




Wer genügend Zeit mitbringt, kann sich im Café DimensionAlley, gelegen im Berliner Trendviertel Prenzlauer Berg, einen besonderen Spaß erlauben: Bevor genussvoll der Espresso geschlürft wird, können sich die Kunden von Café-Besitzerin Norma Barr ihre persönliche Tasse entwerfen. Lange warten auf ihren Kaffee müssen sie aber nicht. In dem Laden steht ein 3D-Drucker, der auf Knopfdruck die individuelle Tasse Schicht für Schicht aufbaut.
Nicht nur am Prenzlauer Berg, überall auf der Welt wächst das Interesse daran, Alltagsgegenstände selbst zu gestalten und herzustellen, statt sie bloß zu kaufen. Immer raffiniertere 3-D-Drucker bieten die Möglichkeit dazu. Sie verarbeiten inzwischen eine Vielfalt an Materialien – von Kunststoffen über Metalle bis zu Holz –, können auch größere Dinge anfertigen und werden zugleich schneller und billiger. Brauchbare Einstiegsmodelle kosten nicht mehr als rund 500 Euro.
Auswahl von 3D-Druck-Verfahren
Ähnlich der "Heißklebepistole" wird Material aufgetragen, das anschließend aushärtet.
Ähnlich wie beim Tintendrucker wird Material tröpfchenweise aufgebracht und ausgehärtet - zum Beispiel wird Kunststoff durch UV-Strahlung polymerisiert.
Ein Bindematerial wird auf eine Materialschicht (zum Beispiel Sand) aufgebracht - später wird das ungebundene Material abgenommen und die gewünschte Kontur bleibt stehen.
Eine Pulverschicht wird durch Wärme (Laser) verschweißt. Nach dem schichtweisen Aufbau kann das lose Material abgenommen werden und es bleibt die gewünschte Kontur stehen.
Direktes Materialschmelzen - ähnlich dem Pulverbett-Schmelzen, allerdings wird das Material bereits gezielt am gewünschten Ort aufgetragen und verschmolzen.
So wird von Berlin über Tokio bis New York gedruckt, was die Kisten hergeben: Brillengestelle, Schmuck, Spielfiguren, Lampen, Stühle oder Teegeschirr, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Selbst einen gestandenen Handarbeiter wie Deutschlands berühmtesten Modedesigner Karl Lagerfeld hat die Faszination der neuen Technologie gepackt: Auf der Modewoche Anfang Juli in Paris stellte er einen Anzug vor, der weitgehend aus dem Drucker stammen soll. Weltpremiere! Ein stolzer Lagerfeld verriet der französischen Nachrichtenagentur AFP: „Die Weste ist aus einem Stück gegossen, da ist kein Stück genäht.“
Deutsche würden 3D-Printer kaufen
Was in der Welt der Haute Couture Gesprächsstoff liefert, gefährdet womöglich schon bald die Existenz Zehntausender Näherinnen in Bangladesch. Nämlich dann, wenn sich eine Erfindung aus San Francisco durchsetzt. Dort haben die Gründer von Electroloom den mechanischen Webstuhl revolutioniert: Sie spritzen Baumwoll- und Polyesterfasern auf eine T-Shirt-Form aus Aluminium. Ein elektrisches Feld zieht die Fasern an. Unter Wärmezufuhr verkleben sie zum nahtlosen Hemd: abziehen, anziehen, fertig.
Was aber wird aus Millionen Arbeitsplätzen in den Fabriken, wenn Konsumenten sich ihre Produkte lokal ausdrucken können? Dreht es die Globalisierung zurück, wie Richard D’Aveni, renommierter Wirtschaftsprofessor an der Business School des Dartmouth College in den USA, glaubt. Seine Voraussage: „Viele Produktionen wandern dann zurück vor Ort, egal ob Schuhe, Spielzeug oder Elektronik.“
Auch für die Koryphäen großer Beratungsunternehmen wie Gartner, McKinsey und PwC hat die Technologie das Potenzial, die Welt umzukrempeln. Und sie sehen sie auf dem Weg in den Massenmarkt. Laut der Marktforscher von Wohlers Associates haben sich die Umsätze mit der revolutionären Drucktechnik seit 2009 auf mehr als vier Milliarden Dollar gut vervierfacht; ihre Kollegen von Canalys sagen bis 2018 Wachstumsraten von fast 46 Prozent voraus – jährlich.





Da wollen auch die Deutschen nicht zurückstehen und kurbeln die Nachfrage an. Zwei von drei Bundesbürger liebäugeln einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid zufolge jedenfalls mit dem Kauf eines 3D-Druckers, zehn Prozent sind schon fest entschlossen. Jeweils rund ein Viertel der Befragten kann sich sogar vorstellen, dass die Geräte in Zukunft auch Lebensmittel und Mahlzeiten zubereiten.
Nichts scheint mehr unmöglich zu sein – und täglich neue Meldungen von unglaublichen Entwicklungen bestätigen diesen Eindruck.
Bald wird der US-Badausrüster American Standard besondere Waschtisch-Armaturen und Mischbatterien anbieten, die aus dem Drucker stammen – in extravaganten Designs, die mit herkömmlichen Gießformen nicht zu realisieren sind. Dubai investiert in das erste Büro aus dem Zauberkasten, China präsentierte einen gedruckten Roboter, der älteren Menschen zur Hand gehen soll. Flugzeugbauer wiederum planen komplette Rümpfe zu drucken, Architekten aus den Niederlanden schicke Brücken, die die Kanäle des Landes überspannen sollen.
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