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Stephen Hawking wird 75 Der Typ, der die Zeit erfunden hat

Schwarze Löcher, Mini-Raumschiffe, Gefahren durch schlaue Roboter – Stephen Hawkings Gedankenwelt klingt wie Science-Fiction. Am heutigen Sonntag wird der Physiker mit der Neigung zu populären Themen 75 Jahre alt.

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Stephen Hawking bei der Präsentation von „Breakthrough Starshot“ im April 2016. Ziel des Projekts ist es, eine Flotte winziger Raumschiffe zum sonnennächsten Sternensystem zu schicken. Quelle: dpa

Berlin Körperlich hilflos, aber der brillante Geist läuft auf Hochtouren: Stephen Hawking gehört zu den bekanntesten Wissenschaftlern unserer Zeit. Am heutigen Sonntag (8. Januar) wird das Genie im Rollstuhl 75 Jahre alt. Ein Geburtstag, den er gar nicht mehr erlebt hätte, hätten sich die ursprünglichen Prognosen der Ärzte zu seiner unheilbaren Krankheit bewahrheitet.

Hawking leidet an der Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Seit Jahrzehnten ist er nahezu bewegungsunfähig. Nur mit Hilfe eines Computers kann er sich mühsam verständigen, nachdem ein Luftröhrenschnitt vor 30 Jahren ihn die Stimme kostete. Von Reisen rund um den Globus halten ihn solche Einschränkungen allerdings nicht ab. Er ist stets mit einem Stab von Leuten unterwegs, darunter auch Krankenschwestern.

An ALS erkrankte Hawking bereits als Physikstudent. Die Krankheit schritt bei ihm sehr langsam voran, sie markierte einen Wendepunkt in seinem Leben: „Plötzlich begriff ich, dass es eine Reihe wertvoller Dinge gab, die ich tun könnte, wenn mir ein Aufschub gewährt würde.“

Auf Isaac Newtons Lehrstuhl

Mit großem Ehrgeiz und scharfem Verstand brachte er es trotz seiner Krankheit zu hohen akademischen Würden. 1979 wurde er Professor für Mathematik in Cambridge, 30 Jahre lang – bis zum Jahr 2009 – hatte er dort den hoch renommierten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik inne. Sein berühmtester Vorgänger in dieser Funktion war Isaac Newton.

Hawking bereicherte die Physik mit seinen Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. „Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen“, sagte er. „Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert.“ Hawkings Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ wurde zum Bestseller und machte ihn auch außerhalb der Wissenschaftswelt populär – obwohl Spötter dem durchaus anspruchsvollen Werk bescheinigten, das vermutlich meistverkaufte ungelesene Buch der Geschichte zu sein.

Hawking erweiterte unser Verständnis vom Universum unter anderem um ein heute als Hawking-Strahlung bekanntes Phänomen - eine Strahlung, durch die Schwarzen Löchern allmählich Energie entzogen wird, sodass sie im Lauf von Jahrmilliarden „verdampfen“. Direkt nachgewiesen werden konnte diese extrem schwache Strahlung bislang zwar nicht, die Gültigkeit von Hawkings Theorie ist aber allgemein akzeptiert.


Reise zu den Sternen

Hawking selbst ist sich durchaus bewusst, dass er seine weltweite Popularität nicht allein solchen Forschungsleistungen verdankt. „Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies“, sagte er dem Sender BBC. „Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige.“

Tatsächlich ist Hawking längst zu einem Popstar der Wissenschaft geworden, mit Fernsehauftritten in populären Unterhaltungsserien wie „Star Trek“ oder „Big Bang Theory“ – wobei er auch schon mal als „der Typ, der die Zeit erfunden hat“ charakterisiert wird. Er schreckt auch nicht davor zurück, zu Themen wie Zeitreisen und Außerirdischen Stellung zu nehmen, bei denen viele seiner Forscherkollegen indigniert abwinken.

In den vergangenen Jahren scheint Hawking eine Wandlung durchzumachen, tritt oft als Mahner auf. Intelligente Roboter, Klimaerwärmung, Atomkrieg und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten die Erde gefährden, warnt er. Seine Botschaft: Die Menschheit müsse sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen für den Fall, dass es zu einer hausgemachten Katastrophe kommt.

Dazu passt das jüngste seiner populären Projekte: Gemeinsam mit dem russischen Milliardär Juri Milner plant er, eine Armee nur etwa briefmarkengroßer Raumschiffe auf eine 20-jährige Erkundungsreise zum sonnennächsten Sternensystem Alpha Centauri zu schicken. „Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen“, so Hawking bei der Vorstellung des Projekts im vergangenen Jahr.

Das Privatleben kam trotz seiner Forschungen nicht zu kurz: Hawking war zweimal verheiratet und hat drei Kinder. 30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe verheiratet, die Ehe scheiterte. Später nannte seine Ex-Frau ihn einen Haustyrannen: „Sein Ruhm trug ihn aus dem Orbit unserer Familie.“

1995 heiratete Hawking seine Pflegerin, die Verbindung hielt elf Jahre. In einem Interview mit der Zeitschrift „New Scientist“ sagte er auf die Frage, worüber er jeden Tag am meisten nachdenke: „Frauen. Sie sind ein komplettes Rätsel.“

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