Wie für Astronauten gekocht wird Schlemmen im Weltall - Hauptsache scharf

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Frisches Obst als Highlight im Speiseplan

Frisch gedruckt statt frisch gekocht
Auf der weltgrößten Backmesse iba können sich die Besucher davon überzeugen, dass die gedruckten Lebensmittel keine Zukunftsvision mehr sind: Das Startup-Unternehmen Print2Taste aus Freising bei München stellt seine Lebensmitteldrucker der Öffentlichkeit vor und will sie 2016 auf den Markt bringen. „Die Drucker funktionieren ähnlich wie der Spritzbeutel eines Konditors - nur viel feiner“, erklärt Melanie Senger das Prinzip. Die 31-jährige Ernährungswissenschaftlerin gehört zum zehnköpfigen Team des jungen Unternehmens Print2Taste. Ernährungsforscher gehen davon aus, dass „gedrucktes Essen“ bereits in wenigen Jahren zur Normalität gehören wird. Die Funktionsweise ist einfach: Der Teig oder Brei wird in einer Patrone in den Drucker gegeben und dann aus einer Spritzdüse langsam dosiert und geschichtet - so entstehen im Gegensatz zum flach ausgerollten Teig zum Beispiel auch Kekse in Form einer Schildkröte mit einem gewölbten Panzer. Der Teig muss dann nur noch gebacken werden. Quelle: dpa
Im August 2015 hat Katjes den ersten lebensmittelzertifizierte 3D-Drucker für Fruchtgummis vorgestellt. In einem Berliner Café druckt das Unternehmen seit dem in der „Magic Candy Factory“ Gummi-Naschereien nach Kundenwusch. Ein solcher zehn Gramm schwerer Oktopus wird übrigens in höchstens fünf Minuten gedruckt. Quelle: PR
Bereits 2014 hatte es die Raumfahrtbehörde NASA geschafft, die erste Pizza im 3D-Drucker herzustellen. Ob die genauso schmeckt, wie die im Bild gezeigte "normale" Pizza ist allerdings unklar. Das texanische Unternehmen Systems & Materials Research Corporation tüftelte schon seit Mai 2013 an gedruckten Lebensmitteln. Vorerst sollen sich Astronauten mit 3D-Essen versorgen, später soll die Erfindung den Hunger auf der Erde bekämpfen. Quelle: REUTERS
Der italienische Lebensmittelkonzern Barilla entwickelt gemeinsam mit einem niederländischen Institut 3D-Drucker für Pasta. Die Geräte sollen an Restaurants verkauft werden und auf Knopfdruck verschiedene Nudelsorten produzieren, wie italienische Medien berichteten. Das Forschungsinstitut TNO aus Eindhoven bestätigte der Nachrichtenagentur dpa das Projekt, Barilla war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die „Bild“-Zeitung hatte über das Vorhaben berichtet. Projektleiter Kjeld van Bommel hatte der niederländischen Zeitung „Trouw“ vor einigen Tagen gesagt, Ziel der schon zwei Jahre dauernden Zusammenarbeit sei es, Teigpatronen an Restaurants zu liefern, mit denen diese individuelle Pasta für ihre Gäste produzieren könnten. „Zum Beispiel: Wenn jemand Silberne Hochzeit hat und mit seiner Frau essen geht und sie dann mit Pasta in Form eine Rose überrascht.“ Kunden könnten auch ihren eigenen Entwurf auf einem USB-Stick mitbringen. „Im Prinzip ist jede Form möglich.“ Nun müsse noch an der Geschwindigkeit gearbeitet werden, sagte van Bommel. Barilla wolle 15 bis 20 Nudeln innerhalb von 20 Minuten drucken. „Das werden wir schaffen“, sagte er. „Wir können jetzt schon zehnmal so schnell drucken wie zu Beginn unserer Experimente Quelle: Fotolia
Nicht nur die NASA, auch eine spanische Firma hat das 3D drucken für sich entdeckt. Unter dem Namen "Foodini" produziert ihr 3D-Drucker jetzt Pizzen, druckfrisch und lecker. Die Graphik zeigt die Produktion einer solchen 3D-Pizza in mehreren Schritten. Um einzelne Nahrungsmittel-Bestandteile zusammenzusetzen, füllt der Nutzer lediglich die vorhandenen Kartuschen mit den entsprechenden Zutaten - das "Kochen" übernimmt im Anschluss der Drucker.  Quelle: Screenshot
Ein amerikanisches Designer-Ehepaar druckt geometrische Gebilde aus Zucker für Konditoreien und Hochzeitsplaner. Eine gedruckte Hochzeitstorte sei in Planung. Die Kreationen von "The Sugar Lab" kosten derzeit noch bis zu tausend Dollar. Quelle: Screenshot
Mit der Hand verzieren, das war einmal. Jetzt könnte der 3D Drucker der Firma Hershey's diese schokoladige Aufgabe übernehmen. Auch Pizza und Ravioli kann der Drucker von Hershey's herstellen. Quelle: Screenshot

