Welche Bereiche haben noch das Zeug, die Wirtschaft grundlegend zu verändern?
Dazu zählt sicher die Biotechnik. Da haben wir Stärken, etwa wenn es um das Zusammenspiel mit der klassischen Produktionstechnik geht. Ein einfaches Beispiel: Viele Metall verarbeitende Betriebe kühlen ihre Maschinen mit speziellen Flüssigkeiten. In denen reichern sich giftige Schwermetalle an, die sich nur schwer herausholen lassen. Ein neues Verfahren nutzt Sulfat reduzierende Mikroorganismen. Sie binden die Schwermetalle und lassen sich anschließend auswaschen und entsorgen. Dass Biotechniker mit Metallverarbeitern reden, war vor zehn Jahren noch undenkbar. Und auch bei Biowerkstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen spielen wir vorne mit.
Weniger rosig sieht es bei der Anwendung der Gentechnik aus.
Damit gehen wir Deutsche sicher sensibler um als andere Länder. Ich verstehe die Skepsis. Wir sollten aber nicht die Möglichkeiten aus den Augen verlieren, die etwa die personalisierte Medizin bietet. Zum Beispiel können Ärzte anhand einer Erbgutanalyse klären, welche Medikamente einen Patienten am besten heilen können.
Wo erwarten Sie ähnliche Fortschritte?
Sicherlich in der Materialforschung. Da haben wir es etwa geschafft, piezoelektrische Fasern großserientauglich zu machen. Mit ihrer Hilfe wird es möglich, weit dünnere Bleche als heute in Autokarossen einzubauen. Beginnt das Blech zu schwingen, merken die Fasern das und dämpfen die Schwingung ab. So bleibt das Blech stabil, und der Spritverbrauch sinkt, weil die Karosserieteile leichter sein können.
Und die erneuerbaren Energien, haben Sie die abgeschrieben?
Keineswegs. Wir brauchen die Erneuerbaren allein schon aus dem Grund, weil die fossilen Rohstoffe irgendwann zu Ende gehen. Doch derzeit sind vor allem die USA mit ihrer Fracking-Förderung von Öl und Gas dabei – ohne Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen –, unsere Industrie mit niedrigen Energiepreisen im Wettbewerb zu benachteiligen. Deshalb müssen wir uns Alternativen überlegen. Langfristig können wir auf die Erneuerbaren nicht verzichten.
Woran denken Sie konkret?
Wir haben zum Beispiel hervorragende Verfahren, um die heimische Braunkohle zu verwerten, mit einem Wirkungsgrad, der sich sehen lassen kann. Das sollten wir mit in die Waagschale werfen, um Durststrecken mit international deutlich niedrigeren Energiepreisen als bei uns zu überbrücken.