Was Nahrungsergänzungsmittel taugen Das große Geschäft mit Vitaminen

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Nicht nur überflüssig, sondern gesundheitsschädlich

Den meisten Verbrauchern ist zudem nicht bewusst, dass Nahrungsergänzungsmittel kaum gesetzlichen Vorschriften unterliegen und sie im Gegensatz zu Medikamenten auch keine Testreihen zu Wirksam- oder Schädlichkeit durchlaufen müssen. Dar Risiko daran zeigt sich etwa im Beispiel der Juiceplus-Kapseln: sie enthalten Vitamin A in einer so hohen Dosierung, dass bei einem Arzneimittel bereits ein Warnhinweis für Raucher aufgrund des erhöhten Lungenkrebsrisikos angebracht werden müsste. Gerade der blühende Vertrieb über das Internet bietet Herstellern von allerlei Schlankheitspülverchen und Kräuterpillen aus dem Ausland ein Schlupfloch - Verbraucher sollten sich darüber bewusst werden, dass solche Produkte in Deutschland oftmals nicht verkehrsfähig und potentiell gefährlich sind.

Diese Nahrungsmittel sind Stress-Killer
LachsDieser Fisch ist eine gute Quelle für die lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren. Sie helfen dem Körper, gegen Entzündungsreaktionen vorzugehen, die etwa durch das Stress-Hormon Cortisol angefeuert werden. Der fettreiche Fisch sollte einmal die Woche auf dem Speiseplan stehen. Die Fettsäuren sollen außerdem das Herz schützen und die Psyche stärken. Quelle: dapd
Thunfisch und SardinenAuch diese fetthaltigen Fische sind gute Omega-3-Lieferanten. Sie können auch als Konserve gegessen werden. Wer keinen Fisch mag, kann auch auf Fischöl-Kapseln zurückgreifen. Eine Studie der Psychologin Janice Kiecolt-Glaser von der Universität Ohio zeigte, dass Fischöl-Kapseln bei einer Probandengruppe aus Studenten die Gefühle von Ängstlichkeit und Sorge um 20 Prozent senken konnte. Quelle: dpa
Chia-Samen und LeinsamenBesonders für Vegetarier sind diese Samen eine gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren, vor allem Alpha-Linolensäure. Außerdem liefern sie wertvolle Antioxidantien und Ballaststoffe. Um Leinsamen optimal aufnehmen zu können, sollten sie gemahlen gegessen werden. Schon ein einziger Esslöffel enthält rund 2,5 Gramm der essentiellen Alpha-Linolensäure, die unser Körper nicht selbst bilden kann - positive Wirkungen auf die Gesundheit stellen sich schon ab einer täglichen Aufnahme von 2 Gramm der Fettsäure ein. Sie ist ein wichtiger Baustoff für entzündungshemmende Stoffe, die unser Körper aus ihr bildet. Chia war schon bei den Azteken eine wichtige Nahrungspflanze, auch sie liefern reichlich Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien. Letztere haben große Bedeutung als Radikalfänger. Sie reduzieren den sogenannten oxidativen Stress, der als mitverantwortlich für Alterungsprozesse und zahlreiche Krankheiten, die im Zusammenhang mit Zellschäden stehen, gilt. Quelle: Fotolia
EierDas Frühstücksei macht satt und ist ein guter Eiweiß- und Vitamin-B-Lieferant. Eiweiß als Energielieferant verursacht keine plötzlichen Sprünge im Blutzuckerspiegel wie manche Kohlenhydrate. Die Vitamine der B-Gruppe - besonders B1, B6 und B12 - gelten als wahre Nervennahrung. Sie sind sowohl an der Nervenfunktion als auch an der -regeneration und dem -wachstum beteiligt. Eine Studie der Swinburne University of Technoloy in Melbourne, Australien, zeigte im Jahr 2011, dass eine erhöhte Zufuhr von Vitamin B zu einer deutlichen Verminderung der Stressbelastung der Probanden führte. Quelle: dpa
Grünkohl, Mangold und Co.Auch wenn das Wintergemüse Grünkohl nicht jedermanns Sache ist: Er enthält wertvolle Vitamine; vor allem Vitamin A. Auch anderes dunkelgrünes Blattgemüse, etwa Mangold, ist hilfreich. Vitamin A zählt zu den fettlöslichen Vitaminen - damit der Körper sie verwerten kann, muss der Nahrung also etwas Fett, etwa in Form von Pflanzenöl, zugegeben werden. Vitamin A ist ein guter Fänger von freien Radikalen, die vermehrt bei Stress gebildet werden. Es findet sich auch in Karotten, Spinat oder Kürbis. Quelle: dpa-dpaweb
Internationalen Süßwarenmesse in Köln Quelle: Fotolia
KürbiskerneDie Samen sind ein guter Snack, der reichlich Zink und Magnesium liefert. Bei großen Belastungen sinkt häufig der Zink-Spiegel, daher sollte man vermehrt zu zinkhaltigen Lebensmitteln greifen, um den erhöhten Bedarf zu decken. Auch Rindfleisch, Eier und Vollkornerzeugnisse sind zinkreich. Ein hoher Cortisol-Spiegel durch Stress bewirkt eine vermehrte Ausscheidung von Magnesium über die Nieren. Ist der Körper gut mit Magnesium versorgt, kann dies der vermehrten Ausschüttung des Stress-Hormons entgegenwirken. Bananen, Vollkorn und Brokkoli sind ebenfalls gute Magnesiumlieferanten. Quelle: Fotolia

