
Unternehmen dürfen sich menschliche Gene nach einem wegweisenden US-Gerichtsurteil nicht mehr patentieren lassen. Das entschied am Donnerstag der Oberste Gerichtshof in Washington mit einstimmiger Mehrheit seiner neun Richter. Das Verbot gelte aber nicht für künstlich hergestelltes genetisches Material. Das Urteil wurde von Experten daher als Kompromiss für die Biotechnik-Industrie gewertet.
Der Fall drehte sich darum, dass der US-Firma Myriad Patente für zwei isolierte Brustkrebs-Gene zugesprochen worden waren, die bei der Diagnose genetisch bedingter Brustkrebsgefahr helfen sollen. Die Firma brachte entsprechende Tests auf den Markt. Patentierbar seien solche Gen-Sequenzen für Unternehmen aber nicht, urteilte der oberste Gerichtshof nun. Ein natürlich auftretendes Teil der DNA sei ein „Produkt der Natur“ und auch dann nicht patentierbar, wenn es isoliert wurde, heißt es in dem Urteil. Die Aktienkurse von Myriad stiegen nach der Entscheidung.
Nachweisbare Genmutationen bei Brustkrebs spielen inzwischen eine große Rolle bei Diagnosen, Therapien, aber auch bei weitgreifenden persönlichen Entscheidungen. Wegen der erblichen Vorbelastung und dem hohen persönlichen Risiko hatte sich zum Beispiel US-Schauspielerin Angelina Jolie kürzlich beide Brüste amputieren und künstlich wieder aufbauen lassen.





In Deutschland ruft das Urteil Überraschung hervor. „Ich kenne das genaue Urteil noch nicht. Aber wenn menschliche Gene generell nicht mehr patentiert werden dürften, wäre das ein großer Erfolg für die Kritiker dieser Verfahren“, sagte der deutsche Gentechnik-Experte Christoph Then. In Europa und auch in Deutschland seien menschliche Gene im Moment patentierbar. „Einige Tausend Patente sind hier auch schon erteilt worden“, ergänzte der Geschäftsführer des Vereins Testbiotech, der Genpatente kritisch beleuchtet. Auch das Unternehmen Myriad habe hier Patente erfolgreich angemeldet. „Klagen von Ärzten und Patienten dagegen sind hier abgewiesen worden“, berichtete Then.
Er ist aber nicht sicher, ob das US-Urteil wirklich ein Durchbruch ist. „Wenn bestimmte Gen-Abschnitte nach wie vor patentierbar blieben, wäre es gar kein großer Unterschied zu Europa“, sagte er. Wenn der Supreme Court sein Urteil aber generell alle menschlichen Gene einbeziehe, habe das sicher auch Einfluss auf die Rechtslage in Europa. „Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist in den USA entwickelt worden und Europa hat sich bisher daran orientiert“, sagte Then. Das Europäische Patentamt war am Donnerstagabend für eine Stellungnahme nicht mehr erreichbar. Der Supreme Court lobte die Entdeckung der Krebsgene als bahnbrechend und wichtig. Aber das reiche als Grundlage für ein Patent nicht aus. Myriad äußerte sich zunächst nicht.