1400-Euro Blackberry Einmal Aufmerksamkeit, bitte

Tagelange Ausfälle verärgerten zuletzt Millionen Blackberry-Nutzer, Hersteller RIM versuchte seine Kunden mit Gratis-Apps zu trösten. Genutzt hat es wenig: Erste Sammelklagen werden erarbeitet und die Aktie ist am Mittwoch auf ein 7-Jahres-Tief gefallen. Ein neues Edel-Modell soll ein wenig Glanz in die Hände seines Besitzers bringen. Thorsten Firlus hat das neue Blackberry P9981 in einer Hülle von Porsche Design getestet.

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Das Blackberry P9981 besticht mit stabilem Design. Aber ob es sich durchsetzen wird ist noch unklar.

Den Wert der eigenen Persönlichkeit zu heben, das ist für manchen Menschen mit ein Grund, ein luxuriöses Produkt zu kaufen. In den 90ern reichte noch ein kleines Mobiltelefon, um der Umwelt zu signalisieren, dass man ganz früh dabei ist bei technischen Entwicklungen. Der Spott über die allzeit telefonierenden Angeber war nichts anderes als getarnter Neid und heute ist das Mobiltelefon nichts, womit man sich noch abheben könnte.

Das waren mal die Smartphones von Blackberry, die Emailmaschinen, die den scheinbar wichtigen dieser Welt zu jeder Zeit die unaufschiebbaren Fragen zum weiteren Schicksal des Unternehmens in die Handfläche spielten.

Und es gab das iPhone, das von der digitalen Elite als einzig statthafter Weg galt, (und in weiß Modell 4S auch heute noch gilt) der Anerkennung in den WICHTIGEN Zirkeln gewiss zu sein. Was auch immer diese Zirkel zu wichtigen machte.

Smartphones sind nichts besonderes mehr

Und was ist die Wahrheit? Jeder Dödel hat eines. Das iPhone – die nivellierende Klammer zwischen Blogger-Pionier und Baseballkappen-Hänger.

Und das Blackberry? Die Maschine arbeitet. Wie eine Dampflokomotive arbeitet sie sich unablässig durch Myriaden von Buchstaben in den Händen von Vertriebsleitern, koreanischen Studenten oder einfach irgendeinem Deppen in der Bahn neben ihn. Distinktionsmerkmal? Zeichen einer höheren Weihe? Gar der Zugehörigkeit zu einer Gruppe von WIRKLICH Wichtigen? Alles passé. 

Die besten Smartphones im Überblick
Nokia Lumia 800/900 Quelle: REUTERS
A model displays HTC One X during a press conference in Taipei, Quelle: dapd
A worker moves an advertisement for the Samsung Galaxy SIII smartphone Quelle: REUTERS
Samsung Galaxy S2: Der Blick-FängerDer Vorgänger, das Samsung Galaxy S2, ging bereits weg wie warme Semmeln. Die Zehn-Millionen-Marke beim Verkauf hatte Samsung für Ende 2011 angepeilt, aber schon im September geschafft. Im April 2012 waren es bereits 20 Millionen verkaufte Geräte. Trotz des Riesendisplays ermöglicht das Top-Gerät knapp sechs Stunden Dauertelefonieren. Wegen seines Plastikgehäuses wirkt das extrem schlanke Handy allerdings nicht sehr wertig und fast schon zerbrechlich. Technik, Preis:Google Android 2.3 Elf-Zentimeter-Display 800 x 480 Bildpunkte neun Millimeter dick Acht-Megapixel-Kamera FullHD-Video Preis (online, ohne Vertrag): ab 440 Euro Quelle: Pressefoto
Huawei Ascend P1s Quelle: Pressebild
Apple iPhone 4 S - Das DesignerstückDas Gerät, an dem sich alle anderen messen lassen müssen, ist dagegen schon seit Oktober 2011 in Deutschland in den Läden. Obwohl das Smartphone "nur" die überarbeitete Version des iPhone 4 ist, rissen die Kunden es den Händlern nur so aus den Händen - sowohl in den USA als auch im Rest der Welt. In den ersten 24 Stunden gingen bei Apple mehr als eine Million Vorbestellungen für das 4S ein, die Deutsche Telekom warnte die Kunden schon vor Verzögerungen. Äußerlich ist das 4S nicht vom Modell 4 zu unterscheiden. Die Neuerungen stecken im Inneren. Wichtigste funktionale Verbesserung ist die Funktion Siri - ein persönlicher digitaler Assistent, der mit Stimmbefehlen gesteuert wird. Der neue A5-Doppel-Kern-Prozessor macht das Handy gegenüber den Vorgängern deutlich schneller. Allerdings sinkt die maximale Standby-Zeit des Gerätes um ein Drittel von 300 auf 200 Stunden. Die Kamera wurde deutlich verbessert und soll Videos in HD-Qualität aufnehmen können. Die Antenne ist nun ebenfalls deutlich leistungsfähiger. Technik, Preis:Apple iOS 5 Zehn-Zentimeter-Display 960 x 640 Bildpunkte Acht-Megapixel-Kamera mehr als 425.000 Apps Preis: 629 - 849 Euro (ohne Vertrag) Quelle: Pressefoto
Sony Xperia S Quelle: dapd

