Zukunft im Blick Die Nominierten für den Deutschen Innovationspreis

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Dürr: Düsen statt Nebel

Frank Herre ist es gewohnt, vor allem für Probleme verantwortlich zu sein. „Mit einem Anteil von rund 40 Prozent sind sie die Hauptenergieverbraucher im Automobilwerk“, sagt Herre, Entwicklungsleiter Applikationstechnik bei Dürr. Und damit nicht genug, auch der hohe Wasserverbrauch solcher Fabriken, wie er zuletzt beim Neubau der Tesla-Fabrik nahe Berlin zum Thema würde, geht in erster Linie auf das Konto der Lackieranlagen, die in den allermeisten Fällen von Dürr stammen. Umso ambitionierter klingt das Projekt, das Herre sich zuletzt vorgenommen hat: Das Lackieren soll umweltfreundlicher werden. 

Den Hauptfeind auf diesem Weg hatten die Dürr-Techniker dabei schnell ausgemacht: das sogenannte Overspray, also den Sprühnebel aus fein zerstäubtem Lack, der nie die Karosserie erreicht sondern in der Umgebungsluft verbleibt. Lange Zeit musste er mühsam aus der Luft gewaschen werden. „Heute gibt es zwar dafür auch trockene Verfahren, etwa mit Kalk, aber der Energie- und Ressourcenverbrauch einer Lackiererei ist immer noch hoch“, sagt Herre.

Erst ein radikaler Schnitt brachte die Lösung

Nach Jahren der Entwicklung haben er und seine Mitarbeiter sich schließlich für einen radikalen Schritt entschieden: Sie verzichten ganz auf den Nebel. Ecopaint Jet heißt das System und statt durch möglichst feines Zerstäuben trägt es den Lack in feinen, zusammenhängenden Strahlen auf, vergleichbar mit einer Regendusche. Ein lasergeführtes Messgerät tastet zunächst das Auto ab; ein Lackierroboter mit 50 Düsen, die eine Software alle einzeln steuern kann, trägt dann den Lack in dünnen Bahnen genau dort auf, wo man ihn haben will. Mit dem neuen Verfahren erreicht Dürr „einen Auftragswirkungsgrad von 100 Prozent“, erklärt der Projektleiter Hans-Georg Fritz. Mit anderen Worten: Die gesamte Lackmenge landet auf dem Auto.

„Eine der größten Herausforderungen war, zusammen mit unseren Zulieferern einen geeigneten Lack zu finden; auch die Robotik war nicht einfach zu beherrschen“, sagt Fritz, „es dauerte ziemlich lange, bis die Lack-Bahnen gleichmäßig, parallel und randscharf waren.“ Inzwischen ist die Technik erprobt, marktreif und im Einsatz, etwa bei BMW in Dingolfing, bei Audi in Ingolstadt oder bei VW. Die Vorteile für die Autobauer liegen auf der Hand: Das neue Verfahren ist schneller und effizienter, weil es neben dem Lack selbst viel Strom spart und jede Menge Abklebematerial wie Kunststoff-Folien.

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