Röntgen bei Rücken Bei Rückenproblemen wird viel zu schnell geröngt

Wer unter quälenden Rückenschmerzen leidet, der hofft spätestens beim Arztbesuch auf die richtige Hilfe. Dort wird dann häufig geröngt, um die Ursache zu erforschen, obwohl das meist unnötig ist, so eine Studie.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Fünf unauffällige Gymnastikübungen fürs Büro
Rücken-Übung: Der Kopfdreher (Lockerung & Mobilisierung von Hals und Nacken) Quelle: Presse
Rücken-Übung: Der Schwan (Lockerung & Mobilisierung von Hals und Nacken) Quelle: Presse
Rücken-Übung: Die Babyschaukel (Lockerung & Mobilisierung der Wirbelsäule) Quelle: Presse
Baum (Haltung und Balance) und Baum umarmen (Dehnung des Rückens) Quelle: Presse
Zurücklehnen (Entspannung) Quelle: Presse
Spazierengehen Quelle: dpa

Deutschland hat Rücken könnte man sagen. Umfragen der großen deutschen Krankenkassen kommen immer wieder zu entsprechenden Ergebnissen - etwa dass jeder zehnte Deutsche regelmäßig unter Rückenproblemen leide. Rückenschmerzen begleiten drei von vier Deutschen im Alltag, so etwa das Ergebnis einer Umfrage der IKK classic und selbst schon unter jungen Patienten zwischen 18 und 25 Jahren klagt fast jeder Zweite (47 Prozent) über „Rücken“, so eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK).

Die warnt jetzt davor, dass Ärzte häufig falsch auf die Schmerzen reagieren. Wie eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) belegt, werden bei Kreuzschmerzen häufig vorschnell Röntgenuntersuchungen gemacht , obwohl es sich um unkomplizierte Beschwerden handelt, die einfacher behoben werden können. Laut der Untersuchung der TK werden so jährlich mehr als 48.000 Patienten unnötig geröngt.

Alltagstipps für einen starken Rücken

Das heißt ein Drittel derjenigen, die mit akuten Rückenschmerzen zum Arzt kommen, wird schon innerhalb der ersten sechs Wochen ihrer Beschwerden zum Röntgen geschickt. Dabei gibt es unter vielen Wissenschaftlern die Auffassung, dass in den ersten sechs Wochen grundsätzlich nicht geröngt werden sollte, da sich akute Kreuzschmerzen häufig innerhalb dieser Zeit von selbst spontan zurückbilden.

"Das frühe Röntgen widerspricht den aktuellen wissenschaftlichen Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften", sagt Dr. Frank Verheyen, Leiter des WINEG, das für die Studie ärztliche Abrechnungsdaten aus den Jahren 2010 bis 2012 ausgewertet hat. "Mit den Röntgenaufnahmen werden Strahlenbelastungen in Kauf genommen, die bei der spontanen Rückbildung der Rückenbeschwerden in vielen Fällen vermieden werden könnten", so Verheyen weiter.

Wie zu langes Sitzen den Körper belastet
MuskelnIm Sitzen werden die Muskeln nicht gefordert und gekräftigt. Langes Sitzen führt also dazu, dass sich die Muskeln zurück bilden. Wer in der Freizeit nicht mit Sport gegensteuert, sitzt sich also sukzessive schlapp. Quelle: dpa
WirbelsäuleDas hat natürlich nicht nur Auswirkungen auf unsere Fitness: Da auch die Rückenmuskulatur leidet, verliert die Wirbelsäule ihr natürliches Stützkorsett. Im schlimmsten Fall kann es zu Bandscheibenproblemen kommen. Quelle: dpa/dpaweb
BauchVom langen Sitzen werden die Muskeln aber nicht nur schwächer. Sie produzieren auch weniger des Enzyms Lipoproteinlipase, das als Katalysator beim den Fettabbau dient. Wer lange sitzt, hat also auch ein größeres Risiko, dick zu werden. Quelle: gms
FüßeEin besonders im Sommer verbreitetes Phänomen: Bei ausbleibender Bewegung sammelt sich Flüssigkeit im Gewebe an, wodurch die Füße anschwellen. Quelle: REUTERS
BeineWie in den Füßen, sammelt sich auch Flüssigkeit in den Beinen an. Gehen hilft, die Flüssigkeit abzubauen. Wer während der Arbeit gar nicht oder nur selten aufstehen kann, sollte immer wieder die Position der Füße verändern und das Gewicht abwechselnd auf Zehenspitzen und Fersen verteilen. Quelle: dpa
NackenDie über den Tag gespeicherte Flüssigkeit sorgt nämlich nicht nur für schwere Beine und dicke Füße, sie kann auch nachts beim Liegen in den Nacken wandern. Eine mögliche Folge: Schlafapnoe. Quelle: dpa
BlutdruckWer viel sitzt und sich auch nach Feierabend wenig bewegt, riskiert außerdem Bluthochdruck. Quelle: dpa

Zudem riskieren die betroffenen Patienten Fehlbehandlungen, so die Warnung. Schmerztherapeut Dr. Thomas Nolte von der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie: "Rückenschmerzen werden oft durch Probleme in den Muskeln ausgelöst. Das ist aber auf Röntgenbildern überhaupt nicht erkennbar." Stattdessen würden viele Versicherte an den Bandscheiben operiert, wenn die Bilder hier Probleme zeigen. Die Patienten hätten danach aber oft noch dieselben Schmerzen - einfach weil die Bandscheiben gar nicht die eigentliche Schmerzursache waren.

