Sternen, aber immerhin zum Nachbarplaneten: Die Indische Weltraumforschungsorganisation (ISRO) will an diesem Dienstag erstmals eine unbemannte Sonde zum Mars schicken. Damit soll die Atommacht in den elitären Club der Länder mit Marsmissionen aufsteigen. Bislang schickten die USA, die damalige UdSSR und Europa Sonden zum Roten Planeten - Indiens asiatische Konkurrenten Japan und China scheiterten. Vor fünf Jahren machte der Subkontinent mit einer Budget-Mission zum Mond von sich reden, die trotz der geringen Kosten schon im ersten Versuch den Erdtrabanten erreichte. Auch der Flug zum Mars soll unschlagbar günstig werden: Mit umgerechnet 54 Millionen Euro kostet das komplette Projekt weniger als das günstigste Boeing-Passagierflugzeug.
„Das Hauptziel der Mission ist es, zu beweisen, dass wir die technologische Fähigkeit haben, den Mars zu erreichen“, sagt ISRO-Sprecher D.P. Karnik. Die wissenschaftliche Forschung sei weniger zentral. Tatsächliche werde Indien wohl keine neuen Entdeckungen machen, meint Ajay Lele vom Institute for Defence Studies and Analysis in Neu Delhi. „Eine erfolgreiche Mission würde Indien aber einen immensen Statusgewinn verschaffen und Investitionen anziehen.“ Andere Länder würden dann vermehrt nach Indien blicken, wenn sie Satelliten und Instrumente in den Weltraum bringen wollen. Bislang läuft alles nach Plan. „Alle Systeme sind bereit“, sagt Karnik. Nach dem Start um 14.36 Uhr (Ortszeit) vom Weltraumbahnhof Sriharikota im südindischen Andhra Pradesh soll „Mangalyaan“ (Hindi für Mars-Reisender) nach etwa 300 Tagen die Marsumlaufbahn erreichen. Die Sonde trägt 25 Kilogramm an Instrumenten und Bildaufnahmegeräten, um die Atmosphäre und die Oberfläche des Himmelskörpers zu studieren. Eine Landung ist nicht geplant.
Private Sternenflotte
Booster Space Industries: Weltraum-Shuttle
Flüge für Touristen und Forscher
Erster Start offen
Virgin Galactic: SpaceShipTwo
6 Passagiere
250.000 Dollar/Passagier
Erster Start 2014
XCor Aerospace: Lynx
1 Passagier
100.000 Dollar/Passagier
Erster Start 2015
*Flug auf mehr als 100 Kilometer Höhe, bis zu sechs Minuten Schwerelosigkeit, keine volle Erdumrundung;
Quelle: GOOD, eigene Recherchen
Boeing: CST-100
7 Passagiere
Erster Start 2017
Sierra Nevada Corporation: Dream Chaser
7 Passagiere
Erster Start 2016
SpaceX: Dragon
7 Passagiere
Erster Frachtflug 2012
Erster bemannter Flug 2015
Bigelow Aerospace: BA 330
5 Bewohner
25 Millionen Dollar/Miete für zwei Monate
pro 110 Kubikmeter
Shackleton Energy: Mondbergbau
Treibstoffdepot im Erdorbit
Investitionen: 22 Milliarden Dollar
Bauzeit 5 Jahre
Space Adventures: Mondrundflug
2 Passagiere
150 Millionen Dollar/Passagier
10 Tage Reisedauer
Erster Start 2017
The Golden Spike Company: Mondlandefähre
2 Passagiere
750 Millionen Dollar/ Passagier
Erster Start 2020
Planetary Resources: Asteroiden einfangen und abbauen
2,6 Milliarden Dollar/Asteroid
(Nasa-Schätzung)
Erste Suchmission 2015
Start des Weltraumbergbaus 2023
Inspiration Mars: Marsrundflug
2 Passagiere
1 bis 2 Milliarden Dollar
501 Tage Reisedauer
Erster Start 2018
Mars One: Marsstation
4 Bewohner
6 Milliarden Dollar
Kein Rückflug möglich
Erster Start 2023
Emily Lakdawall von der Planetarischen Gesellschaft in den USA rechnet mit guten Erfolgsaussichten - obwohl die meisten Marsmissionen in den vergangenen Jahrzehnten scheiterten, vor allem bei Erstversuchen der diversen Länder. Doch könne Indien zahlreiche erfolgreiche Satellitenstarts mit der Trägerrakete PSLV aufweisen, so Lakdawall. „Die PSVL ist unser Arbeitspferd“, sagt ein ISRO-Sprecher.
Das Trägersystem, der Orbiter und alle Instrumente an Bord wurden von Wissenschaftlern und Technikern der ISRO entwickelt - obwohl sie nur zwei Jahre dafür Zeit hatten. „Jeder Student und gemeine Mann sollte stolz sein, dass unser Land zu einer solch komplexen Mission fähig ist“, sagte ISRO-Chef K. Radhakrishnan in einem Interview des „The Hindu“. Einen Schönheitsfehler hat die Mission allerdings: Eigentlich sollte die neue PSLV-Rakete für schwere Nutzlasten den Marsorbiter in die Luft bringen. Doch alle Starts mit dem Kühltechnik-Antrieb schlugen bislang fehl.
Außerdem fragen Kritiker, ob ein Land, in dem ein Drittel der weltweit Armen leben, unbedingt eine Sonde zum Mars senden muss. Lakdawalla antwortet darauf, das Geld sei sehr gut angelegt. Studien zeigten, dass jeder Dollar, der für die frühen Apollo-Missionen ausgegeben wurde, Technologien im Wert von 10 Dollar schaffte.
Und US-Analystin Lele verweist auf den Zyklon „Phailin“, der im vergangenen Monat Indien traf: Nur anhand der genauen Daten der Wettersatelliten habe der Wirbelsturm erkannt, sein Zug berechnet und rechtzeitig alle Küstenbewohner evakuiert werden können. Außerdem seien 54 Millionen Euro im internationalen Vergleich nicht viel. „Einmal sagte mir ein Spezialist unserer Weltraumbehörde Nasa, dass die Miete für unsere Büros teurer sein dürften als Indiens ganzes Weltraumprogramm.“