Raumfahrt Per Anhalter in die Galaxis

Private Unternehmen wollen das Weltall erobern. Am Samstag wird es ernst: Das erste kommerzielle Raumschiff soll zur Internationalen Raumstation abheben. Auf den Erfolg der Privaten muss auch die NASA hoffen.

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US-Firma Space X

Hollywood war mal wieder schneller. Im Science-Fiction-Klassiker „Odyssee im Weltall“ von 1968 bietet die private Fluggesellschaft „PanAm“ Flüge zu einer Raumstation im Erdorbit an. Sogar eine Stewardess ist mit an Bord, wenn die Raumfähre begleitet von Walzerklängen an eine Raumstation andockt.

Der Donauwalzer wird am Samstag in Cape Canaveral (Florida) zwar nicht gespielt. Und auch die Fluggesellschaft PanAm ist längst pleite. Dennoch könnte aus Fiktion endlich Wirklichkeit werden, wenn das private Raumfahrtunternehmen SpaceX den ersten kommerziellen Flug zur internationalen Raumstation ISS startet. „Ich glaube an den Erfolg des Projekts“, sagt Johann-Dietrich Wörner, der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.

Es scheint paradox, doch die Raumfahrtbehörde NASA ist auf einen Erfolg der privaten Unternehmen angewiesen. Denn seit das letzte Space-Shuttle im Museum gelandet ist, können amerikanische Astronauten mangels eigener Transporter nur noch per Anhalter in die Galaxis: Das als Shuttle-Nachfolger vorgesehene Constellation-Programm wurde von Barack Obama aus Kostengründen eingestampft. Zwar ist ein neues Raumschiff in Planung, doch mit dessen Erstflug sei frühestens in zwei bis drei Jahren zu rechnen, so Wörner.

Wiederholte Fehlschläge

Bis dahin ist auch von anderen Raumfahrtnationen keine Hilfe zu erwarten: Europäische und japanische Raumschiffe taugen nur für den Frachttransport. Und China verfügt zwar seit Neuestem über ein bemanntes Raumschiff, eine Kooperation mit den Amerikanern ist für beide Seiten jedoch politisch undenkbar.

„Derzeit sind wir für bemannte Flüge zur ISS völlig auf das russische Sojus-System angewiesen“, sagt DLR-Chef Wörner. Für den reibungslosen Betrieb der Internationalen Raumstation könnte das jedoch gravierende Folgen haben. Denn im letzten Jahr wurde die russische Raumfahrtbehörde von einer beispiellosen Pannenserie heimgesucht. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr, fünfzig Jahre nach dem Erstflug von Juri Gagarin, versagte eine Rakete nach der nächsten: Teure Satelliten verglühten in der Atmosphäre oder stürzten ins Meer.

Die wiederholten Fehlschläge haben das Vertrauen in die Raumfahrttechnik „Made in Russia“ nicht gerade gesteigert. Zeitweise zog die NASA sogar die Evakuierung der Internationalen Raumstation in Betracht. Denn ohne eine sichere Transportmöglichkeit kann man keine Ablösung für die ISS-Besatzungen ins All bringen. Dazu kommt: Dank ihrer Monopolstellung können die Russen derzeit kräftig an der Preisschraube drehen.

Doch weshalb müssen Flüge ins All teuer sein? An der Technologie hat sich schließlich kaum etwas geändert, seit Gagarin der Schwerkraft zum ersten Mal entflohen ist.

Vorteile der Privaten

Elon Musk Quelle: dpa

„An Raketen ist von Natur aus nichts teuer“, sagt Elon Musk. „Allerdings haben diejenigen, die sie gebaut und betrieben haben, das in der Vergangenheit mit entsetzlich schlechter Effizienz getan.“

Mit Effizienz kennt sich der Milliardär Musk aus. Schließlich hat er mit dem Internet-Bezahldienst PayPal ein Milliardenvermögen erwirtschaftet, bevor er mit dem Tesla Roadster den ersten serienreifen Elektrosportwagen auf den Markt gebracht hat. Jetzt scheint der Moment gekommen, in dem er mit seiner Firma „SpaceX“ auch das All erobert.

Um 4:55 Uhr Ortszeit soll die von SpaceX entwickelten „Falcon 9“-Rakete in Cape Canaveral abheben. Sie wird die „Dragon“-Kapsel ins Orbit befördern, wo sie sich am Dienstag der ISS annähern soll. Die letzten Meter des Andockmanövers übernimmt dann ein Greifarm an Bord der ISS.

Gelingt Musks Vorhaben, so wäre es das erste Mal, dass ein privates Raumschiff an einer Raumstation festmacht. Bis zu sieben Astronauten sollen eines Tages an Bord der Kapsel Platz finden können – bei den Flügen, die Musk im Auftrag der NASA durchführt, ist jedoch zunächst nur Fracht an Bord.

Richtung Mars

Mit einem erfolgreichen Andockmanöver zöge SpaceX an der privaten Konkurrenz der „Orbital Sciences Corporation“ vorbei. Das Unternehmen aus Virginia befördert seit Jahren Satelliten ins Weltall und möchte mit seiner „Antares“-Rakete in Zukunft auch Fracht zur ISS liefern. 1,9 Milliarden Dollar bezahlt die NASA, damit Orbital bis 2015 acht Flüge zur ISS durchführt.

Zwar dürfte es noch zwei bis drei Jahre dauern, bis die Unternehmen zur ernstzunehmenden Konkurrenz für die Russen werden. Doch ein Erfolg der Privaten hätte gleich zwei Vorteile, sagt DRL-Chef Wörner. Einerseits stiege die Sicherheit der Astronauten, weil sie auf ein zweites System für den Transport zur ISS zurückgreifen könnten. Zugleich dürften die Flüge zur ISS deutlich günstiger werden – auch für europäische Astronauten.
„Ein Erfolg der Dragon dürfte die Preisverhandlungen mit den Russen erleichtern“, sagt Wörner.

Elon Musk denkt längst einen Schritt weiter: Spätestens 20 Jahren möchte er mit einer weiterentwickelten Falcon-Rakete einen Menschen auf den Mars befördern. „Unser Ziel ist es, den Transport von Menschen und Gütern auf andere Planeten zu ermöglichen“, sagte Musk dem Sender „Discovery“. „Und dann müssen sich die Leute überlegen, ob sie gehen wollen.“

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