Und dann geht sogar in diesen hohen Altersklassen das Todesrisiko Krebs zurück! Es bleibt zwar absolut gesehen hoch, war aber früher höher. Nun zeigt diese Tabelle nur die an Krebs Verstorbenen, nicht die an Krebs Erkrankten. Nach dem Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert Koch Institut ist die Zahl der Krebsneuerkrankungen zwischen 2000 und 2010 bei Männern um 21 Prozent und bei Frauen um 14 Prozent angestiegen.
Doch auch diese Zunahme ist überwiegend mit unserer zunehmenden Alterung zu erklären. Die um Alterseffekte korrigierten, sogenannten altersstandardisierten Erkrankungsraten haben sich bei Männern nicht verändert und sind bei Frauen nur leicht angestiegen (7 Prozent). Und dieser Anstieg ist, so das Robert Koch Institut, vor allem auf das Mammografie-Screening zurückzuführen.
Aber selbst ein „echter“ Anstieg der um Alterseffekte korrigierten Zahl der Krebsneuerkrankungen wäre immer noch kein Grund zur Panik. Wie man etwa aus Autopsie-Studien weiß, leidet einer von fünf 50-jahrigen Männern in den USA an einer Form von Prostatakrebs. Wenn diese Männer zehn Jahre langer leben, sind es schon zwei von fünf. Werden sie über 70 Jahre alt, dann sind es drei von fünf. Und falls diese Männer über 80 Jahre alt werden, sind es sogar vier von fünf. Aber sterben tun daran nur etwa 3 Prozent. Das heißt, wenn ein Mann das Glück hat, lange zu leben, dann muss er damit rechnen, eine Form von Prostatakrebs zu bekommen. Nur wird er wahrscheinlich mit dem Krebs sterben und nicht am Krebs.
Eine weitere systematische Desinformation, ob aus Absicht oder Schlamperei, erleben wir auch zu den Ursachen von Krebs. Denn natürlich ist ein hohes Lebensalter als solches keine Krebsursache, es erleichtert nur den wahren Ursachen, ihre Wirkung zu entfalten. Und da gibt es keinen Mangel an Kandidaten.
Die Eingabe des Stichworts „krebserregend“ bei Google etwa liefert die folgende beeindruckende Liste von Feinden unseres Lebens (nur Auszüge, alphabetisch sortiert): Ablagerungen in Kaffeebohnen, aggressive Cholesterol-Senkung, Alkohol, Ameisensäure, Anilin, Aroma-Chemikalien, Arsensaure, Asbest, Babyschnuller, Benzol, Blaugel, Blei, Buchenstaub, Cannabis, Chlor, Cobalt, Computermonitore, Deosprays, Dieselmotor-Emissionen, Dioxin, Duftbäume im Auto.
Energiesparlampen, fernöstliche Kräutermischungen, Formaldehyd, gegrillte Mettwürstchen, Glasfasern, Handystrahlung, Holzstaub, Heizöl, HP-Viren, Kartoffelchips, keramische Mineralfasern, Klapprechner, Kohlenmonoxid, Kondome, Laserdrucker, Lebensmittelzusatzstoffe, Linkshändigkeit, Luftballons, Mineralwolle, Neurodermitis-Salben, Nickel, Oralsex, Ostzonensuppenwürfel („Ostzonensuppenwürfel machen Krebs“ – das war tatsächlich einmal eine Schlagzeile in der Bild), Ozon, Passivrauchen, Parfüm, PCB, Pommes frites.
Quarz, Rapsöl-Abgase, rohes Rindfleisch, Rohöl, scharf angebratenes Fleisch, Schichtarbeit, Schimmelpilze, Schminke, Sojabohnen, Speckstein, Stammzellen, Tabakrauch, Tätowierungen, Tupperware, Übergewicht, zu viel UV-Strahlen, zu wenig UV-Strahlen, Venylacetat, WLAN-Anlagen, Zigaretten-Zusatzstoffe, Zimtsterne und Zitronensäure.
Es scheint heute fast nichts mehr zu geben, was wir anfassen, tun und lassen, essen oder anziehen, das nicht im Zweifelfall auch Krebs erzeugt.