Schweinehund besiegen, Schmerzen vermeiden

Auch bei den Rückenoperationen geht es laut Einschätzung der TK häufig viel zu schnell: „85 Prozent der Rücken-Eingriffe haben sich nach einer Zweitmeinung als unnötig herausgestellt“, sagt Klaus Rupp, Leiter des TK-Versorgungsmanagements.

Wie zu langes Sitzen den Körper belastet
MuskelnIm Sitzen werden die Muskeln nicht gefordert und gekräftigt. Langes Sitzen führt also dazu, dass sich die Muskeln zurück bilden. Wer in der Freizeit nicht mit Sport gegensteuert, sitzt sich also sukzessive schlapp. Quelle: dpa
WirbelsäuleDas hat natürlich nicht nur Auswirkungen auf unsere Fitness: Da auch die Rückenmuskulatur leidet, verliert die Wirbelsäule ihr natürliches Stützkorsett. Im schlimmsten Fall kann es zu Bandscheibenproblemen kommen. Quelle: dpa/dpaweb
BauchVom langen Sitzen werden die Muskeln aber nicht nur schwächer. Sie produzieren auch weniger des Enzyms Lipoproteinlipase, das als Katalysator beim den Fettabbau dient. Wer lange sitzt, hat also auch ein größeres Risiko, dick zu werden. Quelle: gms
FüßeEin besonders im Sommer verbreitetes Phänomen: Bei ausbleibender Bewegung sammelt sich Flüssigkeit im Gewebe an, wodurch die Füße anschwellen. Quelle: REUTERS
BeineWie in den Füßen, sammelt sich auch Flüssigkeit in den Beinen an. Gehen hilft, die Flüssigkeit abzubauen. Wer während der Arbeit gar nicht oder nur selten aufstehen kann, sollte immer wieder die Position der Füße verändern und das Gewicht abwechselnd auf Zehenspitzen und Fersen verteilen. Quelle: dpa
NackenDie über den Tag gespeicherte Flüssigkeit sorgt nämlich nicht nur für schwere Beine und dicke Füße, sie kann auch nachts beim Liegen in den Nacken wandern. Eine mögliche Folge: Schlafapnoe. Quelle: dpa
BlutdruckWer viel sitzt und sich auch nach Feierabend wenig bewegt, riskiert außerdem Bluthochdruck. Quelle: dpa

Spitzenreiter bei den Rückenbeschwerden sind laut der IKK-classic-Umfrage Muskelverspannungen - daran leiden nach eigenen Angaben rund 58 Prozent der Befragten. Wer die Schmerzen nicht mehr erträgt, probiert es zunächst mit Medikamenten, Massagen, Wärme oder Sport - erst dann gehen die meisten zum Arzt.

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der TK schieben die Hälfte der Rückenkranken ihre Probleme auf zu wenig Bewegung - immerhin drei Viertel geben auch an, das ändern zu wollen - wäre da nicht der innere Schweinehund.

Dabei würde genau dessen Überwindung zu mehr Sport am besten helfen: "Wer regelmäßig sportlich aktiv ist und seine Muskulatur kräftigt, beugt langfristig körperlichen Beschwerden vor", sagt Uwe-Folker Haase, Sportwissenschaftler bei der TK.

Sitzen im digitalen Zeitalter
The DrawArbeiten mit Tablets Quelle: Presse
The Multi-DeviceMultitasking Quelle: Presse
The TextKurznachrichten schreiben Quelle: Presse
The CocoonSich zurückziehen Quelle: Presse
The SwipeTouchscreens bedienen Quelle: Presse
The Smart LeanPrivatsphäre suchen Quelle: Presse
The TranceKonzentration am Bildschirm Quelle: Presse

"Insbesondere der Rücken kann durch Bewegung entlastet und gestärkt werden." Melanie Gestefeld von der IKK classic empfiehlt bei Motivationsproblemen Gesundheitskurse: „In diesen Kursen werden nicht nur Techniken der rückenschonenden Bewegung und Entspannung vermittelt. Die Kursleiter wissen um die entscheidende Rolle der Motivation für den Erfolg und vermitteln auch hilfreiche Tricks und Kniffe, um dem inneren Schweinehund Beine zu machen."

Mehr Aufmerksamkeit für die eigenen Schmerzen und mehr Einsatz für ein gutes Körper- und vor allem Rückengefühl können somit in den meisten Fällen helfen - entweder nach oder auch schon vor den ersten Beschwerden.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%