Deutschland hat Rücken könnte man sagen. Umfragen der großen deutschen Krankenkassen kommen immer wieder zu entsprechenden Ergebnissen - etwa dass jeder zehnte Deutsche regelmäßig unter Rückenproblemen leide. Rückenschmerzen begleiten drei von vier Deutschen im Alltag, so etwa das Ergebnis einer Umfrage der IKK classic und selbst schon unter jungen Patienten zwischen 18 und 25 Jahren klagt fast jeder Zweite (47 Prozent) über „Rücken“, so eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK).
Die warnt jetzt davor, dass Ärzte häufig falsch auf die Schmerzen reagieren. Wie eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) belegt, werden bei Kreuzschmerzen häufig vorschnell Röntgenuntersuchungen gemacht , obwohl es sich um unkomplizierte Beschwerden handelt, die einfacher behoben werden können. Laut der Untersuchung der TK werden so jährlich mehr als 48.000 Patienten unnötig geröngt.
Alltagstipps für einen starken Rücken
Wer schwere Lasten trägt, sollte sie nicht auf einer Seite tragen, sondern auf beide Seiten der Schultern, beziehungsweise des Rückens, verteilen oder eben von Zeit zu Zeit abwechseln.
Wer den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzt, dem tun abends oft Schultern und Nachen weh, der Rücken ist verspannt. Auch hier gilt: Wenigstens einmal pro Stunde die Sitzposition zu wechseln und zwischendurch aufzustehen hilft, Muskelverspannungen zu vermeiden. Auch leichte Lockerungs- und Dehnungsübungen sollten regelmäßig in den Büro-Alltag einfließen.
Auch die richtige Anordnung von Bildschirm, Tastatur, Stuhl und Tisch kann die Haltung beeinflussen. Wer sich über die richtigen Abstände informiert, kann so eine Fehlhaltung vermeiden und ebenfalls Rücken, Nacken und Augen entlasten.
Die beste Medizin für eine gesunde Wirbelsäule ist und bleibt Bewegung. Egal wofür man sich entscheidet, der meiste Sport ist gut für den Rücken. Natürlich gibt es aber besondere Rückentrainings, auf die man zurückgreifen kann. Übrigens sind Walken, Skilanglauf und Radfahren neben richtigen Rückenschulungen am besten geeignet, um den Rücken zu stärken.
Das heißt ein Drittel derjenigen, die mit akuten Rückenschmerzen zum Arzt kommen, wird schon innerhalb der ersten sechs Wochen ihrer Beschwerden zum Röntgen geschickt. Dabei gibt es unter vielen Wissenschaftlern die Auffassung, dass in den ersten sechs Wochen grundsätzlich nicht geröngt werden sollte, da sich akute Kreuzschmerzen häufig innerhalb dieser Zeit von selbst spontan zurückbilden.
"Das frühe Röntgen widerspricht den aktuellen wissenschaftlichen Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften", sagt Dr. Frank Verheyen, Leiter des WINEG, das für die Studie ärztliche Abrechnungsdaten aus den Jahren 2010 bis 2012 ausgewertet hat. "Mit den Röntgenaufnahmen werden Strahlenbelastungen in Kauf genommen, die bei der spontanen Rückbildung der Rückenbeschwerden in vielen Fällen vermieden werden könnten", so Verheyen weiter.
Zudem riskieren die betroffenen Patienten Fehlbehandlungen, so die Warnung. Schmerztherapeut Dr. Thomas Nolte von der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie: "Rückenschmerzen werden oft durch Probleme in den Muskeln ausgelöst. Das ist aber auf Röntgenbildern überhaupt nicht erkennbar." Stattdessen würden viele Versicherte an den Bandscheiben operiert, wenn die Bilder hier Probleme zeigen. Die Patienten hätten danach aber oft noch dieselben Schmerzen - einfach weil die Bandscheiben gar nicht die eigentliche Schmerzursache waren.
Schweinehund besiegen, Schmerzen vermeiden
Auch bei den Rückenoperationen geht es laut Einschätzung der TK häufig viel zu schnell: „85 Prozent der Rücken-Eingriffe haben sich nach einer Zweitmeinung als unnötig herausgestellt“, sagt Klaus Rupp, Leiter des TK-Versorgungsmanagements.
Spitzenreiter bei den Rückenbeschwerden sind laut der IKK-classic-Umfrage Muskelverspannungen - daran leiden nach eigenen Angaben rund 58 Prozent der Befragten. Wer die Schmerzen nicht mehr erträgt, probiert es zunächst mit Medikamenten, Massagen, Wärme oder Sport - erst dann gehen die meisten zum Arzt.
Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der TK schieben die Hälfte der Rückenkranken ihre Probleme auf zu wenig Bewegung - immerhin drei Viertel geben auch an, das ändern zu wollen - wäre da nicht der innere Schweinehund.
Dabei würde genau dessen Überwindung zu mehr Sport am besten helfen: "Wer regelmäßig sportlich aktiv ist und seine Muskulatur kräftigt, beugt langfristig körperlichen Beschwerden vor", sagt Uwe-Folker Haase, Sportwissenschaftler bei der TK.
"Insbesondere der Rücken kann durch Bewegung entlastet und gestärkt werden." Melanie Gestefeld von der IKK classic empfiehlt bei Motivationsproblemen Gesundheitskurse: „In diesen Kursen werden nicht nur Techniken der rückenschonenden Bewegung und Entspannung vermittelt. Die Kursleiter wissen um die entscheidende Rolle der Motivation für den Erfolg und vermitteln auch hilfreiche Tricks und Kniffe, um dem inneren Schweinehund Beine zu machen."
Mehr Aufmerksamkeit für die eigenen Schmerzen und mehr Einsatz für ein gutes Körper- und vor allem Rückengefühl können somit in den meisten Fällen helfen - entweder nach oder auch schon vor den ersten Beschwerden.