Seelische Erkrankungen Die sieben größten Gefahren für die Psyche
Im vergangenen Jahr gingen laut DAK-Gesundheitsreport 16,2 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage auf psychische Erkrankungen zurück. Welche sieben Krankheiten die Psyche am stärksten belasten und wie es um die Heilung bestellt ist.
Angststörung
Psychische Erkrankungen sind verbreiteter als je zuvor. In Deutschland sind zurzeit etwa acht Millionen Menschen von diesem Krankheitsbild betroffen, schätzen Experten. Neben Depressionen zählen Angststörungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Die natürliche Schutzfunktion des Körpers, die bei drohenden Gefahren greift, ist bei Betroffenen stärker ausgeprägt. Die Folge: Intensive, anhaltende Angstgefühle. Gehen diese zudem mit körperlichen Symptomen wie Schweißausbrüchen, Schwindel, Atemnot oder Übelkeit einher, können die Angstgefühle in regelrechten Panikattacken münden. An sogenannten Panikstörungen leiden Patienten laut Friedrich Straub - Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie -, wenn die Angst ohne objektive Auslöser auftritt. Beschränken sich die Ängste dagegen auf bestimmte Situationen oder Objekte, sprechen Experten von einer Phobie. Zu den verbreitetsten Formen gehören die Angst vor engen Räumen (auch bekannt als Klaustrophobie), Höhe oder dem Zahnarzt.
Die gute Nachricht: Laut Straub sind die Heilungschancen bei Angsterkrankungen hoch. Welche Behandlungsmethode in Frage kommt, hängt von Art und Ausmaß der Beschwerden ab. Besonders erfolgversprechend ist die Verhaltenstherapie, bei Bedarf in Kombination mit Medikamenten.
Bild: Fotolia
Bipolare Störung
Unter einem extremen Wechselbad der Gefühle leiden Personen mit einer Bipolaren Störung - früher auch besser bekannt als Manische Depression. Deutschlandweit machen Schätzungen von Ärzten zufolge etwa fünf Millionen Menschen die extremen Stimmungs-auf- und -abs durch, die meist zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr auftreten und Männer und Frauen gleichermaßen betrifft. Das Spannungsfeld von einerseits himmelhochjauchzenden Gefühlen und kreativem Tatendrang und depressiven Verstimmungen andererseits, ist für Betroffene der Krankheit kaum zu ertragen. Experten halten eine ungleiche Verteilung wichtiger Botenstoffe im Gehirn als Ursache der psychischen Störung für wahrscheinlich. Zudem begünstigen laut Straub genetische Faktoren, Stress und bestimmte Medikamente den Ausbruch der Krankheit. Psychotherapie in Kombination mit medikamentöser Behandlung kann Betroffenen helfen. Das Finden einer geeigneten Medikation gestaltet sich allerdings oft schwierig, einen sicheren Heilungsweg gibt es laut der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen bislang nicht. Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die Symptome können bei stetiger fachärztlicher Betreuung immerhin so weit eingedämmt werden, dass sie die Lebensführung nicht mehr beeinträchtigen.
Bild: Fotolia
Depression
Im Gegensatz zu einem vorübergehenden Stimmungstief bestimmen Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Verzweiflung und Schwermut den Alltag von depressiven Menschen über Monate oder gar Jahre. Je stärker die Verstimmung, desto schwerer fällt Betroffenen die Bewältigung des beruflichen und privaten Alltags. Vielfach treten zusätzlich zu den oben genannten Symptomen weitere Beschwerden wie zum Beispiel Magen- und Darmprobleme, Kopfschmerzen, Schlafstörungen sowie Angst- und Panikattacken auf. Auch Essstörungen sind nicht selten. Schätzungen des Statistischen Bundesamts zufolge endet die Krankheit in circa 15 Prozent der Fälle tödlich, die Hälfte der Betroffenen unternimmt im Laufe des Lebens einen Suizidversuch. Das ist nur einer von vielen Gründen, weshalb die Krankheit unbedingt fachärztlich behandelt werden muss. Generell gilt: Je früher die Behandlung beginnt, desto größer die Heilungschancen. Laut Straub kann neben einer Behandlung mit Psychopharmaka eine Psychotherapie helfen. In manchen Fällen bieten sich zudem Lichttherapie und Schlafentzug an.
Die schlechte Nachricht: Despressionen vorbeugen ist schwierig. Die Auslöser sind vielfältig - neben einer genetischen Veranlagung kommen belastende Ereignisse, Misserfolge oder Überforderungen als Ursache in Frage.
