Start-up Universal Hydrogen Verhilft das Nespresso-Prinzip dem Wasserstoff-Flugzeug zum Durchbruch?

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Wasserstoff im Tank: Ein Umrüstkit für Kerosinflieger

Als Kandidaten für ihr Umrüst-Kit haben die Kalifornier Turboprop-Maschinen vom Typ De Havilland Canada DHC8-Q300 ins Auge gefasst, kurz Dash 8. Die sind weltweit auf Regionalstrecken im Einsatz - auch Eurowings und die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines haben mehrere Dutzend der Maschinen in ihrer Flotte.

Um sie zu Wasserstoff-Fliegern zu machen, hat Universal Hydrogen zwei erfahrene Partner an Bord geholt: Plug Power aus den USA liefert die Brennstoffzellen, die den Wasserstoff an Bord in Strom umwandeln. Das Unternehmen stellt unter anderem Wasserstoffantriebe für Gabelstapler in den Lagern von Walmart und Amazon her. Das Start-up MaxniX wiederum entwickelt die Elektromotoren für die Flieger. Der Anbieter hat auch schon Wasserflugzeuge für den Einsatz in Kanada elektrifiziert.

Die neuen voluminösen Tanks sollen zwar zehn Sitzplätze an Bord kosten, weil Wasserstoff mehr Raum einnimmt als Kerosin. Doch im Betrieb sollen die Flieger den Fluglinien unter dem Strich wegen des sparsamen Elektroantriebs genauso viel Gewinn einbringen wie die Kerosinflieger heute.

Auch die Reichweite der umgerüsteten Propellermaschinen soll etwas geringer sein, 750 bis 1000 Kilometer weit sollen sie fliegen können. Das soll aber reichen, um einen Großteil der heutigen Routen weiterhin bedienen zu können, heißt es bei Universal Hydrogen. „Bis 2030 wollen wir etwa 2000 Flugzeuge umrüsten“, sagt Chua.

Bis dahin muss Universal Hydrogen zeigen, dass seine Tanks und die Umrüst-Kits sicher funktionieren, dass sie die Abwärme der Brennstoffzellen ableiten können – und dass die Flugzeuge mit der leicht veränderten Gewichtsverteilung abheben können. Auch die Zertifizierung der Luftfahrtbehörden wird eine Hürde für das Start-up sein.

Es stellt sich zudem die Frage, ob Universal Hydrogen mit gasförmigem Wasserstoff tatsächlich die angepeilte Reichweite erreicht. „Die meisten Konzepte für Wasserstoffflugzeuge gehen heute davon aus, flüssigen Wasserstoff mit an Bord zu nehmen, weil seine Energiedichte deutlich höher ist“, sagt Jochen Kaiser, Leiter für visionäre Flugzeugkonzepte beim Münchner Luftfahrt-Think-Tank Bauhaus Luftfahrt. 

Auch das haben die Kalifornier mit ihren Kapseln vor. Um Wasserstoff zu verflüssigen, müssen sie ihn allerdings auf minus 253 Grad Celsius herunterkühlen – und ihn möglichst lange so kalt bewahren. 40 Stunden lang soll das mit den Tanks der Gründer möglich sein – auch das muss sich in der Praxis noch beweisen.

Keine Angst vor Feuer

Bei der Sicherheit des Wasserstoff-Antriebs sehen Experten dagegen keine großen Hürden. Laien denken bei Wasserstoff häufig an die Explosion des Luftschiffs Hindenburg im Jahr 1937. Heute lasse sich mit dem Gas aber ein großes Maß an Sicherheit gewähren, sagt Bauhaus-Luftfahrt-Experte Kaiser. Wasserstoff ist leichter als Luft - im Fall eines Feuers etwa auf dem Flugplatz würde das brennende Gas schnell nach oben verflüchtigen, während sich Kerosin wie ein brennender See auf dem Asphalt ausbreitet. 


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Wenn Universal Hydrogen tatsächlich Flugzeuge auf Brennstoffzellen-Betrieb umrüsten könne, sei das ein interessantes Konzept vor allem für den Kurzstreckenbereich, sagt Luftfahrtexperte Kaiser. „Der Start im Jahr 2024 ist aber sehr ambitioniert.“

Immerhin kann das Start-up auf ein erfahrenes Gründerteam zählen, das zuvor in führenden Positionen beim ehemaligen US-Techkonzern United Technologies (heute Raytheon), bei Airbus und bei Google gearbeitet hat. Mitgründer Chua hat bei United Technologies ein hybrid-elektrisches Flugzeug entwickelt, bevor er sich als Gründer selbstständig gemacht hat. Sollten sie Erfolg haben, könnten die Kapseln von Universal Hydrogen helfen, die Energiewende in der Luftfahrt zu beschleunigen. Gründer Chua will Fluglinien den Umbau ihrer Jets im Tausch gegen langfristige Treibstoff-Lieferverträge anbieten. Ganz nach dem Vorbild von Nespresso und Co. – die bewiesen haben, wie man mit dem Kapsel-Konzept Kunden an sich binden und Milliarden verdienen kann.

Mehr zum Thema: Im Podcast erklärt Volocopter-Chef Florian Reuter, wie er sich eine Zukunft mit Flugtaxis vorstellt, ob sein Service zum Spielzeug für Reiche wird und wieso er selbst noch nie mit dem „Volocity“ abgehoben ist.

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