Alle Gerichte werden in Plastikbeuteln gefriergetrocknet und vor Ort wieder mit Wasser angereichert oder in Dosen verpackt. Ergänzt wird dieses Menü durch frisches Obst oder Gemüse, das etwa einmal im Monat zusammen mit den Versorgungsmissionen zur Station gebracht wird. Manchmal machen es die Astronauten auch wie früher auf dem Schulhof: Statt Broten werden ab und an mal komplette Gerichte untereinander ausgetauscht.
Bei der Zusammenstellung der täglichen Gerichte muss auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Inhaltsstoffe Acht gegeben werden. Oft werden den Speisen Calcium und Vitamin D zugesetzt, um den Abbau der Knochen in der Schwerelosigkeit einzudämmen. Zwiebelgewächse, Kohl und Hülsenfrüchte sind beispielsweise verpönt, da sie Blähungen hervorrufen können. Im Unterschied zur irdischen Küche wird alles stärker gewürzt, da der Geschmackssinn im Orbit deutlich schlechter funktioniert. Deshalb setzen die Entwickler der Astronautennahrung auf intensive Kräuter und scharfe Zusätze, um die Gerichte zu verfeinern und das Geschmackserlebnis zu optimieren. Salz hingegen wird nur sparsam eingesetzt, da dies im Verdacht steht, den ohnehin schon unvermeidlichen Knochenabbau weiter zu beschleunigen. Außerdem nicht erlaubt: Stark krümelnde Snacks. Die Überreste können Filter verstopfen oder von den Astronauten versehentlich eingeatmet werden.

Haute Cusine für Astronauten

Anfang 2010 ging die ESA einen ganz neuen Schritt: Auf Basis einer Idee des deutschen Astronauten Ernst Messerschmidt entwickelte der deutsche Sternekoch Harald Wohlfahrt ein Menü für die ISS, das unter anderem Kalbsbäckchen und Kartoffelsuppe beinhaltete. Die Entwicklung dauerte rund 1 ½ Jahre, von der passenden Würzung über Ausfuhrgenehmigungen bis hin zu einer adäquaten Verpackung. Der Preis ist allerdings nicht mit einem 3-Sterne-Restaurant zu vergleichen: Derzeit kostet der Transport von einem Kilo Proviant zur ISS etwa 21.000 Dollar.

Gewächshäuser im Weltall in Arbeit

Und wie sieht die Zukunft aus? Ein Ziel ist langfristig die Produktion von Nahrungsmitteln im All, entsprechende Versuche werden in kleinem Maßstab bereits durchgeführt. Wichtig sind die auch für die weitere Erkundung des Weltraums: Für eine mögliche Marsmission werden regenerierbare Ressourcen unerlässlich sein. Dr. Jens Hauslage, Gravitationsbiologe beim Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln, arbeitet derzeit in kleinem Maßstab an einer Anlage namens C.R.O.P., die aus vermeintlichen Abfällen wie Pflanzen und Urin wieder Nährstoffe für Pflanzen herstellt. „Für zukünftige Langstreckenflüge sind erneuerbare Ressourcen unerlässlich, da es nahezu unmöglich ist, die benötigte Nahrung komplett mitzunehmen. Pflanzen sind in der Lage, essentielle Nährstoffe zu für den Menschen liefern.“ Ein Problem stellt die Schwerelosigkeit dar: „Ohne Schwerkraft wissen die Pflanzen nicht, wo sie hinwachsen sollen. Deshalb muss man ihnen z.B. mit Licht eine gewisse Grundrichtung geben.“ Mittelfristig könnte die Anlage auch auf der Erde bei Großgärtnereien Anwendung finden, erste Versuchseinrichtungen gibt es bereits.

Des Weiteren arbeitet die NASA derzeit an der Entwicklung eines 3D-Druckers, der in der Lage sein soll, Nahrungsmittel zu drucken. Na dann: Guten Appetit.

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