4 Autoren im Interview Was Schriftsteller von E-Books halten

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Der Thriller-Autor sagt: "Buchhändler müssen Perlentaucher sein"

Der Schriftsteller Jenk Saborowski gehört zur Garde der jungen Schriftsteller, die auch jenseits des Feuilletons erfolgreiche Bücher schreiben. Seine Thriller aus der

WirtschaftsWoche: Hat das klassische Buch auf Dauer noch eine Existenzberechtigung?
Jenk Saborowski: Ich glaube, dass es das gedruckte Buch noch sehr lange geben wird, und zwar einfach, weil es Menschen gibt, die dem elektronisch dominierten Alltag auch einmal entfliehen wollen, die etwas einmal nicht auf dem Bildschirm lesen wollen. Ich werte das nicht, ich bin als 77er mit den neuen Technologien aufgewachsen, aber ich lese tatsächlich zur Entspannung auf Papier - meine Wochenzeitung wie Romane.

Wie wichtig sind für Sie die Einnahmen durch E-Books verglichen mit den Einnahmen durch konventionelle Bücher?
Mein Debüt war ein Überraschungsbestseller und im Kindle-Store wochenlang auf Platz 1. Mittlerweile hat sich das aber auch bei mir weitestgehend "normalisiert" und die E-Book-Verkaufszahlen bewegen sich in dem branchenüblichen Prozentbereich, der wichtig ist und immer wichtiger wird - seine Familie ernähren könnte man ohne die gedruckten Bücher aber noch nicht.

Wenn es nur ein Medium gäbe, für welches würden Sie sich entscheiden, E-Book oder Buch?
Eine fiese Fangfrage. Genauso könnten Sie fragen, ob ich lieber auf die Audiobücher verzichten würde, die es von allen meinen Büchern ebenso gibt wie Print und E-Book oder auf das begleitende Computerspiel (free-to-play: operationxgame.com). Ich schreibe Geschichten, keine Bücher oder E-Books. Die Geschichten könnte ich Ihnen auch xeroxen, wenn`s noch sein müsste.

Ist es schwierig, ein E-Book selbst zu produzieren?
Technisch ganz und gar nicht und wenn Sie an Ihre Grenzen stoßen, gibt es eine ganze Reihe kompetenter Dienstleister. Wenn Sie allerdings darüber reden, eine gute Geschichte zu produzieren und dann zu vermarkten, als E-Book oder sonst wie, dann ist das sehr viel Arbeit, die in guter Tradition zwischen Autor und einem Verlag geteilt wird.

Jeder kann heute ein Buch veröffentlichen. Führt das nicht zu einer Abwertung des Mediums Buch?
Sie nennen es selbst: verbreiten kann. Was war der letzte Film, den Sie gekauft haben und der Sie gut unterhalten hat? Wirklich der Kätzchenschnipsel auf Facebook? Oder haben Sie doch bei "Game of Thrones" oder "Breaking Bad" zugeschlagen? Es geht doch nicht um die technische Realisierbarkeit sondern um - entschuldigen Sie die Gebetsmühle - die Geschichten, die wir erzählen. Zu einer Abwertung guter Geschichten wird weder die Digitalkamera noch das E-Book führen. Und wenn es Kollegen gibt, die ihre tollen Geschichten selbst erzählen und verbreiten? Um so besser für uns alle!

Verlage und Buchhändler fürchten, dass Amazon mit seinem Kindle zu viel Macht über den Buchmarkt bekommt.
Natürlich wird die Marktdominanz von Amazon kritisch beäugt, das ist auch an uns Autoren nicht vorbeigegangen. Die cleveren Algorithmen von Amazon führen dazu, dass vielversprechende Neuerscheinungen zuverlässiger entdeckt werden als im stationären Handel, dazu kommt eine allumfassende Backlist. Während hier über Big Data geredet wird, nutzt Amazon längst gigantische, fein ziselierte Datensätze. Aber natürlich verbietet sich ein Vergleich zwischen den IT-Budgets eines börsennotierten, weltweit agierenden Handelsunternehmens und dem deutschen Buchhandel von selbst. Sie können Amazon weder im Long-Tail (Sortimentsbreite) noch bei den Kosten schlagen. Glücklicherweise haben wir die Buchpreisbindung, die es verhindert, Marktanteile per Rabattschlacht zu kaufen. Buchhändler müssen wieder Perlentaucher sein und ihre Vorteile cleverer ausspielen. Ich persönlich kaufe alle meine Bücher bei einer kleinen Buchhandlung in meinem Stadtviertel. Sie macht das - ganz ohne IT - einfach schon sehr lange sehr, sehr gut.

Verändern E-Books das Leseverhalten?
Das weiß ich nicht, obwohl sich - empirisch natürlich überhaupt nicht valide - die Leserschaft leicht zu unterscheiden scheint. Ich denke, wir Autoren werden uns noch stärker um die Aufmerksamkeit unserer E-Book-Leser bemühen müssen, es gibt ja kein nicht-ausgelesenes Buch, das mahnt auf dem Badewannenrand. Es mag auch sein, dass wir in Zukunft eine Renaissance von Texten erleben werden, die länger sind als eine Kurzgeschichte, aber deutlich kürzer als ein Roman, einfach, weil sie sich perfekt für das Medium eignen.

Die "Haptik" von Büchern wird oft als Argument gegen E-Books angeführt.
Ähnlich wie die Schallplatte wird es eine Gruppe Fans geben, die sich vom Geruch, dem schönen Papier angezogen fühlen. Aber die Zeiten ändern sich, natürlich werden Romane, deren primäres Ziel Unterhaltung ist, vermehrt elektronisch gelesen werden. Die Haptik steht für mich aber eher an dritter Stelle nach dem Wunsch, einmal kein elektronisches Gerät in der Hand zu halten und dem Platz im Regal, den ich Geschichten, die mich beeinflusst haben, gerne einräumen möchte, um mich an sie zu erinnern oder darin zu blättern.


Mehr Infos zu Saborowski gibt es auf seiner Website.

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