Und so wächst der Markt mit den bunten Pillen immer weiter. Zu verlockend ist die Idee, weiter bequem Pizza, Pommes und Burger futtern zu können - und das, was fehlt, einfach in Pillenform hinterher zu werfen. „Wir nehmen Nahrungsergänzungsmittel meist zur Gewissensberuhigung. Aber Ernährungsfehler lassen sich nicht durch Pillen ausgleichen", sagt DGE-Präsident Helmut Heseker. Laut einer Forsa-Umfrage schluckt jeder dritte Deutsche Nahrungsergänzungsmittel. Der Markt ist einer Erhebung des Informationsdienstleisters IMS Health zufolge rund 900 Millionen Euro an Jahresumsatz schwer. Magnesium- und Kalziumpräparate generieren dabei am meisten Umsatz, auf Platz drei folgen Multivitamin-Präparate mit Mineralstoffen.

Die Deutschen geben also viel Geld aus für etwas, dessen Nutzen nicht nur unbestätigt ist, sondern das auch unserer Gesundheit schaden kann. Insbesondere "wenn hochdosierte Präparate über eine längere Zeit eingenommen und zusätzlich angereicherte Lebensmittel verzehrt werden", kann dies zu einem Gesundheitsrisiko werden, warnt Heseker. In Industrieländern wie Deutschland tragen auch vitaminisierte Getränke, Frühstücksflocken, Margarinen oder Bonbons zu einer zusätzlichen Vitaminzufuhr bei. Zudem werden häufig Multivitaminpräparate und mehrere unterschiedliche Produkte parallel eingenommen, zeigte eine Umfrage im Rahmen der bereits erwähnten Doktorarbeit von Bradac.

Die wichtigsten Antworten zu Nahrungsergänzungsmitteln

 

Die Gefahr einer Überdosierung besteht vor allem bei fettlöslichen Vitaminen. Im Gegensatz zu wasserlöslichen Vitaminen werden sie bei einem Überangebot nur begrenzt ausgeschieden. Überdosierungen können zahlreiche gesundheitsschädliche Wirkungen nach sich ziehen, um nur einige Beispiele zu nennen:

Die Gefahren einer Einnahme von isoliertem Betacarotin, einer Vorstufe des Vitamin A, sind seit Langem bekannt. Bei starken Rauchern und Asbestarbeitern führte es zu einem Anstieg von Lungenkrebserkrankungen und Todesfällen durch Herzkreislauf-Krankheiten. Auch das als risikoarm geltende Vitamin C kann unerwünschte Nebenwirkungen haben: So warnen etwa Goodman & Gilman's in "The pharmaceutical basis of therapeutics" vor der Gefahr von Nierensteinen durch Überdosierung von Vitamin C. Bei Eisentabletten kann es in Extremfällen zu akuten Vergiftungserscheinungen kommen, die Nieren- und Leberschäden nach sich ziehen können. Eine langfristige Überversorgung mit Eisen steht nach derzeitigem Erkenntnisstand im Verdacht, das Risiko für Herz- und Krebserkrankungen zu erhöhen.

Zudem kann es bei Nahrungsergänzungsmitteln zu unerwünschten Wechselwirkungen mit Arzneimitteln oder anderen Nahrungsergänzungsmitteln kommen, warnt das BfR. Daher sollten sie über längere Zeiträume nur in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden. Bei bestimmten Arzneimitteln könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirkung abgeschwächt oder verstärkt wird.

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