Stiftung Warentest Tester entdecken Mineralöl in Pralinen

Teuer und edel sind keine Garantie für Qualität. Das gilt auch für Pralinen. Die Stiftung Warentest hat 23 Produkte aus Marzipan und Nougat geprüft. Fast alle enthalten Spuren von Mineralöl. Eine Edelmarke fiel durch.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Stiftung Warentest: Pralinen enthalten Mineralöl Quelle: dpa Picture-Alliance

Sie duften herrlich nach Kakao, Mandel und Vanille. Allein beim Anblick der glänzenden, verzierten Schokoladenbissen ist es um manches Leckermaul geschehen. Die Auswahl ist „edel“ und „verlesen“, der Genuss „unverwechselbar“ und „exklusiv“, so versprechen es viele Pralinen-Anbieter.

Vor allem in der Weihnachtszeit werden Pralinen gerne verschenkt. Die Stiftung Warentest hat jetzt für die neue Ausgabe des Magazins „Test“ rund zwei Dutzend Produkte unter die Lupe genommen.

Das Ergebnis dürfte einigen Schleckermäulern die Lust auf Pralinen gründlich verderben.

Stiftung Warentest: 23 Pralinen-Sorten unter der Lupe

In fast allen Produkten aus Fertigpackungen sowie loser Ware von der Theke haben die Prüfer Spuren von Mineralöl nachgewiesen. Im Test waren insgesamt 23 Pralinensorten – 10 mit Marzipan, 12 mit Nougat (darunter ein Bioprodukt) und eine Besonderheit: Nougathappen ohne Schokolade.

Das raten die Tester

Pro Produkt kauften die Tester etwa 30 Packungen ein, um ihre zahlreichen Punkte auf der Prüfliste klären zu können. Dazu gehörten Fragen wie „Überwiegt im Mund die Süße?“, „Enthält das Marzipan nur Mandeln?“ und „Ist die Schokolade mit Kadmium belastet?“.

Das Ergebnis: Insgesamt zwölf Produkte schneiden gut ab, darunter sowohl Marzipan- als auch Nougatpralinen. Keime waren kein Problem – ebenso wenig Kadmium, das Kakaopflanzen aus vulkanischen Böden aufnehmen können.

Und auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die sich etwa beim unsachgemäßen Trocknen der Kakaobohnen bilden können, haben die Tester der Stiftung nicht entdeckt.

Vier Produkte schaffen die Bestnote

Vor allem im Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl konnten mehrere Testkandidaten überzeugen – dieser Prüfpunkt ging mit 60 Prozent in die Gesamtbewertung ein und ist besonders wichtig. Bei der Verkostung haben die geschulten Prüfpersonen den Schokoladenüberzug als Erstes und getrennt verkostet.

Dann folgte die Füllung und im Anschluss die Praline im Gesamten. Gute Noten vergaben die Tester, wenn die Praline ausgewogen schmeckte, weder die Füllung noch die Schokolade im Vordergrund stand und die Süße nicht dominierte.

Ein kräftiger, vielseitiger Kakaogeschmack gab Pluspunkte, auch ein zarter Schmelz und das Knacken der Schokolade. Das Nougat musste gleichmäßig cremig sein und kräftig nach gerösteten Haselnüssen schmecken. Das Marzipan sollte leicht feucht, nicht bröselig sein sowie kräftig und aromatisch nach Mandeln schmecken.

Stiftung Warentest: Pralinen-Tipps der Tester

Hervorzuheben sind nach Ansicht der Tester die Marzipanpralinen von Niederegger, die Nougatpralinen von Fassbender & Rausch sowie Leysieffer und die Nougathappen von Erasmi. Diese vier erreichen in der sensorischen Beurteilung die Note 1,0.

Fast genauso gut im Geschmack sind die Edelmarzipan-Pralinen von Arko, Fassbender & Rausch, Walter sowie die Nougatpralinen von Aldi (Nord), Argenta und Guylian. Eine Überraschung für die Tester war, dass ausgerechnet mehrere der teuren und edel wirkenden Pralinen von der Theke enttäuschten.

Das lag unter anderem daran, dass die Kennzeichnung fehlte oder unvollständig war. Besonders negativ fielen die Marzipanpralinen des belgischen Königshauslieferanten Godiva auf. 100 Gramm seiner Pralinen kosten stattliche 8,95 Euro.

Pralinen mit Mineralölen belastet

Bei den belgischen Pralinen wiesen die Tester den Konservierungsstoff Sorbinsäure (E 200) nach, und das nicht nur in Spuren. Die Konservierung einer Marzipanfüllung ist unüblich, aber erlaubt – wenn sie angegeben wird.

In der Zutatenliste, die am Godiva-Stand eingesehen konnte, tauchte der Stoff nicht auf. Allergologen schätzen die Zahl derer, die Sorbinsäure schlecht vertragen, zwar als gering ein. Das Urteil für die Deklaration lautet aber Mangelhaft. Das Gesamturteil lautete: ausreichend (4,5).

Stiftung Warentest: So wurden Pralinen getestet

Ein anderes Problem wiesen die losen Marzipanpralinen von Bandy Brooks, einem Pralinen- und Eishersteller mit amerikanischen Wurzeln, auf. Sie waren deutlich mit Mineralölen belastet. Diese Stoffe sorgten schon 2012 im Test von Adventskalendern für Aufsehen.

Wie damals stießen die Tester jetzt auch auf zwei Gruppen: sogenannte MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) und MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons). Als kritisch gelten MOSH, da sie sich im Körper anreichern können. Noch kritischer sind MOAH, aromatische Mineralöle. Sie stehen im Verdacht, Krebs zu erregen.

Die Prüfung ergab: Bei Bandy Brooks liegt das Problem in der Geschenk-Verpackung. Aus dem dickwandigen Recyclingkarton dünsten Mineralöle aus oder gehen durch Kontakt auf die Pralinen über. Im Karton fanden die Tester Gehalte an MOSH und MOAH, die für recyceltes Papier typisch sind.

Je länger Pralinen darin liegen, umso mehr steigt ihre Belastung. Bis heute gibt es keine gesetzlichen Grenzwerte für Mineralöle. Die Tester haben ihre eigenen Bewertungskriterien entwickelt. Frei von Mineralölen waren nur die Pralinen von Arko. Viele Hersteller nutzen heute Packungen aus Frischfaser anstelle von Recyclingkarton. Das ist schon ein wichtiger Schritt. Da die Mineralölgefahr aber auf jeder Produktionsstufe lauert, bleibt noch viel zu tun.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%