Wirkungslose Antibiotika Gefährlicher Kampf gegen Killerkeime

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Roche und Nabriva liegen gleichauf

Dagegen wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis auch der ehemalige Mutterkonzern Roche – 14 Jahre nach der Abtrennung der Basilea – mit einem eigenen Produkt nachziehen kann. Roche verkündete Ende 2013, wieder aktiv in die Antibiotikaforschung einzusteigen, und lizenzierte einen völlig neuen Wirkstoff namens POL7080 vom Schweizer Unternehmen Polyphor. Es hat mit Forschern der Universität Zürich spezielle Peptide entwickelt, die Bakterien dabei stören, Schutzhüllen aufzubauen. Diese Eiweißbruchstücke greifen dabei in ganz andere Mechanismen ein als bisher bekannte Antibiotikaklassen. Die neuartigen Medikamente sollen schwere bakterielle Infektionen heilen, die der ebenfalls mit Resistenzen gespickte Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa verursacht. Er gehört zusammen mit dem MRSA-Erreger zu den sechs weltweit gefährlichsten resistenten Mikroben.

Der Wirkstoff ist in der zweiten Phase der Arzneimittelzulassung. Damit liegt Roche fast gleichauf mit der Novartis-Ausgründung Nabriva: Deren neue Stoffklasse der Pleuromutiline war in Phase-II-Studien bei multiresistenten Erregern von Haut- und Weichteilinfektionen hochwirksam.

Ganz im Verborgenen hat die in Liechtenstein und Regensburg angesiedelte Biotechfirma Lysando derweil einen ganz anderen Ansatz im Kampf gegen Keime entwickelt, der bei Patienten mit wund gelegenen Stellen am Körper, dem Dekubitus, schon gut anschlug.

Das Unternehmen arbeitet wie Roche mit Peptiden. Doch die Eiweißschnipsel, die belgische Forscher erfunden haben, greifen nicht wie klassische Antibiotika in der Wachstumsphase biochemisch in den Bakterienstoffwechsel ein. Stattdessen zerstörten sie diese auch in der Ruhephase, indem sie die Keime richtiggehend physikalisch durchlöchern. „Wir vergiften die Bakterien nicht, wir erschießen sie“, sagt Firmengründer Markus Matuschka von Greiffenclau. Das Gute daran: Gegen Erschießen können nicht mal Keime Resistenzen entwickeln.

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