
Sie fahren unter gefälschter Flagge, und sie kommen in Scharen: Piraten sind zur Plage geworden in den Gewässern des indonesischen Archipels. Ihre Beute ist Fisch, illegal gefangen, den sie nach Malaysia, Vietnam oder China schmuggeln. Jährlicher Verlust für Indonesiens Fischindustrie: drei Milliarden Dollar.
Was die Seeräuber nicht wissen: Sie werden neuerdings beobachtet, aus dem Weltraum. 500 Kilometer über der Javasee ziehen Abhörspezialisten ihre Bahnen, Satelliten des schottischen Start-ups Spire. Ihre drei Antennen, jede so groß wie ein Essstäbchen, lauschen nach Funksignalen, mit denen die Piratenschiffe ihre Position melden.
11.885 Kilometer von Jakarta entfernt, in der City von Glasgow, im fünften Stock eines Bürogebäudes, verfolgt der Raumfahrtunternehmer Peter Platzer auf Dutzenden Monitoren, wie die Daten der Satelliten eingehen. „150.000 Schiffe fahren weltweit auf den Meeren“, sagt der Gründer von Spire. „Wir wissen jetzt, wo jedes davon gerade ist.“ Fährt ein illegaler Fischkutter verdächtige Schleifen oder schaltet der Kapitän den Peilsender ab, kann die Küstenwache gezielt zuschlagen.
Das internationale Weltraumrecht
Als erste und grundlegende völkerrechtliche Vereinbarung des Weltraumrechts gilt der Weltraumvertrag, der 1967 unterschrieben wurde und dem heute 102 Staaten zugestimmt haben. Darin sind Grundsätze festgelegt, die die staatlichen Weltraumaktivitäten regeln. So wird etwa das Hoheitsrecht an Teilen des Weltraums, am Mond und an anderen Himmelskörpern ausgeschlossen. Für Forschung und wirtschaftliche Nutzung ist der Weltraum weitestgehend frei. Aber es gibt Beschränkungen. So muss die Erforschung und Nutzung des Weltraums Sache der gesamten Menschheit sein. Geschlossen wurde der Vertrag 1967 insbesondere mit Blick und Furcht vor einem Wettrüsten im All vor dem Hintergrund des Kalten Krieges.
Das Weltraumrettungsübereinkommen wurde kurz nach dem grundlegenden Weltraumvertrag 1968 verabschiedet und regelt die Gewährung von Hilfe an in Not geratene Raumfahrer und zur Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Gegenständen.
Mit dem Weltraumhaftungsübereinkommen wurde 1972 die Haftung im Weltraum in Regeln festgelegt. Zur Sicherstellung angemessenen Schadensersatzes für durch Weltraumgegenstände verursachte Schäden gibt es seitdem einen handfesten Rechtssatz - allerdings bezieht dieser sich in erster Linie auf staatliche und nicht auf private Aktivitäten im Weltraum.
Nach dem allgemeinen Weltraumvertrag gilt der Mondvertrag von 1979 als die wichtigste Vereinbarung im Weltraumrecht. Darin wurden spezielle Regelungen über die Nutzung des Monds und der eventuellen Ausbeutung seiner Naturschätze festgehalten. Allerdings ist dieser Vertrag wenig bindend, denn im Vergleich zum Weltraumvertrag, dem immerhin 102 Staaten zustimmten, wurde der Mondvertrag bislang nur von 15 Staaten ratifiziert.
Piratenfischer via Weltraum jagen: Das ist nur eine von vielen verblüffenden Ideen, mit denen Start-ups wie Spire und Planet oder etablierte Anbieter wie DigitalGlobe gerade einen beispiellosen Boom im All entfachen. Aktuell kreisen 1419 aktive Satelliten um die Erde. In nur acht Jahren, bis 2025, schätzen die Marktforscher von Euroconsult, kommen 9000 hinzu, darunter viele zur Erdbeobachtung. „Die Satellitenproduktion steht vor einer massiven Industrialisierung“, sagt Pacôme Révillion, CEO von Euroconsult. Herstellern und Raketenbetreibern winken 270 Milliarden Dollar Umsatz.
Auch die Europäische Weltraumagentur Esa studiert mit ihren neuen Sentinel-Satelliten Wasser, Luft und Erde präziser denn je – und stellt Start-ups die Daten gratis für Geschäftsideen bereit. Die Vermessung der Welt erreicht so bald Dimensionen, gegen die Google Earth so fortschrittlich wirkt wie eine Floppy Disk.
Die neue Technik soll wegweisende Durchbrüche zum Wohle der Menschen bringen. Aber sie wird auch zur Herausforderung für Datenschutz und Privatsphäre, soll nicht ein entfesselter Überwachungsapparat im All entstehen. Denn Bilder von jedem Punkt auf dem Planeten gibt es bald fast in Echtzeit.





Kein Waldbrand oder Ölteppich bleibt unentdeckt – und keine sich versammelnde Menschenmenge. Software, mit künstlicher Intelligenz angereichert, zählt bald Autos aus dem Orbit, kartiert den Fortschritt auf Baustellen, verfolgt sogar, wie sich Volkswirtschaften entwickeln – und erstellt eine Inventur des Erdballs. „In zwei bis drei Jahren ist die gesamte Welt quantifiziert“, sagt Pavel Machalek, Gründer des Start-ups Spaceknow, das Satellitenbilder auswertet. Dass ein Flugzeug über dem Pazifik verschwindet, käme nie wieder vor.
Warum das Geschäft gerade jetzt abhebt, zeigt ein Besuch in der Glasgower Spire-Zentrale. Mitten im Großraumbüro, abgetrennt nur durch Glaswände, hat Unternehmer Platzer eine Satellitenfertigung aufgebaut. Acht Ingenieure in Overalls und mit Mundschutz werkeln an Arbeitstischen, auf denen elektronische Messgeräte liegen, allerlei Werkzeug – und mehrere halbfertige Satelliten, kompakt wie Schuhkartons.