Bild: dpa
Burnout
Oft als Volksleiden deklariert, verbirgt sich hinter einem Burnout ein chronischer Erschöpfungszustand, der nicht nur Prominente und Manager betrifft. Neben Lehrern, Krankenschwestern und Schülern sind auch Frauen, die einer Dreifachbelastung ausgesetzt sind, häufig betroffen. Typischerweise äußern sich die Erschöpfungszustände durch Ausgebranntheit und Antriebslosigkeit, häufig begleitet von Angstzuständen, Schlaflosigkeit, Hyperaktivität und innerer Leere. Laut Straub ist das psychische Leiden zwar noch nicht wissenschaftlich als Krankheitsbild anerkannt, dennoch vermuten Experten aufgrund fließender Grenzen, dass Depressionen oder ähnliche psychische Erkrankungen dahinter stecken. Besonders anfällig sind leistungsorientierte Menschen, die große Schwierigkeiten damit haben, die innere Ruhe zu finden und abzuschalten. Durch Entspannungstechniken wie Yoga oder Autogenes Training und eine psychotherapeutische Behandlung kann das Stresslevel reduziert werden.
Bild: dpa
Dissoziative Störung
Unter dissoziative Störungen fallen eine Reihe psychischer Krankheitsbilder, darunter die dissoziative Amnesie und multiple Persönlichkeitsstörung. Auslöser der Krankheit, die meist in den ersten 30 Lebensjahren auftritt, sind häufig traumatische Erlebnisse wie zum Beispiel Gewalteinwirkung. Als Reaktion auf das Erlebte spalten Betroffene Erinnerungen (oder in schweren Fällen) gar ganze Teile ihrer Persönlichkeit ab; mehrere Persönlichkeiten entstehen. Diese unbewusste Trennung von Bewusstsein und Wahrnehmung ist laut Straub ein Schutzmechanismus des Körpers, der bei gesunden Menschen nur in besonders gefährlichen Situationen greift. Bei einer Störung tritt die Abspaltung unkontrolliert und infolge harmloser Situationen auf, sodass es zu einem verfälschten Bild der eigenen Identität kommt. Typische Anzeichen sind Entfremdungsgefühle, Gedächtnisverlust sowie weitere Sinnesstörungen. Da diese Symptome laut Straub auch bei neurologischen Erkrankungen auftreten, kommt es nicht selten zu Fehldiagnosen. Nach richtiger Diagnosestellung kann Patienten durch eine Kombination aus Psychotherapie und Psychopharmaka geholfen werden.
Bild: Fotolia
Neurose
Neurotischen Störungen können wir laut Straub nicht vorbeugen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Ursachen bis heute noch nicht vollständig geklärt sind. Psychotherapeuten halten einen Konflikt zwischen den eigenen Wünschen und Trieben und der Realität für naheliegend, da sich Neurosen oft in Lebenskrisen manifestieren. Zudem kommen Umwelteinflüsse, genetische Veranlagungen und die Persönlichkeitsstruktur als Auslöser in Frage. Krankheitsanzeichen ist ein schüchternes, gehemmtes Verhalten, das mit Zwängen (wie zum Beispiel dem wiederholten Händewaschen) einhergeht. Diese sind mit Depressionen und Angstzuständen verbunden. Auch neurotische Störungen sollten psychotherapeutisch behandelt werden, um der Ursache auf den Grund gehen zu können.
Bild: dpa
Psychose
Im Vergleich zu Angststörungen, Burnout und Depressionen sind Psychosen hierzulande weitaus weniger verbreitet. An dieser schweren Wahrnehmungsstörung leiden laut Straub lediglich ein bis zwei Prozent der Deutschen. Im Gegensatz zu Neurotikern, die sich ihrer Krankheit bewusst sind, verlieren Psychotiker jeglichen Bezug zur Realität - Halluzinationen und Wahnvorstellungen bestimmen den Alltag der Betroffenen. Während Schlaf- und Konzentrationsstörungen das Anfangsstadium prägen, stellen sich im Verlauf der Krankheit Wesensveränderungen ein, Gedächtnis- und Orientierungsverlust sind möglich. Besonders anfällig sind Menschen im Alter zwischen 14 und 25 Jahren, in deren Familie es bereits Betroffene gibt. Als Ursache für nicht-organische Psychosen nennt Straub Umwelteinflüsse sowie Erlebnisse in der Kindheit und im Erwachsenenalter. Unabhängig von der Krankheitsursache lassen sich die Symptome der Psychose Experten zufolge durch antipsychotische Medikamente behandeln und vermindern. Eine zusätzliche Psychotherapie ist laut Straub bei nicht-organischen Psychosen sinnvoll.
Bild: Fotolia
- Teilen per:
- Teilen per: