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US-Strategieberater Rowan Gibson "Kerngeschäft zerschlagen"

Der US-Strategieberater fordert, dass die Deutschen ihre traditionelle Vorstellung von Innovation überdenken.

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Mr. Innovation: Rowan Gibson im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Gibson, viele Deutsche denken bei Innovation zuerst an Produkte. Ist das typisch?

Rowan Gibson: Ja, die Deutschen sind sehr auf greifbare Dinge fixiert. Wenn man in deutschen Unternehmen über Innovation redet, verstehen die meisten darunter eine neue Technologie oder ein neues Produkt. Selbst in Dienstleistern, einer Bank beispielsweise, wird Innovation oft mit Informationstechnik assoziiert: eine technische Neuerung, um die herum man neue Dienste bauen kann.

Und das greift zu kurz?

Genau, Unternehmen, die sich nur auf die Produktentwicklung konzentrieren, vergeben alle anderen Chancen: ob Dienstleistungs-, Prozess-, Marketing-, Kosten-, Management- oder natürlich Geschäftsmodell-Innovation. Gerade Letztere aber beherrschen nur sehr wenige Unternehmen.

Deutsche Firmen investieren am meisten in Forschung
Ein Schild mit dem Infineon-Logo Quelle: dpa
Merck Quelle: AP
 In einer Spritzkabine werden die Pflanzen auf rotierenden Tellern durch die Anlage transportiert und mit Wirkstoff besprüht. Quelle: obs
Fahnen mit dem Continental-Logo Quelle: dapd
Das Logo des Softwareherstellers SAP Quelle: dapd
Eine Mitarbeiterin der Bayer Bitterfeld GmbH posiert in Bitterfeld mit einer Aspirintablette des Unternehmens in der Hand Quelle: dapd
Ein Arbeiter montiert im BMW-Werk in Muenchen das BMW-Logo auf eine Motorhaube einer 3er BMW-Karosserie Quelle: dapd

Warum ist das denn so schwer?

Die Geschäftsmodell-Innovation ist eine Art heiliger Gral. Sie betrifft das gesamte Geschäft und ist viel schwieriger zu kopieren als ein Produkt oder eine Dienstleistung. Microsofts Betriebssystem Windows Vista gab es zum Beispiel als Raubkopie schon in China zu kaufen, bevor die offizielle Version auf den Markt kam. Wollte aber die US-amerikanische Supermarktkette Walmart den Online-Händler Amazon einholen, müsste sie ihr Kerngeschäft zerschlagen, alle Einkaufszentren schließen und ein reines Internet-Unternehmen werden.

Nicht nur der Innovationsbegriff ändert sich, auch die Kunden, oder?

Auf jeden Fall. Als das Modeunternehmen GAP sein Logo geändert hat, haben sich die Leute im Internet darüber ausgetauscht, wie hässlich es sei. Nach fünf Tagen war das neue Logo tot. Marken gehören heute den Kunden. Vor allem soziale Medien geben ihnen Macht. Das Internet schafft eine Transparenz, die es nie zuvor gab. Früher dominierten in Deutschland zwei, drei Unternehmen eine Branche. Heute kann der Kunde durch Internet und Globalisierung aus vielleicht zwei Dutzend wählen.

Trotz dieser Machtverschiebung gelingt es Unternehmen wie etwa Apple immer wieder, Trends zu setzen. Wie das?

Natürlich steht Apple für eine eigene Art zu denken und ein bestimmtes Design. Aber der Erfolg hängt nicht am iPhone. Bei Apple weiß man, dass der Wettbewerbsvorteil nicht mehr in Produkten steckt, sondern in Plattformen wie dem App Store, wo jeder Programme anbieten kann. Samsungs Galaxy und ein iPhone sind kaum zu unterscheiden. Darum bindet Apple die Kunden im Grunde nicht mehr durch das Smartphone an die Marke, sondern durch die Plattform dahinter.

Immer mehr Unternehmen wollen die Kunden über Open-Innovation-Strategien in die Entwicklung einbeziehen. Aber wollen die Kunden das überhaupt?

Ja, es gibt jede Menge Beispiele von Unternehmen, die ihre Innovationsprozesse erfolgreich geöffnet haben: für Kunden, Zulieferer, Handelspartner oder Geldgeber. Früher mussten Unternehmen alles alleine in ihrem Labor ausprobieren. Heute können Leute von außen mit helfen, das Angebot so zu verändern, wie es ihnen passt. Der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble etwa generiert auf diese Weise schon mindestens die Hälfte seiner Innovationen.

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