Nicht einmal der Erwerb des neuesten Geräte aus dem Hause RIM hilft da. Hat bald jeder und in der U-Bahn von Paris hängen dafür schon meterhohe Plakate. Die Nachricht: Du bist nur einer von vielen.

RIM, der Hersteller, er kämpft. Die Verkaufszahlen sind schlecht, daran ändert weder der unternehmenseigene Email-Server noch die physische Tastatur etwas.

Auftritt Porsche Design.  Die Tochter des Porschekonzerns ist weit mehr als der gestaltende Wurmfortsatz des Sportwagenherstellers. Ein Design-Instanz, die Dingen nicht nur Form, sondern Gegenständen auch Funktionen gibt – faltbare Sonnenbrillen, Stifte, die per Schütteln ihre Mine freigeben. Spielereien wie Wasserpfeifen gehören auch ins Programm.

Selbstbewusstes Modell

Nun also das Blackberry, das zumindest den Effekt hat, den die Eigner der jüngsten Spitzenmodelle wohl einige Zeit vermisst haben dürften, wenn sie es im Bekanntenkreis aus der Tasche nahmen: „Zeig mal her.“

Breit, fast eckig und dominant erscheint das Modell P9981, selbstbewusst an den Punkten, an denen die RIM-Modelle mit seichten Kurven Eleganz vorgaukeln möchten.

Instinktiv gehen die Daumen, denen langjährige Nutzer erstaunliche Virtuosität antrainiert haben, in Tippstellung und wollen loslegen auf der Tastatur mit erkennbar soliden Tasten aus Metall. Scharfe, geformte Kanten auf jeder Taste sollen dem Finger eine haptische Orientierung bieten.

Der Sinn und Zweck ist rasch erfüllt: Die Fehlerquote sinkt im Vergleich zu der Tastatur eines Torchs, die leicht versenkt und eben die eine Spur kleiner ist, die aus Tippen eine Lotterie macht.

Damit ist alles wichtige eigentlich gesagt: Das Gerät hebt sich silbern aus der Masse heraus, fühlt sich an als sei es für eine Dekade statt für zwei Jahre zusammengebaut und liegt so schwer und mit seiner Lederrückseite wertig in der Hand, dass es Spaß bereitet.

Polierte Flächen, die man in ruhigen Minuten mit dem Hemdsärmel glänzend wienern möchte, nur minimal herausragende Tasten an der Seite, die dem Daumen beruhigende Signale vermitteln, dass der Befehl angekommen sei.

Die wichtigsten iPhone-Rivalen
HTC 7 Mozart
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LG Optimus Chic
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Samsung S8500 Wave
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Blackberry Torch 9800

Es geht nicht um Technik, sondern Design

Diese zentralen Vorteile vermittelt schon der Prototyp. Umgewöhnen muss sich keiner, der bereits ein Blackberry nutzt. Das Betriebssystem ist das neueste, die Funktionen liegen dort, wo sie immer sind, das Display reagiert gut auf die Berührung. 

Aber allzu viel möchte sich der Käufer vermutlich eh nicht in die technischen Dinge reinfuchsen, wenn er zu denen gehört, die bereit  sind, etwa 1400 Euro auszugeben für  ein Gerät, das kaum etwas technisch besser kann als seine Pendants aus dem Angebot von RIM. 

Der Prototyp des Kunden für das P9981 gehört vermutlich zu der Gruppe Menschen, die es schätzt, wenn etwas handwerklich solide verarbeitet ist, Haltbarkeit und Robustheit ausstrahlt und in der Hand spürbar macht.

Ein Telefon, das keiner braucht, jeder haben will und am Ende doch nur wenige kaufen werden. Eines, um sich abzuheben. 

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