WHO warnt vor verstecktem Zucker Wie wir zuckersüchtig werden

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Macht Zucker zuckerkrank?

Fehlt Insulin oder reagieren die Zellen nicht mehr darauf, kommt es zur Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), an der weltweit immer mehr Menschen leiden. Man unterscheidet dabei Typ-1- und Typ-2-Diabetes; bei beiden Formen spielen unter anderem die Gene eine Rolle. Typ-1-Diabetes, früher auch oft als Jugenddiabetes bezeichnet, ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse angegriffen und zerstört werden.

Weitaus verbreiteter ist der Typ-2-Diabetes, der vor allem ältere, übergewichtige Menschen betrifft. Etwa 90 Prozent der Diabetes-Erkrankungen zählen zu diesem Typus. Bei den Betroffenen werden durch die Überernährung im Laufe des Lebens die Insulinrezeptoren unempfindlicher, so dass der Körper immer größere Mengen des Hormons herstellen muss.

Tödliches Quartett

Dieser Diabetes tritt häufig zusammen mit Übergewicht, erhöhten Blutfettspiegeln und Bluthochdruck auf - Mediziner sprechen vom metabolischen Syndrom oder dem "tödlichen Quartett". Denn die vier Faktoren erhöhen das Risiko von unter Umständen tödlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Nach Schätzungen der International Diabetes Federation sind derzeit rund 382 Millionen weltweit und 56 Millionen Europäer an Diabetes erkrankt. In Deutschland sind etwa 7,5 Millionen Menschen betroffen; damit gehört es zu den Ländern mit der höchsten Anzahl an Erkrankten. Die genauen Ursachen für diese Häufung hierzulande sind unklar.

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Experten gehen davon aus, dass zum einen der hohe Anteil älterer Menschen in Deutschland eine Rolle spielt, zum anderen der hohe Anteil stark übergewichtiger Menschen sowie dem Sport- und Ernährungsverhalten der Deutschen, das zu wünschen übrig lässt.

Ob der übermäßige Genuss von Zucker zuckerkrank macht, ist unter Wissenschaftlern umstritten und wird stetig weiter erforscht. Derzeit gehen Mediziner davon aus, dass vor allem gesüßte Getränke das Diabetes-Risiko erhöhen - allerdings indirekt durch die erhöhte Gefahr einer Adipositas. Das liegt einerseits an der hohen Zufuhr von Kalorien durch Softdrinks, die aufgrund der hohen Süßkraft meist sehr viel Fruktose enthalten.

Fett an ungünstigen Stellen

Die überschüssige Energie, die durch den Strohhalm in unseren Körper rauscht, wird in Form von Fett abgelagert. "Dies geschieht besonders an ungünstigen Stellen, nämlich im Bauchbereich und in der Leber. Wir wissen heute, dass die Insulinwirkung im Körper dadurch abgeschwächt wird - man spricht von einer Insulinresistenz. Das ist ein ganz wichtiger Mechanismus, wie der Typ-2-Diabetes entsteht", erklärt Müssig.

Mittlerweile gibt es Studien, die darauf hinweisen, dass die Fruktose auch direkt zu einer Insulinresistenz führen kann. "In experimentellen Ansätzen zeigte sich, dass eine kurzfristig hohe Fruktose-Belastung zu einer verminderten Wirkung des Insulins im menschlichen Körper führt", erläutert Müssig. Das grundlegende Problem bleibt aber trotzdem, dass wir uns einfach zu kalorienhaltig ernähren - sei es nun zu viel Zucker oder zu viel Fett.

Um versteckten Zucker zu vermeiden, heißt es also: Finger weg von Softdrinks und Convenience Food. Je fertiger eine Mahlzeit daher kommt, umso mehr Zucker kann man darin vermuten. Denn er ist ein Konservierungs- und Geschmacksmittel. Wer stattdessen naturbelassene Lebensmitteln wie frisches Gemüse und Obst bevorzugt, steht auf der sicheren Seite. Dosenfrüchte und auch Sauerkonserven hingegen enthalten oft Zuckerzusätze zur Konservierung.

Wer anstelle von Knusper-Müslis und Frühstücksflocken zu Haferflocken und selbst gemischtem Müsli greift, kann den Zusatz von süßenden Komponenten wie Rosinen, Cranberries oder Schokostückchen bewusst selbst dosieren. Auch Saucen, Fix-Produkte oder Ketchup sollte man stehen lassen oder nur gelegentlich in Maßen genießen.

Kennzeichnung ab 2016

Wer zu industriell gefertigten Produkten greift, sollte die Zutatenliste gewissenhaft lesen und auf versteckte Zucker achten. Das ist zwar lästig. Aber bis die Nährstoffkennzeichnungen verbessert werden, dauert es noch.

Erst ab Mitte Dezember 2016 sieht die Lebensmittelinformationsverordnung vor, dass auf den meisten verpackten Lebensmitteln eine gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung von Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz aufgedruckt wird.

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