Noch verzwickter ist die massive Strahlung, die rund um den Jupiter herrscht. Wer sich ungeschützt einen Tag lang dort aufhalten würde, den würde sie umbringen. Mit welchen Mitteln eine Raumstation sich von dieser unsichtbaren Gefahr abschirmen könnte, ist noch völlig offen. "Manche Technologien, die eine Mission zum Jupiter erfordert", sagt von Bengtson, "sind vielleicht noch nicht erfunden."
Ist es angesichts solcher Hürden nicht verrückt, überhaupt über eine solche Mission nachzudenken? "Wir sollten uns häufiger Aufgaben stellen, die uns fordern", findet von Bengtson. "Wir haben heute den Nerv verloren, Risiken einzugehen und uns selbst voranzutreiben." Der Däne hat schon bewiesen, dass er keine leeren Versprechen abgibt: Seit 2008 arbeitet er tagtäglich an einem selbst gebauten Raumschiff, mit dem er ins All fliegen will.
Do it yourself, der Trend dieser Epoche, gilt nun auch für die Eroberung des Alls. "Eine neue Ära der Raumfahrt ist angebrochen", glaubt von Bengtson. "Es sind nicht mehr die Regierungen, sondern die Menschen selbst, die visionäre Weltraum-Projekte in die Hand nehmen." Dutzende Startups wollen Touristen oder Raumsonden ins All befördern, und sogar auf Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter wurden schon einige Raumfahrt-Projekte erfolgreich finanziert.
Die Ergebnisse könnten die Welt verändern
Aber auch die Raumfahrtagenturen sind an Missionen zu Europa interessiert. Mitte der 90er Jahre schwenkte die Raumsonde Galileo in eine Umlaufbahn um den Mond ein – und funkte spektakuläre Bilder zur Erde. Im Jahr 2022 soll eine Sonde der Europäischen Raumfahrtagentur Esa zum Jupiter aufbrechen und mit Messinstrumenten klären, ob es den vermuteten Ozean unter der Eiskruste tatsächlich gibt.
Würden Astronauten eines Tages Europa tatsächlich anfliegen, böte sich ihnen ein außergewöhnlicher Anblick: Rund, glatt und rötlich schimmernd wie eine Marmorkugel , kreist der Eismond in nur drei Tagen um den 140.000 Kilometer breiten Riesenplaneten Jupiter. Wer auf dem Trabanten landen würde, beträte eine Eislandschafft voller bizarrer Krater und Furchen.
Würden Wissenschaftler dort Leben finden, hieße das: Es gibt wahrscheinlich noch Millionen weiterer belebter Himmelskörper dort draußen im All. Hätten die Europa-Mikroben auch noch ähnliches Erbgut wie irdisches Leben, dann müssten wir unsere Geschichtsbücher umschreiben. "Es könnte bedeuten", sagt von Bengtson, "dass wir von außerirdischen Lebensformen abstammen, die mit Asteroiden auf die Erde und auf Europa gefallen sind."
Um Leben auf dem Jupitermond zu finden, müssten sich Forscher allerdings durch eine vermutlich bis zu 15 Kilometer dicke Eisdecke bohren oder schmelzen – und dann in den bis zu 100 Kilometer tiefen, verborgenen Ozean eintauchen. Wie das möglich wäre, auch das will von Bengtson mit seinem Projekt herausfinden. Einen kompetenten Mitstreiter für diesen Part hat er schon gefunden: Pierre Cousteau, von Bengtsons Ex-Kommilitone, will bei "Objective Europa" mitarbeiten – er ist der Sohn des berühmten Meeresforschers Jacques Cousteau.
Und auch Weltraum-Laien können sich an dem Projekt beteiligen: Objective Europa sucht zurzeit Grafiker, Programmierer und Foren-Moderatoren für seine Webseite.