Stress im Büro Leiser Lärm kann krank machen

Hintergrundgeräusche am Arbeitsplatz schaden nicht nur der Konzentration, sondern auch der Gesundheit: Neuen Studien zufolge kann selbst leiser Lärm krank machen. Was sich dagegen tun lässt.

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Auch die Hintergrundgeräusche am Arbeitsplatz können krank machen. Quelle: Fotolia

Die Klimaanlage rauscht, Tasten klappern, Papier knistert, Kollegen flüstern. Diese Geräusche erleben jeden Tag Millionen von Angestellten in Großraumbüros. Tendenz steigend: Von den bis zu 15 Millionen Arbeitsplätzen hierzulande sollen bereits die Hälfte keine Einzelbüros mehr sein.

Doch klar ist auch: Der Geräuschpegel ist in Gemeinschaftsbüros wesentlich höher. Messungen zufolge erreicht er 50 bis 70 Dezibel. Zum Vergleich: Ein Presslufthammer schafft etwa 90 Dezibel. Klar ist deshalb: Bürolärm ist alles andere als harmlos. Das bestätigt auch der Mediziner und Psychologe Markus Meis, der am Hörzentrum der Universität Oldenburg arbeitet. Er definiert Lärm als "unerwünschten Schall. Und das, sagt Meis, habe nicht nur etwas mit Dezibel zu tun.

So gelingt das Zusammenleben im Großraumbüro
Nach Funktionen zusammen sitzenMenschen sollten im Großraumbüro nach Funktionen zusammen sitzen. So können sie sich gut austauschen und werden weniger durch die Arbeit der anderen abgelenkt – schließlich arbeiten ohnehin alle gleich. Quelle: ZB
Handys lautlos schaltenJe mehr Smartphones im Großraumbüro singen, piepsen und brummen, desto nerviger wird die Zusammenarbeit. Daher sollte jeder sein Handy lautlos stellen. Quelle: AP
Gegenseitige AkzeptanzMuss man sich im klassischen Einzelbüro den Raum - wenn überhaupt - mit einer Person teilen, sitzen Menschen in Großraumbüro zu zehnt oder mehr zusammen. Verschiedene Charaktere mit verschiedenen Einstellungen, Erwartungen und Marotten treffen hier aufeinander. Das kann zu Konfliktpotenzial führen. Also gilt es, sich gegenseitig zu akzeptieren.   Quelle: dpa
Offene AussprachenWenn jemanden etwas stört, dann sollte er das auch kundtun. Sein Ärgernis über das laute Tippen des Sitznachbarn oder die ewig schlechten Witze des Hintermanns runterzuschlucken, führt nur zu mehr Verärgerung – und verschlechtert das Betriebsklima. Also gilt es, sich einfach locker, freundlich und unvermittelt auszusprechen: „Kannst du bitte ein wenig leiser tippen?“ oder „Kannst du etwas leiser sprechen?“ wirken mehr als, wenn irgendwann die angestaute Wut motzend aus einem herausbricht. Quelle: Fotolia
Distanz haltenJeder Mensch hat eine Intimzone von etwa 50 Zentimetern. Und die sollten Kollegen einhalten, auch wenn es im Großraumbüro schnell eng werden kann. Was für den einen eine angenehme Nähe ist, kann dem anderen schließlich schon zu nah sein. Quelle: Fotolia
Auf die Worte achtenAußer vielen Kollegen finden sich in Großraumbüros auch immer doppelt so viele Ohren. Und nicht jedes Ohr muss gleich jede Intimität oder Privatsache mitbekommen. Daher sollte man auf seine Worte achten und private Gespräche lieber draußen abhalten. Quelle: dpa
Riechendes Essen verbannenEin Großraumbüro, viele Geschmäcker. Wenn Chinabox, Dönertasche und Pizza mit Knofi aufeinander treffen, sorgt das für eine Atmosphäre, in der sich niemand wohlfühlt. Um Gerüche, die sich in Möbeln und Kleidern festsetzen, zu vermeiden – sowie die  Konflikte die dadurch entstehen, weil manche Kollegen gewisse Düfte nicht ertragen können oder wollen, sollten Chefs geruchsintensive Gerichte im Großraumbüro verbieten. Quelle: dpa

Der Forscher hält die Höhe des Schadens und den Grad der Belästigung für unterschätzt. Studien zufolge könne Lärm die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern um bis zu zehn Prozent mindern. Selbst gesundheitliche Folgen sind nicht ausgeschlossen. Der Internationale Tag gegen Lärm am Mittwoch soll für das Problem sensibilisieren.

Lärm ist für den menschlichen Körper ein Stressfaktor - und der erhöht den Blutdruck. Unter einer Dauerbelastung kann es zu diversen Symptomen kommen - von Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen über Muskelverspannungen bis hinzu Magen- und Darmbeschwerden und Schlafstörungen.

Deutschlands Lärmquellen in Dezibel

Aber wieso macht Krach krank? Um diese Frage zu beantworten, hilft ein Rückblick auf die Evolutionsgeschichte. „Das Gehör ist auch und insbesondere ein Warn-Organ“, sagt Jürgen Hellbrück, Lärmwirkungsforscher an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Dafür ist das Gehör 24 Stunden am Tag im Einsatz. Es analysiert die Veränderungen von Schallwellen, die durch Bewegung entstehen. „Diese Veränderungen wecken die Aufmerksamkeit und können beispielsweise als Gefahr wahrgenommen werden“, sagt Hellbrück.

Diese mögliche Gefahr setzt uns Menschen unter Strom. Wie bei einem Tier stellt sich der Körper auf „Flucht“ oder „Kampf“ ein. „Die Aktivität wird durch eine Ausschüttung von Stresshormonen gesteigert. Das passiert binnen kürzester Zeit, da das Gehör sehr nah am sogenannten Aktivationszentrum des Gehirns liegt und die Nervenwege daher relativ kurz sind“, erklärt Hellbrück. Die Stresshormone wiederum lösen den erhöhten Blutdruck aus, damit die Muskeln mit mehr Sauerstoff versorgt werden.

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